Veyron Swift und der Orden der Medusa: Serial Teil 3. Tobias Fischer
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Die edlen Damen und Herren saßen dagegen mit Floyd im Salon beisammen. Sie ließen sich vom König des Inselreiches mit Anekdoten aus seiner Jugend unterhalten. Es ging um Partys und noch mehr Partys, Floyds Lieblingsthema. Veyron zog sich bald darauf in eine Koje zurück. Dort versank er in tiefe Meditation. Die Augen hielt er geschlossen, doch die Zuckungen unter den Lidern, verrieten seine unermüdlichen Gedankengänge.
Tom kannte diesen Zustand inzwischen zur Genüge. Weil er keine Lust hatte, von seinem Paten ignoriert zu werden, zog er sich in eine eigene Koje zurück und legte sich schlafen.
Der nur einstündige Flug verlief ohne besondere Vorkommnisse. Lediglich ein einziges Mal wachte Tom auf. Die Blase drückte ihn schwer, es war fast nicht auszuhalten. Schnell begab er sich nach vorne in den Bug, wo sich das kleine WC befand. Ganz zu seiner Überraschung fand er die Toilettentür verschlossen vor. Er hörte jemanden würgen und winseln. Tom verdrehte die Augen. Eine der Prinzessinnen war luftkrank. Mann, das war ja voll peinlich.
Er klopfte gegen die Tür. »He, alles in Ordnung da drin?«
Keine Antwort, aber das Winseln hörte sofort auf.
Es verging ein weiterer Moment. Das Türschloss wurde geöffnet, Tom wich überrascht zurück. Anstatt einer Prinzessin, kam ein Junge heraus, vielleicht ein Jahr älter als Tom, aber einige Zentimeter kleiner. Sein Gesicht war regelrecht grün vor Übelkeit, er zitterte wie Espenlaub und kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Der Junge trug eine feuerrote Tunika und ein purpurnes Pallium darüber, den römischen Herrenumhang. Das wies ihn sofort als Mitglied der kaiserlichen Familie aus. Der Saum seiner Tunika besaß einen kunstvollen Goldrand in Form eines gestickten Lorbeermusters. Ohne Tom eines weiteren Blickes zu würdigen, schob er ihn beiseite und wankte vorbei.
»Hey! So geht’s ja auch nicht!« beschwerte sich Tom. Er packte den Jungen am Ärmel. Mit einem Aufschrei riss sich der Prinz von ihm los.
»Fass mich nicht an, du Sklave!« herrschte ihn der Prinz mit explosionsartigem Zorn an.
»Sklave? Ich glaub dir geht’s wohl zu gut, was? Hier gibt’s keine Sklaven. Wie bist du denn drauf?«
Der Prinz ließ sich davon nicht beeindrucken, ganz im Gegenteil. Die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. Völlig unbeherrscht fing er an zu brüllen.
»Du wagst es? Ich bin Gaius Aurelius Caesar, Großenkel des vergöttlichten Illaurian! Niemand macht mir hier Vorschriften! Niemand, verstehst du?«
Tom hob die Augenbrauen, fühlte, wie ihm die Hitze in den Kopf stieg. Er ballte die Fäuste.
»Und ich soll jetzt Angst vor dir haben, oder wie stellst du dir das vor?«
Gaius Caesar, Neros jüngster Bruder, stierte Tom einen Moment lang mit hasserfüllten Augen an, dann wirbelte er herum und eilte in den Salon davon. Tom rief ihm noch ein »Du Blödmann« hinterher, aber Gaius reagierte nicht mehr.
»Was für eine sympathische Familie! Die haben sich ja alle nicht unter Kontrolle. Lauter Psychos, Toink hat schon recht«, schimpfte Tom, ehe er im WC verschwand.
Endlich kam Bovidium in Sicht, eine große Insel inmitten azurblauer Fluten, in der Form eines gekrümmten Hornes. Die Küsten ragten steil aus dem Wasser, an der breitesten und zugleich niedrigsten Stelle nur fünf Meter, an der schmalsten und höchsten gewaltige dreihundert. Und dort thronte er, auf der äußersten Klippe, der Palast des Augustus. Ein gewaltiger Bau, der bis zur Hauptterrasse ganze vierzig Meter Hanglage überwand und dann noch einmal zwei Stockwerke in den Himmel ragte. Der eigentliche Wohn- und Geschäftsbereich des Augustus wurde dabei von den Kelleranlagen, den Wohnstuben der Sklaven, Wachsoldaten und den großen Zisternen für die Wasserversorgung gestützt, umgeben von dreistöckigen Arkadenbögen. Die ganze Anlage war rechteckig gehalten, maß in Länge und Breite jeweils über einhundert Meter. Um einen zentralen Innenhof, grenzten auf allen Seiten die Gebäudeflügel an. Die Prachtterrasse im Westen ragte hinaus auf die Klippe.
Die Silberschwan kreiste einmal um die Insel. Vom Cockpit aus hatte Tom den perfekten Überblick. Der Palast von Kaiser Tirvinius schien das einzige bewohnte Gebäude auf der ganzen Insel zu sein. Ein einsamer Ort, dachte er. Was für ein Mensch mag der Kaiser sein, wenn er sich hierher zurückzog, anstatt in der Hauptstadt zu regieren?
Captain Viul leitete schließlich die Landung ein. Sanft wie immer, setzte die Silberschwan nahe der Küste auf. Lediglich die Gischt, die hinter dem Heckruder aufbauschte, zeugte davon, dass sie tatsächlich gewassert war. Kaum stand sie still, spürte Tom das leichte Hin- und Herwogen der Wellen.
Es vergingen nur ein paar Minuten, ehe eine Gruppe Sklaven mit großen, prächtigen Ruderbooten ankam und längs der beiden Stummelflügel festmachte. Die Besatzung der Silberschwan hieß die Männer willkommen. Sie erfuhren, dass die Sklaven vom Augustus geschickt wurden, um seine Familie an Land zu bringen. Die illustren Passagiere verließen das Flugschiff also wieder einer nach dem anderen. Tom, Floyd, Toink, Viul und Veyron waren die letzten, die sich nach Bovidium aufmachten. Jedoch nicht an Bord eines Sklavenruderers, sondern in einem kleinen silbergrauen Rettungsboot, dass Toink sicherheitshalber mit Außenbordmotor ausgestattet hatte.
»Nicht, dass wieder so eine peinliche Flucht wie bei Loca Inferna ansteht«, murrte der Zwerg, worauf Veyron sich rechtfertigte, dass ein Boot mit Außenbootmotor sie ganz sicher sofort verraten hätte. Außerdem war ja alles gutgegangen und darum jede weitere Diskussion zu diesem Thema Zeitverschwendung. Toink brummelte zur Antwort etwas auf Zwergisch. Die Übersetzung behielt er trotz Toms Nachfragen lieber für sich.
Sie folgten den Sklavenruderern zu einem torähnlichen Höhleneingang und fanden sich in einer mit Fackeln beleuchteten Grotte wieder, wo geschickte Handwerker einen Steg samt Kaimauer angelegt hatten. Der kaiserlichen Familie wurde von Bord geholfen, für jeden stand eine Sänfte mit insgesamt vier Trägern zur Verfügung. Ein jeder nahm sie in Anspruch, mit Ausnahme von Prinzessin Iulia, die mit einem Blick auf Tom & Co, sichtlich von einem schlechten Gewissen geplagt wurde.
»Ich werde lieber zu Fuß gehen«, ließ sie die wartenden Sklaven wissen, worauf der älteste von ihnen regelrecht erschrak.
»Für eine hohe Herrin ist das nicht standesgemäß«, protestierte er mit sichtlicher Empörung.
»Lässt sich mein Großvater auf Bovidium in Sänften herumtragen«, fragte sie mit pikiertem Tonfall.
Der Sklave verneinte das überrascht und schien zu begreifen. Er schnippte mit den Fingern und die Sänftenträger entfernten sich ohne weiteren Kommentar. Iulia wartete, bis Veyron und die anderen angelegt hatten und zu ihr aufschlossen.
»Das ist sehr rücksichtsvoll von Euch, Prinzessin. Aber keine Sorge, wir sind gut zu Fuß«, meinte Veyron.
Nur Floyd war anderer Meinung.
»Wir hätten meinen Rolls Royce mitbringen sollen«, sagte er zu Captain Viul, doch dieser lachte nur.
»Den hätten wir niemals diese kleine Treppe hinaufbekommen. Viel zu schmal«, konterte er und deutete nach vorne auf den in den Fels gehauenen Aufgang. Eine gewundene Treppe führte tiefer in die Höhle hinein.
Floyd zuckte mit den Schultern. »Dann