Körperekel. Joana Goede
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Читать онлайн книгу Körperekel - Joana Goede страница 6
So war sie froh, als Lisbeth von selbst die Umarmung löste, Minna zum Dank einen Kuss auf die Wange hauchte und sagte: „Danke, dass du hier bist. Du beruhigst mich irgendwie. Auch wenn ich wahnsinnige Angst habe um Jakob. Ich darf gar nicht daran denken, was alles mit ihm passiert sein kann.“
Minna fragte: „Ist dir denn etwas an ihm aufgefallen?“
Lisbeth drehte sich um und griff nach einem Kaffeebecher. Eigentlich trank sie ihn mit Milch und Zucker. Nun setzte sie ihn schwarz an die Lippen, als wenn sie vergessen hätte, wie sie eigentlich ihren Kaffee trank. Minna schaute sie aufmerksam an, während Lisbeth einen Schluck nahm und dann mit abgewandtem Blick zugab: „Ja. Er, er fragte häufig nach seinem Vater. In letzter Zeit.“
Minnas Gesicht blieb vollkommen ausdruckslos, doch innerlich war sie verblüfft. Ziemlich verblüfft. Nicht so sehr, dass Jakob gefragt hatte, denn Jakob war ein neugieriger, direkter Junge, der alles, was ihn beschäftigte, auch aussprach. Doch Lisbeths Reaktion überraschte sie ziemlich. Deshalb hakte Minna nach: „Und? Was hast du ihm gesagt?“
Lisbeth zuckte mit den Schultern, es war ihr deutlich anzusehen, dass ihr das Gespräch nicht gefiel. Sie gab dann zögerlich zur Antwort: „Was soll ich schon gesagt haben? Dass ich seinen Vater nicht kenne, eben.“
Minna ließ die Augen nicht von Lisbeth, diese stierte betrübt in ihre Tasse. Leise fragte Minna: „Stimmt das? Weißt du wirklich nicht, wer es ist?“
Lisbeth sah auf zu Minna, schaute ihr direkt in die Augen, was Minna auch schon wieder unangenehm wurde, doch sie hielt den Blick aus. Sie zwang sich, ihn auszuhalten. Dann sagte Lisbeth: „Ich weiß seinen Namen nicht, Minna. Es war irgendwer, ok? Ich könnte es vielleicht herausfinden, aber ich will nicht. Und jetzt frag nicht, warum. Ich habe dafür meine Gründe.“
Minna nickte dazu. „Ja“, sagte sie, „die wirst du wohl haben.“
Sie besorgte sich dann Milch aus dem Kühlschrank und ging anschließend mit ihrem Kaffee ins Wohnzimmer, darüber nachgrübelnd, warum Lisbeth so nervös war und warum sie sich nicht bemühte, Jakobs Vater zu finden. Sicher war es wichtig für ein Kind, den Vater zu kennen. Dachte sich Minna. Warum sollte man darüber schweigen? Was war schon dabei?
Die Angst und das Engegefühl fielen langsam von Minna ab. Seit der Abwesenheit der beiden Polizisten war es schon besser geworden. Jetzt nach dem Ablassen der Umarmung wich das Überforderungsgefühl. Allein setzte sie sich ins Wohnzimmer, trank einen Schluck Kaffee und die Müdigkeit brach wieder aus. Ein Schweregefühl legte sich über ihren ganzen, zittrigen Körper. Die Hand mit der Kaffeetasse bebte leicht wie meistens, sie fühlte sich erschöpft und matt. Wollte sich nur hinlegen und eine Woche lang schlafen. Dieses Gefühl hatte sie täglich und nie ließ es sich einlösen. An erholsamen Schlaf war eben nicht zu denken. Keine Regeneration, keine Wiederherstellung möglich. Es gab nur diesen kaputten, übermüdeten Zustand für Minna.
Lisbeth trat nun ins Wohnzimmer und fragte: „Willst du dich hinlegen? Vielleicht wäre das ganz gut für dich. Du kannst dich in mein Bett legen, wenn du möchtest. Oder willst du lieber nach Hause?“
Minna stellte den Kaffeebecher auf den Tisch. Dort standen ein paar Keramikmäuse, die niedlich lachten und bunte Kleidung trugen. Sie sahen nach Sonne, Glück und guter Laune aus. Minna betrachtete die Mäuse deprimiert, bevor sie meinte: „Ich sollte besser hierbleiben, denke ich. Dein Bett nehme ich gern. Lang kann ich da ohnehin nicht herumliegen, aber ein bisschen Dösen wäre vielleicht gut. Danke.“
Sie stand auf, ließ den Kaffee stehen, ging ohne eine zusätzliche Bemerkung in Lisbeths Schlafzimmer, wo sie das Rollo herunterließ, bis es stockdunkel war und sich dann bis zum Bett vortastete. Dort fiel sie hinein, zog sich zur Sicherheit noch die Decke über den Kopf und hätte am liebsten geweint, wenn Tränen möglich gewesen wären.
Im Grunde blieb sie ziemlich genau zwei Stunden lang in dieser Position. Zwar wurde die Luft unter der Decke schlecht, aber immerhin war die Decke eine Art Schutz. Darunter fühlte sie sich in gewisser Weise sicher, geborgen. Nicht hilflos und ausgeliefert, wie es sonst häufig vorkam.
Einschlafen konnte sie freilich nicht in einem fremden Bett, auch wenn es Lisbeths Bett war. Schon in ihrem eigenen Bett fand sie keine Ruhe. Am ehesten noch auf dem Sofa im Wohnzimmer. Aber selten länger als eine Stunde am Stück. Danach war sie wieder wach, nervös, erschöpft, konnte jedoch trotzdem nicht mehr wegsacken.
In Lisbeths Bett gab es keine Entspannung. Sie versuchte sich halbwegs bequem hinzulegen, ein Gemütlichkeitsgefühl wollte sich allerdings in keiner Lage einstellen. Zu kalt war ihr, sie zog die Beine an, die Füße froren, die Hände waren eiskalt. Zuhause hatte sie viele Wolldecken, die sie wärmten. Lisbeth aber hatte nur eine dünne Bettdecke, die reichte bei weitem nicht aus. So konnte man keinen Schlaf finden. Außerdem schlug das Herz zu schnell und zu laut, es pochte in den Ohren, Minna wollte nicht hinhören, doch es wurde immer lauter. Ein übliches Phänomen bei ihr. Je mehr sie versuchte, das Pochen zu verdrängen, desto stärker und lauter und schneller wurde es, desto mehr schob es sich in den Vordergrund und dann konnte Minna nichts mehr dagegen unternehmen, außer aufzustehen und aufzugeben.]
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