Interstate. Robert Lang

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dass er damit auch der Familie (und dem ganzen Dorf) helfen würde, ihrer bitteren Armut zu entkommen. Mit der Abreise der Mönche und der anschließenden Flucht seines Clans war dieses Thema erledigt, und er hatte in der Anfangszeit oft des Nachts deshalb geweint.

      Die Jahre vergingen, und er war ein mürrischer, gegen seine Geschwister oft aufbrausender Junge geworden, der sich in ihrer kleinen Gemeinde nicht zurecht fand und der von großen Taten träumte, die er eines Tages vollbringen wollte.

      Mit Kleinigkeiten hielt er sich dabei nicht lange auf, und je älter er wurde, desto kühner waren auch seine Pläne.

      Und da er anders als seine Geschwister nie am Fluss Wasser holte oder auf dem mühsam gerodeten Acker half, der sie ernährte, wurde es bald sehr einsam um ihn; denn wer wollte schon seine Prahlereien hören, mit denen er ankündigte, dass er einmal Präsident (oder sogar König) der Demokratischen Republik Kongo sein werde, und er jeden umbringen wollte, der sich ihm in den Weg stellte. Sie widersprachen ihm nicht sehr lange, weil er schnell jähzornig wurde, aber hinter seinem Rücken nannten sie ihn einen Spinner, von dem man sich am besten fernhielt. Er wiederum wusste, dass sie ihn so nannten, aber es war ihm egal.

      Als er siebzehn war, hatte er schon bei dem ein oder anderen regionalen Scharmützel mitgekämpft; es wurde im Osten Kongos fast immer um Diamantminen und seltene Metalle gerungen; wer gewann, kontrollierte sie und konnte sie ausbeuten; er war meistens auf der Seite derer, denen er die besten Siegeschancen gab, auch wenn ihn sein Instinkt dabei gelegentlich im Stich ließ und er dem falschen Warlord hinterher lief.

      Eine seiner falschen Entscheidungen hatte dazu geführt, dass er heute nur noch einen Arm besaß, weil ihm ein ruandischer Hutu den anderen mit einer Machete blitzsauber über dem Ellbogen abgetrennt hatte.

      Dieses neue Handicap war eine schwere Prüfung für ihn gewesen. Er konnte - amputiert, wie er nunmehr war - in sein Dorf zurückkehren, um sich vor den Leuten zu blamieren, die ihn schon früher verspottet hatten. Dort wäre er als Mann wertlos, aber sie würden ihn zumindest leben lassen.

      Eine Frau zu heiraten konnte er als Krüppel kaum erwarten, soweit reichte das Mitgefühl des Stammes nicht; wer nicht für eine Familie aufkommen konnte, der sollte auch keine gründen. Der Kodex des Stammes ließ dabei weder Spielraum noch Ausnahmen zu.

      Weil er nicht kämpfen konnte, lernte er zu beschaffen und zu verhandeln. Mal auf dieser, mal auf der anderen Seite stehend erwarb er trotz seines finsteren (und oft genug bösartigen) Wesens binnen weniger Jahre das Wissen, das es brauchte, um Konflikte mit oder ohne Blutvergießen zu lösen. Es war diese Fähigkeit, die ihn dazu befähigen würde, die hunderte von Völkern des Kongo, mit hunderten von Sprachen und Idiomen, unter einer Fahne zu vereinen.

      Verhandeln, drohen, erpressen, und nur wenn nötig kämpfen; was vor ein paar Jahren mit einem kleinen Trupp von vierzig Gefolgsleuten begonnen hatte, stand jetzt in voller Blüte: Auf sein Kommando hörten sechzigtausend Mann, und bald sollten sie allesamt bewaffnet sein (wenn diese weißen Bastarde ihr Wort hielten).

      Die Dinge begannen jetzt, Gestalt anzunehmen. Kalemba hatte schon vor Monaten den größten Teil seiner Männer nach Westen geschickt, immer in überschaubaren Kontingenten von jeweils kaum mehr als hundertfünfzig Mann, was eine optimale Größe für einen Guerillatrupp war. Eine solche Anzahl an Männern würde nicht den Argwohn des Präsidenten oder dessen Militärs erregen, sie konnten unter dem Radar des Feindes agieren.

      Aber hunderte solcher kleinen Einheiten, klug geführt, ergaben eine Militärmacht, die Kabila und seiner Familie den Garaus machen konnte. Hielten die weißen Verbrecher ihren Teil des Handels ein, dann wäre Kalemba das, was er vor vielen Jahren behauptet hatte einmal zu werden.

      Davor aber waren gewaltige militärische, wirtschaftliche und logistische Hürden zu überwinden gewesen. Allein das Ausheben der Depots für seine neuen Waffen war eine enorme Leistung. Des Weiteren musste er zweitausend Mann seiner Streitmacht für den Schutz seiner Mine bereitstellen, zweitausend weitere waren nötig, um die Gardeeinheiten Kabilas zu beschäftigen, fünfzehntausend Mann, die im nahen Lubumbashi stationiert waren. Seine Männer sollten diese Truppen über Monate hinweg mit Scheinangriffen oder durch Beschuss aus großer Entfernung ablenken von dem, was er am anderen Ende des Landes zu tun plante. Es war nicht weniger als der Griff nach der alleinigen Herrschaft über dieses riesige Land.

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