...ach, dieses ewige Sehnen. Maxi Hill

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      Maxi Hill

      ...ach, dieses ewige Sehnen

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       SOMMER 1962

       TEIL 1 — DIE VERGANGENHEIT

       DIE ANDERE MARIA

       DER ANDERE TEIL DES LEBENS

       IM AUFWIND DES LEBENS?

       DIE LAST DES GEWÖHNLICHEN LEBENS

       WIE DAS SO IST MIT DER WAHRHEIT

       EIN NEUS LEBEN

       IN EWIGER HOFFNUNG

       DER FREMDE GAST

       NEUE HOFFNUNG AUF LEBEN

       BENNO

       ZUSAMMEN GEHT ALLES BESSER

       DAS LEBEN GIBT; DAS LEBEN NIMMT

       TEIL 2 — ZURÜCK ZUR GEGENWART

       EIN GEFÄHRLICHER BESUCHER

       EMY

       PAUL

       MARIA

       MAXI HILL

       Impressum neobooks

      SOMMER 1962

      Minute um Minute ringt sie mit sich, ob sie den müden Knochen Ruhe schenken oder doch noch die leidige Pflicht erfüllen sollte. Sie muss sich ihre Situation selbst zuschreiben, hatte sie doch ihre Kinder nie konsequent angehalten, ihr zur Hand zu gehen. Und wenn sie ehrlich mit sich ist, dann macht sie lieber alles allein. Karla, die älteste ihrer drei Töchter, würde freiwillig anpacken, aber sie ist nicht mehr zuhause. Sie hat jetzt ihr eigenes Leben und wartet sehnsüchtig darauf, ein Kind bekommen zu können. Die zweite Tochter, Franka, hat auch endlich einen Mann gefunden. Lange war Franka traurig, weil ihre große Schwester Karla, wann immer es ging, ihren Kopf auf die Schulter von Theo legen konnte. Wolf, der junge Mann, mit dem Franka jetzt geht, ist nicht Marias Typ, aber das Mädchen ist hin und weg von dem strohblonden Kerl. Heute bei dem schönen Wetter ist sie mit ihm auf dessen Java unterwegs, und Maria betet, es möge ihrem Mädchen nichts passieren. Neues Leben — neue Sorgen. Wann hören die einmal auf? Nie. Niemals. Nicht für eine Mutter.

      Elias, ihrem neunzehnjährigen Stammhalter, würde sie niemals eine der Hausarbeiten auferlegen. Das ist sie seinem Vater Hannes schuldig, so glaubt sie. Und die jüngste, die Emy, ist fast sechzehn, aber sie ist jenes Kind, das von Anbeginn eine Sonderrolle in ihrer Familie gespielt hat — in jeder Hinsicht.

      Maria Jahn streicht mit einer Hand eine ihrer dunklen Locken aus der Stirn, die für manch einen noch immer beneidenswert sind. Mit der anderen prüft sie am großen Wassertopf, der auf dem Küchenherd steht, ob das Wasser heiß genug ist für den Berg an Buntwäsche, den zu waschen sie sich für den Nachmittag vorgenommen hatte. Auszuruhen wäre Frevel. Das Wetter ist zu schön, als dass man es ungenutzt lassen könnte. In zwei Stunden könnte die Wäsche trocken sein.

      Maria Jahn, geborene Theiss, war einmal eine sehr schöne Frau. Es gab Zeiten, da wurde sie wegen ihrer Schönheit umgarnt, dass es ihr lästig wurde, ja geradezu peinlich, besonders wenn Hannes in der Nähe war. Und es gab Zeiten, da nutzte ihre Schönheit gar nichts mehr, da stand sie allein auf weiter Flur und musste zusehen, wie sie klarkam. Diese Zeit und noch vieles mehr hat sie still gemacht, in sich gekehrt, aber nicht verbittert — so glaubt sie jedenfalls, trägt sie doch ihr Los längst ohne Klage.

      Der heiße Dampf steigt in ihr mattes Gesicht und lässt es erblühen wie einst. Die an der Werkbank geschundenen Fingerknöchel rubbeln über das Waschbrett, als ginge es um Leben und Tod. Eine Bluse und noch eine Bluse, ein Paar Socken und noch und noch und noch eines. Pullover und Röcke, die vom Kochen fleckigen Schürzen und die Arbeitshosen von Elias, der in ihrem Werk eine Lehre gemacht hatte und der inzwischen ein richtig guter Arbeiter ist. Trotzdem muss er bald zur Armee, was Maria seelisch zusetzt. Viele junge Männer hat man mit ähnlichen Argumenten für den Wehrdienst begeistert, wie einst Hannes. Aber das eine mit dem anderen zu vergleichen, ist heutzutage gefährlich.

      Vertieft in das ewige Auf und Ab über die Rillen des Waschbrettes aus Zink hört sie den ersten Pfiff nicht, der von der Wiese hinter dem Haus durch das offene Fenster tönt. Ein zweiter. Und dann die junge Stimme, die ihr wohl bekannt, aber weniger angenehm ist.

      »Emy? Emy!«

      Maria streift den Seifenschaum von den Handrücken, die Feuchtigkeit wischt sie an der Schürze ab. Nach dem dritten Ruf hat sie das Fenster erreicht. Unten steht der siebzehnjährige Hardy, der gehätschelte Sohn einer zugezogenen Familie, den seine Eltern einst Bernhard taufen ließen. Der Mund des Jungen sitzt heute merkwürdig schräg im naiven Gesicht, das irgendwie noch Babyspeck trägt, seine Augen aber spiegeln die Hinterlist eines Erwachsenen, vielleicht auch die Verlegenheit eines Sünders, so genau kann es Maria nicht deuten.

      »Ist Emy da?«, fragt das Gesicht, in dem die Augen zu funkeln beginnen. Bernhard, den alle Welt nur Hardy ruft, ist ein Junge, den die Nachbarn wohlerzogen nennen. Stets höflich, fast servil, grüßt er alle Leute, und auch sonst kennt man keine bösen Jungenstreiche von ihm. Und wenn es einmal einen Grund zur Klage gibt, hat seine Mutter sofort das Zepter in der Hand und macht daraus eine Heldentat. Maria Jahn hatte nie Zeit, darüber zu grübeln, dennoch ist sie bisweilen skeptisch, weil

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