Tiefenrausch. null KreaRe
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Ich zog meine Lippen mit Lippenstift nach und überlegte, wo wir heute Abend essen gehen könnten.
„Hörst du mir überhaupt zu? Also in letzter Zeit bist du echt ein bisschen unaufmerksam!“
Ich hörte ihm nicht zu. Wozu auch? Er redete schon seit Stunden unwichtiges Zeug.
Nachdem ich einen letzten Blick in den Spiegel geworfen hatte, ging ich ins Wohnzimmer und zog die Gardinen vor dem einzigen Fenster glatt.
„Ich möchte heute Abend gerne ins RIO gehen. Und ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du nur für heute Abend kein Wort mehr über Geld verlieren würdest!“, sagte ich und lächelte.
Dies sah Morris ein und kurz darauf saßen wir im gemütlichsten Lokal Berlin’s, wo es Schweinebraten mit Wein und Würstchen mit Bier gab.
Natürlich entschied ich mich für Ersteres, während Morris Würstchen mit Bier vorzog.
Wir verbrachten einen wunderbaren Abend und ich war stolz auf mich, endlich mal etwas Spontanes unternommen zu haben. Es zeigte eine entspannende und beruhigende Wirkung auf mich. Am nächsten Morgen fühlte ich mich ausgeschlafen und entspannt.
Ich hatte keine Angst, den Tag nicht bewältigen zu können und ich rief auch die nette junge Dame von gestern an, die mir ihre schicke Visitenkarte in die Hand gedrückt hatte.
Wir verabredeten uns für vier Uhr am Marktplatz, wo man sich in Ruhe auf einer gemütlichen Bank unterhalten konnte.
Während ich auf sie wartete, ließ ich meinen Blick zu den anderen Leuten schweifen. Ich liebte es, sie zu beobachten.
Ein Mann mittleren Alters trug eine Aktentasche in der Hand und einen Kaffee in der anderen.
Sekunden später rannte ein kleiner Junge mit seinem Skatebord gegen ihn und der Kaffee vollbrachte ein Kunstwerk auf dem Anzug des Mannes.
Von der anderen Seite kam eine Frau mit einer Gitarre auf dem Rücken daher gelaufen. Sie hatte eine rote Lockenmähne und trug blaue Pumps, was ihren chaotischen Anblick unterstützte.
Der Mann brüllte dem Jungen etwas nach, drehte sich um und starrte die Frau mit der Lockenmähne an. Diese drehte sich im Vorbeigehen nach ihm um und ich musste lächeln.
„Ah, da bist du ja. Ich hab schon den ganzen Marktplatz nach dir abgesucht!“, Ylvie stand vor mir.
„Schön, dass du gekommen bist. Ich dachte, hier wäre ein guter Platz zum Reden.“
Ylvie nickte und setzte sich neben mich in den Schatten.
„Wie lang wohnst du schon in Berlin?“, fragte sie und zog ihr schwarzes T-Shirt glatt, auf welchem die Aufschrift: „Don’t be nervous“ prangte.
„Nicht so lange. Ich bin mit meinem Freund Morris vor drei Monaten hierher gezogen. Und du?“
„Ach, auch noch nicht allzu lang. Meine Eltern haben ein Haus ganz zentral hier in der Innenstadt, aber sie haben mich rausgeschmissen.
Blöde Geschichte. Aber ich habe eingesehen, dass mit meinen 22 Jahren auch allein auf den Beinen stehen können muss.“
Die Frau mit der roten Lockenmähne packte plötzlich neben uns ihre Gitarre aus und fing an einen Song zu trällern.
Ich versuchte mich auf das Gespräch zu konzentrieren und sie nicht weiter zu beachten.
„Und wo wohnst du jetzt?“, fragte ich verwundert.
„Mal hier,mal dort. Es ist nicht so toll, jeden Tag woanders hin zu müssen und sämtlichen Leuten auf die Last zu fallen. Aber ich kann mir keine eigene Wohnung leisten.“, Ylvie lächelte und warf einen Blick auf die Gitarrenspielerin.
„Ich hätte da eine Idee, wo du wohnen könntest.“ sagte ich, als mir Morris’ Wunsch einfiel.
„Du könntest in unsere Wohnung einziehen, mein Freund und ich hatten sowieso vor, eine WG draus zu machen. Was hältst du davon?“
„Großartig. Kann ich gleich heute zu euch kommen?“
Ylvies Augen leuchteten und es berührte mich.
„Klar. Du kannst gleich deine Sachen holen, dann kann ich dich mitnehmen. Ich habe ja schon Feierabend.“
Es war Freitag da hatte ich immer schon um zwei Uhr frei.
„Klasse. Ich hol schnell meine Sachen und du wartest hier? Dauert auch nicht lang.“
Ich nickte, während Ylvie sich auf den Weg machte.
Die Frau mit der Lockenmähne sah mich die ganze Zeit an, das fand ich gruselig. Ihr Song handelte von zerbrochener Liebe.
„Oohhh, my heart was broken….ooohh“, sang sie und ließ den Blick nicht von mir.
Ich versuchte woanders hin zu gucken, aber ich spürte ihren Blick in meiner linken Seite.
Und ich wunderte mich über die Geschehnisse.
So kam es, dass Ylvie bei uns einzog und ein bisschen Schwung hinein brachte. Sie bekam das rechte Zimmer, vom Flur ausgesehen. Mein Schlafzimmer, das ich mit Morris teilte, lag auf der anderen Seite, gegenüberliegend.
Morgens wurde Kaffee aufgebrüht und Toast in den Toaster geschmissen. Es war wie bei einer richtigen Familie.
Probleme wurden beim Frühstück und Abendessen besprochen und bald zog auch ein Freund von Morris ein, der das Zimmer neben Ylvie bekam, sein Name lautete Finley. Er war Schwede und pflegte es morgens drei Bananen zu essen.
Ylvie und Finley verstanden sich jedenfalls sehr gut und bald waren sie ein Paar.
Ich empfand mein Leben als wunderbar, da sich alles fügte, so wie man es sich früher immer gewünscht hatte.
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