Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz". Franz Kugler
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Читать онлайн книгу Franz Kugler: König Friedrich II von Preußen – Lebensgeschichte des "Alten Fritz" - Franz Kugler страница 8
Der Kaiser, Karl VI., hatte sich jener Anforderung des Königs von Preußen scheinbar gefügt; aber er war so wenig ernstlich bedacht, die preußische Macht vergrößern zu helfen, dass er gleichzeitig auch mit Pfalz-Sulzbach einen Vertrag schloss, der diesem Hause die in Anspruch genommene Erbfolge in Jülich und Berg sicherte.
Kaiser, Karl VI.
Durch die mannigfachsten Kunstgriffe wusste er jedoch den König von Preußen, der natürlich auf einen festen, vollkommenen Abschluss dieser Angelegenheiten drang, eine Reihe von Jahren hinzuhalten. Auch gelang dies so gut, dass Friedrich Wilhelm vor der Hand dem Kaiser treu ergeben blieb, denn sein deutsches Gemüt fühlte eine innere Genugtuung in solcher Verbindung; zugleich hatte Seckendorf dafür gesorgt, dass der vorzüglichste Günstling des Königs, der General (später Feldmarschall) von Grumbkow, durch ein stattliches Jahrgeld in das Interesse des österreichischen Hofes gezogen wurde.
General Joachim Ernst von Grumbkow
Dieser war nun fort und fort bemüht, den König in seiner Gesinnung zu befestigen.
So teilte sich der preußische Hof in zwei Parteien, eine österreichische und eine englische, die von beiden Seiten alles aufwandten, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Denn was die Königin anbetrifft, so war sie keineswegs geneigt, ihren Lieblingsplan in Betreff jener Doppelheirat aufzugeben; im Gegenteil nahm sie jede Gelegenheit wahr, die sich ihr zum Wiederanknüpfen der Verbindungen mit England darbot. Ihre ebenso hartnäckigen wie fruchtlosen Bemühungen erbitterten aber den König so sehr, dass der häusliche Friede fast ganz entwich. Misstrauisch belauschten die beiden königlichen Eheleute einander, und verderbliche Zwischenträger, auf gemeinen Gewinn bedacht, schürten die Flamme. Vor allen hatten die beiden ältesten Kinder, die dem Plane der Königin gern Beifall schenkten, unter dem Zwist der Eltern zu leiden. Vater und Sohn wurden durch alles dies einander immer mehr entfremdet, und die Herstellung eines liebevollen Verhältnisses schien in weite Ferne hinausgerückt. Es sollte noch manches andere hinzukommen, die Entfremdung zu vergrößern.
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Fünftes Kapitel – Zwiespalt zwischen Vater und Sohn
Fünftes Kapitel – Zwiespalt zwischen Vater und Sohn
Je lebhafter das Gefühl der Selbständigkeit in Friedrich erwacht war, umso weniger Neigung empfand er, sich den Anordnungen des Vaters zu fügen, die mit seinen Wünschen fast stets im Widerspruch standen; umso strenger aber drang auch der Vater auf genaue Befolgung seiner Befehle, so dass die unangenehmen Szenen sich zu häufen begannen. Dem Kronprinzen schien jetzt die Verbindung mit einer englischen Prinzessin doppelt wünschenswert, indem er hierdurch eine größere Freiheit zu gewinnen hoffte. Bereitwillig bot er der Mutter die Hand, um an der Ausführung ihres Lieblingsplanes mitzuarbeiten; er schrieb selbst in dieser Angelegenheit nach England. Aber die Verhältnisse zwischen England und Preußen hatten sich inzwischen noch weniger erfreulich gestaltet. König Georg I. war bereits im Jahr 1727 gestorben und sein Sohn, Georg II., der Bruder von Friedrichs Mutter, in der Regierung gefolgt. Zwischen diesem und König Friedrich Wilhelm waltete eine persönliche Feindschaft, die sich schon in früher Kindheit, als beide mit einander erzogen wurden, geäußert hatte. Jetzt fühlten sie Spottreden gegeneinander im Munde.
König Georg II. von England
Der König von England nannte den König von Preußen „seinen lieben Bruder Korporal“, oder auch „des heiligen römischen Reichs Erzsandstreuer,“ wie man die Sandfluren der Mark Brandenburg als die „Sandbüchse“ des heiligen römischen Reichs zu bezeichnen liebte; Friedrich Wilhelm dagegen titulierte jenen als „seinen lieben Bruder den Komödianten,“ oder gelegentlich auch als „den Herrn Bruder Braunkohl.“
König Friedrich Wilhelm II. von Preußen
Der österreichischen Politik konnte dies Missverhältnis nur wünschenswert sein; sie Tat das ihrige zur Förderung desselben. Verschiedene andere Streitpunkte kamen dazu, die Ungebührlichkeiten der preußischen Weiber, die von ihrem Könige in Schutz genommen wurden, gaben den Ausschlag, und es drohte im Jahre 1729 sogar ein Krieg zwischen beiden Mächten auszubrechen, der indes durch andere Fürsten, denen die Ruhe Deutschlands am Herzen lag, im Anfange des folgenden Jahres wieder beigelegt wurde. Alles dies machte dem Könige die fortgesetzten Pläne für die Doppelheirat mit England immer verhasster, und auf die Teilnehmer derselben häufte sich sein Groll. Die Nachricht, die ihm insgeheim von Friedrichs Schreiben nach England zugetragen wurde, war keineswegs geeignet, seinen Groll zu mildern. Anfälle von Podagra (Gicht) vermehrten seine gereizte Stimmung, so dass die beiden älteren Kinder schon rohe Behandlung zu gewärtigen hatten.
Diese suchten sich durch ihr treues Zusammenhalten zu entschädigen. Ihr Vergnügen bestand in der Beschäftigung mit französischer Literatur. Unter anderem lasen sie Scarrons ergötzliches Meisterwerk, den „komischen Roman“, und schrieben gemeinschaftlich eine Parodie desselben, die eine Satire auf die ihnen verhasste österreichische Partei des Hofes enthielt. Die Personen der letzteren mussten hierin, je nach ihrer Eigentümlichkeit, die Rolle der lächerlichen Personen des Romans übernehmen; selbst der König wurde nicht übergangen. Der Mutter ward das Produkt mitgeteilt, und diese, statt das Vergehen der Kinder gegen den Vater zu rügen, ergötzte sich an dem satirischen Talente, welches sich darin aussprach.
Im Sommer 1729, als die königliche Familie sich einige Zeit in Wusterhausen aufhielt, hatte sich der Zorn des Königs gegen das ältere Geschwisterpaar in solchem Grade erhöht, dass er sie ganz, die Mahlzeiten ausgenommen, aus seiner und aus der Königin Gegenwart verbannte. Nur ganz insgeheim, des Nachmittags, wenn der König seinen Spaziergang machte, durfte sich die Mutter des Umganges mit ihren Kindern erfreuen; dabei wurden jedes Mal Wachen aufgestellt, um sie von der Rückkehr des Königs zu benachrichtigen, von dem man sich, wenn er die Übertretung seines Befehles wahrgenommen hätte, keiner glimpflichen Behandlung gewärtigen durfte. Eines Tages hatten die Wachen jedoch ihren Auftrag so schlecht besorgt, dass man plötzlich, ganz unvorbereitet, den wohlbekannten Schritt des Königs auf dem Gange hörte; das Zimmer der Königin hatte keinen zweiten Ausgang, und so blieb kein anderes Rettungsmittel, als dass der Prinz eilig in einen Wandschrank schlüpfte, während die Prinzessin sich unter dem Bette der Königin versteckte. Aber der König, ermüdet von der Hitze, setzte sich auf einen Sessel und schlief zwei lange Stunden, während welcher die Geschwister es nicht wagen durften, ihre sehr unbehaglichen Gefängnisse zu verlassen.
Andere Übertretungen der Befehle des Königs gaben zu ähnlichen Szenen Anlass. Der Kronprinz hatte bei einem Besuche in Dresden den vorzüglichen Flötenspieler Quantz kennen gelernt. Er wünschte aufs Lebhafteste, durch diesen im Flötenspiel vervollkommnet zu werden; die Königin, die diese Neigung gern begünstigte, suchte Quantz für ihre Dienste zu gewinnen. Doch wollte ihn der König August nicht von sich lassen; er gab ihm indes die Erlaubnis, jährlich ein paar Mal nach Berlin zu gehen, um den Kronprinzen wenigstens in den Hauptbedingungen eines vorzüglicheren Flötenspieles