Veyron Swift und das Juwel des Feuers. Tobias Fischer

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Veyron Swift und das Juwel des Feuers - Tobias Fischer Veyron Swift

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der First Class entspannte sich Jessica Reed im riesigen Schalensessel. Es war kein Fehler gewesen, nicht mit dem Privatjet zu fliegen, das musste sie jetzt zugeben. Innerlich lobte sie Harry Wittersdraught für diese Entscheidung. Diese Sessel, die sich zudem elektrisch in eine Art Schalenpanzer zurückziehen konnten, waren weitaus bequemer als jene ihres eigenen Flugzeugs. Sie musste wohl ein paar Neuinvestitionen tätigen, wenn sie zurückkehrte. Zudem war es schon sehr beeindruckend, wenn sie auf dem kleinen LED-Bildschirm an der Rückenlehne des Vorsitzes MACH 1,8 lesen konnte. Sie liebte hohe Geschwindigkeiten. Derzeit gab es nichts Schnelleres am Himmel als die Supersonic – von Jagdflugzeugen einmal abgesehen. Vielleicht sollte sie sich eine ausrangierte Jagdmaschine kaufen, wenn sie aus Europa zurückkehrte.

      Ihre Gedankenspiele wurden jäh von einem Schatten unterbrochen, der in ihr Gesichtsfeld trat. Es war die hagere, ausgemergelte Gestalt eines dieser zugekifften Punkrocker, die ebenfalls in der First Class saßen und das Einzige an diesem Flug darstellten, das extrem störte. Bisher waren die Burschen still und friedlich gewesen, aber nun pöbelten sie plötzlich lautstark herum.

      »Hey, falls dir grade langweilig ist: Wir feiern da hinten eine kleine Privatparty, und Fisher meint, du wärst herzlichst eingeladen«, lallte der Rocker, Fizzler, wenn sie sich recht erinnerte. Sein rundes, leichenblasses Babygesicht mit den glasigen, grauen Augen und seine fettigen schwarzen Haare riefen sofort Ekelgefühle in ihr hervor.

      »Muss ich dir erst dahin treten, wo’s wehtut, oder ziehst du von allein Leine?«, fragte sie in lapidarem Tonfall, ohne ihn richtig anzusehen.

      Fizzler begann zu lachen. Zumindest hielt sie das spastische Keuchen, das er von sich gab, dafür. Er wandte sich seinen Kameraden zu, die alle um einen der großen Sitze herum auf dem Boden hockten. »Hey, Fisher! Die da ist großartig! Wow! Hey, weißt du was, Süße? Mit dir mach ich’s sofort«, lachte er.

      Jessica hob ihre Augenbrauen, überlegte, ob sie ihm sofort eine scheuern oder doch lieber Pfefferspray benutzen sollte. Dieser Fizzler war ganz und gar abstoßend, überhaupt nicht ihr Typ, selbst wenn er der letzte Mann der Erde gewesen wäre. Zwei Flugbegleiterinnen kamen herein und baten die Punks, sich wieder zu setzen, doch die antworteten nur mit wüsten Beschimpfungen. Die armen Frauen drohten verzweifelt mit dem Captain und mit Flugverbot, doch die Punks lachten sie nur aus.

      Sie drehte sich zu Harry Wittersdraught um. Der saß still in seinem Sessel und rührte keinen Muskel. Ein Grund mehr, ihn zu feuern, dachte Jessica wütend.

      »Ihr setzt euch hin, und zwar sofort«, donnerte da eine tiefe, männliche Stimme durch die Kabine.

      Das hustende Lachen Fizzlers erstarb ebenso wie das Grölen seiner bekifften Kumpels. Nagamoto Tatsuya stand mitten im Raum. Seine Blicke schienen Blitze zu verschießen. Fizzler wandte sich ihm zu, wollte etwas sagen, doch Nagamoto hob die Hand und brachte ihn augenblicklich zum Schweigen. »Hinsetzen!«, befahl er.

      Auf einmal ging eine Veränderung in Fizzler vor. Er begann zu zittern wie Espenlaub, und seine Stimme nahm einen weinerlichen Tonfall an. »Klar, sofort, sofort. War nicht so gemeint. Wir wollten doch nur ein bisschen Spaß haben«, entschuldigte er sich und hastete zurück zu seinem Sessel. Auch die anderen Mitglieder von Fiz-Fish-Ass setzen sich, brav wie Schuljungen. Jessica war echt beeindruckt. Nagamoto kam zu ihr.

      »Ist mit Ihnen alles in Ordnung?«, fragte er, die Stimme jetzt ruhig und freundlich.

      »Danke, alles bestens. Fizzler war keine Bedrohung für mich«, erwiderte sie.

      Nagamoto sah sie aus ernsten Augen eindringlich an. Er nickte nur. »Das heute Morgen war nichts Persönliches, Miss Reed. Ich vertrete nur die Interessen meiner Firma, so wie Sie zweifellos die Interessen Ihres Unternehmens«, sagte er.

      Jessica lächelte, jedoch nicht aus Freundlichkeit, sondern aus einem plötzlichen Triumphgefühl heraus. Sie hatte seinen Schwachpunkt gefunden! Nagamoto, dieser edle Samurai in Hemd und Krawatte, besaß einen Beschützerinstinkt. Das war seine Schwäche, das war es, wie Jessica ihn umgänglicher machen konnte. Sie musste die Hilflos-Karte ausspielen. Nagamoto würde sich innerlich dazu verpflichtet fühlen, sie vor Schaden zu bewahren. Es war ein Zwang, er würde nicht anders können. Vielleicht konnte sie es sogar noch während des Fluges schaffen, ihn rumzukriegen.

      »Ja, das tun doch alle, nicht wahr? Eigentlich verstehe ich Sie sehr gut, und vermutlich würde ich an Ihrer Stelle genauso handeln. Aber was soll ich tun? Ich wünschte, es wäre alles anders«, säuselte sie im allerfreundschaftlichsten Ton, den sie in ihrem Repertoire hatte. Sie konnte förmlich zusehen, wie Nagamotos harte Schale aufknackte.

      Doch plötzlich verschloss sich sein Gesicht, das bisher freundlich gelächelt hatte, wieder. »Bleiben Sie ehrlich, das steht Ihnen besser«, brummte er und kehrte zu seinem Sessel zurück.

      Jessica schloss verärgert die Augen. Konnte dieser Mann Gedanken lesen? Hatte sie irgendeinen Fehler gemacht? War sie vielleicht zu schnell vorgegangen? Sie lehnte sich aus dem Sitz und blickte zu Harry, der direkt hinter ihr saß. Ihr Assistent schob gerade seine Brille wieder auf die Nase und machte eine Geste mit seinen Händen. Immer mit der Ruhe, signalisierte er.

      Sie lehnte sich wieder in den Sessel zurück. Sie war zu schnell gewesen, zu drängend, jetzt war sie sich sicher. Harry mochte zwar in fast allen Dingen ein Schlappschwanz sein, aber er besaß ein unheimliches Gespür für Menschen, darauf konnte sie sich verlassen. Also ruhiger, weniger geschäftstüchtig erscheinen. Sie würde ein paar Minuten vergehen lassen, anschließend zu Nagamoto gehen, sich entschuldigen, ihm für sein Eingreifen danken und abwarten, wie er darauf reagierte. Sie würde ihn knacken, noch bevor sie in Heathrow landeten.

      »Das ist voll langweilig, man spürt ja gar nichts«, maulte Tom beim Blick auf die Geschwindigkeitsanzeige, die auf allen Monitoren leuchtete. Mach 1,8. Schneller als der Schall, und doch gab es keinerlei merkbaren Unterschied zum letzten Flug, als sie nur halb so schnell unterwegs gewesen waren.

      Veyron interessierte sich natürlich nicht dafür, er hatte die Augen geschlossen, die Fingerspitzen aneinander gepresst und die Beine ausgestreckt. Tom war nicht sicher, ob sein Pate schlief oder nur meditierte. Ehrlich gesagt wurde er aus Veyron einfach nicht schlau. Auf der einen Seite war er furchtbar großzügig und erlaubte fast alles. Himmel, er hatte Tom zu einem Tatort mitgenommen und war mit ihm nach New York geflogen – gegen den Willen der Polizei! Auf der anderen Seite zeigte er sich jedoch so gehässig und gefühlskalt, wie man es nur sein konnte. Viele Freunde kann er nicht haben, dachte Tom, aber das geschieht ihm auch ganz recht, weil er immer so furchtbar angeben muss.

      Plötzlich kann Unruhe im Flugzeug auf.

      »Aus dem Weg, aus dem Weg! Ich muss auf die Toilette!«, ertönten laute Rufe aus dem hinteren Teil der Supersonic.

      Einige Passagiere hoben die Köpfe, und auch Tom warf einen Blick über die Schulter. Ein riesiger Mann, ein wahrer Koloss aus Fleisch und Muskeln, schob sich durch die engen Sitzreihen nach vorne. Er stieß eine Flugbegleiterin grob zur Seite, als sie ihm ihre Hilfe anbot. Einige der Passagiere hießen ihn lautstark einen Idioten (da musste Tom ihnen recht geben), andere kicherten nur. Warum geht er denn nicht nach hinten? Da sind doch die Klos. Der Idiot rennt in die falsche Richtung, dachte Tom amüsiert, als der Riese eilte an seinem Sitzplatz vorüber kam.

      Eine Reihe vor ihnen sprang plötzlich ein weiterer Mann auf. »Oh mein Gott! Meinem Kumpel ist schlecht! Er muss dringend auf die Toilette!«, rief er und folgte dem Riesen nach vorne.

      Tom konnte nur staunen. Er wandte sich an Veyron, der tief durchatmete. »Genau wie befürchtet. Ich dachte schon beinahe, ich hätte mich geirrt, als so lange nichts passierte. Die Informationen ließen eigentlich keinen anderen Schluss

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