Für immer Shane ~5~. Simone Lilly

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Für immer Shane ~5~ - Simone Lilly

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Leben ausbreitete. Wütend schaltete Shane einen Gang runter, lenkte an die Straßenseite und stellte den Motor surrend aus. Einen Moment blieb er regungslos sitzen, mit beiden Händen am Lenkrad geklammert und starr nach vorne schauend. Eigentlich brauchte er gar nicht nachzusehen, schließlich kannte er den Inhalt des Bildes ja. ängstlich schielte er zur Seite. Aber andererseits musste er es einfach sehen, sich wieder vor Augen führen in welcher Gefahr er sich befand. Schweißgebadet zog er den Schlüssel aus dem Lenkrad und warf ihn achtlos auf das Amaturenbrett. Kurz danach schnappte er sich zitternd das braun angelaufene Kouvert nicht weit von ihm und setzte sich fröstelnd in den Sitz zurück, kurbelte ihn entspannend nach hinten und öffnete das zugeklebte Papier. Nachdem er das getan hatte, hielt er wieder inne. Komm‘ schon. Es ist nur ein Bild.

      Ja, nur ein Bild. Wenn er sich das einreden wollte, so klappte es nicht sonderlich gut. Tief atmend zog er es an sich heran, hielt es empört von sich fort und musterte es, zum gefühlten Hundertstem Mal.

      Der Stift des Arztes ruhte ungewohnt lange auf dem schwarz- grauen Röngtenbild. So lange, dass es Shane übel wurde. Ungeduldig wippte er mit dem Fuß hin und her, straffte seinen Rücken, sodass er gegen die harte Lehne des Stuhls im Behandlungsraum stieß. Die Uhr nicht weit von ihm tickte.

      „Wissen Sie, was das ist?“

      Die Frage des Arztes klang barsch, beinahe beleidigt. Ebenso direkt fiel Shanes Antwort aus: „Nein, ich bin kein Arzt.“

      Vielleicht durch eben diese direkte Frage prüskiert verschrenkte der Doktor seine Arme vor der Brust, ging um den luftigen Schreibtisch mitten im Raum herum und setzte sich lautstark hinter ihn. Seine hohe Stirn war in viele Falten gelegt, seine runtergezogene Brille begann gefährlich zu rutschen.

      „Wie alt sind Sie?“

      Noch bevor er in seinem Computer nachsehen konnte, setzte Shane zur Antwort an. „33.“

      Erschrocken wurde er aus zwei düsteren Augen angefunkelt.

      „W … warum denn?“

      Der Arzt wurde finster. „Bei Ihnen …“, sein Kugelschreiber zeigte wieder auf die glatte Folie des Bildes, dass seine Lunge abbildete, umkreiste langsam einen kleinen, runden Punkt, der in ihrer Mitte zu sehen war. „… wurde ein ziemlich fortgeschrittenes Bronchialkarzinom festgestellt.“

      Er schwieg. Shane tat es ihm nach. Der Arzt tat es um Shane die Gelegenheit zu geben, über das Gesagte nachzudenken, ihn die vermutlich schlechte Nachricht verdauen zu lassen. Shane jedoch plagte etwas völlig anderes. Etwas viel Banaleres. Was war ein „Bronchialkarzinom“?

      „Ähm … was ist ein Bronchialkar …“

      „Sie haben Husten, Sie hatten Fieber?“

      Shane nickte, immer noch ahnungslos, dennoch wurde ihm angst. Warum ließ der Arzt sich so viel Zeit, ihm von seiner Diagnosezu berichten.

      Mit sich ringend, legte Dr. Mohnam sogar seine Brille ab, ein schlimmes Anzeichen dafür, dass er hitzig am Überlegen war. „Mr. Ó‘ Brannagh, Sie meinten doch, Sie hätten etwas Blut gehustet, richtig?“

      Wieder nickte Shane, gewillt den Doktor anzuschreien, ihn zu schütteln und ihn endlich nach seiner Krankheit zu fragen.

      „Mr. Ò‘ Brannagh, Sie haben … Lungenkrebs.“

      Mitten in seiner Erinnerung hielt Shane inne, beugte seinen Kopf vornüber und fasste sich an seine Stirn. Als wäre es gestern gewesen, fühlte er noch immer, wie sich die Praxis um ihn herum gedreht hatte, wie sich der Boden unter seinen Füßen gelöst hatte, ihn verlassen hatte, und er das Gefühl gehabt hatte, bloß noch vom Stuhl in der Luft gehalten zu werden. Als gäbe es kein Oben und Unten, als gäbe es keinen Boden, nichts. Keine Luft zum Atmen, einfach nichts.

      „W … was?“

      „Bei Bluthusten besteht nur noch eine geringe Chance der Heilung. Jedoch könnten wir es noch mit einer Operation und einer Entfernung des tumorartigen Geschwürs …“

      „Ich machs‘“

      „Es ist riskant.“

      „Ich sterbe so oder so.“

      Dr. Mohnam pflichtete ihm ernst und mit beschlagener Stimme bei. „Sie haben recht. Ich werde mich darum kümmern, so schnell wie möglich einen Termin für Sie auszumachen. Danach werden wir mithilfe einer Chemotherapie versuchen, auch noch den Rest des …“

      „Gut.“, mehr wollte er nicht hören, seine Ohren von der bitteren Nachricht befreien, sie verdrängen und so tun als hätte ihm der Arzt lediglich von einer harmlosen Erkältung erzählt.

       4.

      Entgegen seine Laune hatte das Wetter wenig Interesse daran sie zu unterstreichen, oder es ihr gleichzutun. Die Sonne strahlte unbarmherzig vom Himmel, schien auf die anderen ihm entgegen kommenden Autos hinab, blendete Shane in den Augen, die er gequält zusammenkniff. Unter seinen Tränen konnte er ohnehin schon nichts mehr erkennen. Dr. Mohnam war ihm jetzt im Nachhinein betrachtet, ziemlich taktlos erschienen. Frei heraus hatte er ihm ins Gesicht gesagt: Sie haben Lungenkrebs.

      Matt wechselte Shane die Straßenseite, bremste aber kurz vor einer roten Ampel ab. Quietschend kam er zum Stehen, wurde kräftig nach vorne geschleudert und fiel wieder in seinen Sitz zurück. Erschrocken legte er einen anderen Gang ein.

      „Machen Sie einen Termin aus. Ich sterbe so oder so.

      Wie hatte er das einfach sagen können? Ohne vorher zu überlegen was eine solche Operation für Folgen haben konnte, dass er nicht mehr aufwachen konnte. Zwar stimmte es, dass er auch so sterben würde, trotzdem. Denn Shane hatte noch bevor er mit Britney oder seinen Kindern, anderen Ärzten geredet hatte, noch bevor er die Nachricht über seine Erkrankung überhaupt verdaut hatte, einer Operation zugestimmt.

      Wütend schlug er auf den Schaltknüppel. Sein metallener Ehering kratzte an ihm entlang und ließ Shane erschrocken auf ihn hinabblicken. Das Auto war neu, der Gedanke an eine Beschädigung grauenhaft. Aber gottseidank war keine Kerbe zu sehen. Sein Herz machte eine Pause, seine Atmung erschlaffte. Morgen war es soweit. Um genau acht Uhr morgens würde ihm die Narkose gesetzt werden, er würde schlafen, vielleicht für immer. Oder er würde leben, würde alt werden, würde bald nicht mehr daran denken und an diesen Abschnitt seines Lebens nur noch durch eine kleine Narbe an seiner Brust erinnert werden.

      Lustlos ließ er das Fenster hinunter und spuckte seinen abgekauten Kaugummi achtlos hinauf. Hinter ihm wurde gehupt. Aber das war eine Wunschvorstellung.

      „Bei Bluthusten besteht nur eine geringe Chance der Heilung …“

      Wow, wie viel Mut ihm Dr. Mohnam gemacht hatte, wie er versucht hatte ihn aufzubauen. Anstelle dieses Satzes hätte er genauso gut sagen können: „Sie werden bald 34? Genießen Sie diesen Geburtstag, es wird Ihr Letzter sein.“

      Geschickt parkte er sein Auto in der Einfahrt, sperrte es ab, ließ das Garagentor hinunter und betrat schnellen Schrittes das Haus. Anders als sonst, strömte ihm keine wohlriechenden Gerüche, wenn er aus der Arbeit nachhause kehrte, entgegen. Aber es war ja auch noch früh, niemand rechnete zu dieser Zeit mit ihm. „Hallo“, brüllte er in das große Gebäude hinein, schmiss seinen Schlüssel lautstark auf den Glastisch im Wohnzimmer und stülpte sich seine Jacke von den Armen.

      Keiner meldete sich zu Wort. Erstaunt

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