BÖSE im Bett. Andrea Lieder-Hein

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BÖSE im Bett - Andrea Lieder-Hein

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Antwort blieb Mia erspart, denn nun war ihr Vater auch unten und trank seinen ersten Tee, wie immer im Schlafanzug. „Lecker, dieser Ostfriesen Tee mit Kluntje und der Sahnewolke. Hätte nie geglaubt, dass ich mal lieber Tee als Kaffee trinken würde.“ Johann Beyer goss sich eine zweite Tasse ein und schaute liebevoll auf seine Tochter. „Und? Wie gefallen dir deine Geschenke?“

      Mia zerriss gerade das letzte Papier. Es war ein 24“ CityBike in schwarz-weiß und nannte sich „Wild Cat“. Am Lenker hing ein schwarz-weißer Helm. Mia wusste im ersten Moment gar nicht, was sie sagen sollte. So viele Geschenke, und alle so super toll. „Danke, danke, danke für alles“, stammelte sie und fügte hinzu „ab heute fahre ich mit dem Rad zur Schule.“

      Elke huschte noch schnell in die Küche und holte eine Transportbox, gefüllt mit selbstgebackenem Kuchen. „Hier, Mia-chen, für deine Mitschüler, habe ich gestern noch gebacken. Apfelkuchen. Die Sahne ist in einer Extra-Box.“

      „Mama, ich hätte lieber Hanuta oder Snickers mitgenommen. Die sind auch leichter zu tragen.“

      Kurz nach sieben schwang sich Mia samt Tragebox auf ihr neues Fahrrad. Vorne am Lenker befand sich ein großer Weidenkorb. Ein zweiter auf dem Gepäckträger. Für ihren Schul-Rucksack. Den Helm fand sie nicht so pralle, aber auch den trug sie.

      Ihre Mutter ging ihr manchmal gehörig auf den Senkel. Immer behandelte ihre Mutter sie wie ein Baby, und oft schämte sich Mia auch, wenn ihre Mutter sie von der Schule abholte und sie herzte und küsste. Gott lob nahm ihr das keiner ihrer Mitschüler übel, denn sie war sehr beliebt. Das hing auch damit zusammen, dass sie mit ihren Mitschülern ein ausgeklügeltes System des Betrügens bei Klassenarbeiten entwickelt hatte. „Einer für alle, alle für einen“, wie ihr Vater immer predigte. Sie hatte es erfolgreich umgesetzt.

      002 In der Schule

      Mia drehte seit einigen Minuten eine Strähne ihrer langen dunkelbraunen Haare immer wieder um ihren rechten Zeigefinger. Dabei hoffte sie inständig, ihr würden die Vokabeln einfallen, die sie gestern neu gelernt hatten. Der lateinische Text vor ihr war relativ kurz, aber er hatte es in sich.

      In die Stille hinein klopfte es und ohne ein „Herein“ stürmte Mias Mutter in die Latein-Stunde. Langsam, aber unaufhaltsam, stieg ein unangenehmes Gefühl in Mias Bauch auf. Was wollte ihre Mutter hier in der Klasse? Während einer Arbeit?

      „Guten Morgen, Frau Vogelfang. Entschuldigen Sie die Störung, aber Sie wissen sicher schon, dass Mia-chen heute 14 wird und für alle selbstgebackenen Kuchen von mir mitgebracht hat. Leider hat sie die Sahne vergessen. Ich habe auch noch Pappteller, Plastikgabeln und Servietten mitgebracht.“

      Bei „Mia-chen“ wurde Mia fast schlecht. Wie konnte sie nur! Vor der ganzen Klasse! Und dann die Scheiß Sahne. Wer isst denn bitte schön mit vierzehn noch selbstgebackenen Kuchen mit Sahne, auf Papptellern mit Plastikgabeln? Im Latein-Unterricht?

      Studienrätin Gertrud Vogelfang schmunzelte in sich hinein. „Danke, legen Sie doch alles auf’s Pult, in der großen Pause kann Mia dann den Kuchen verteilen.“

      Als Frau Beyer den Raum verlassen hatte, kehrte wieder Stille ein. Frau Vogelfangs Blick ruhte wohlwollend auf Mia-Marie. „Aus sehr gutem Haus, die Kleine“, dachte sie. „Wohl erzogen, klug und hübsch. Und so eine aufmerksame Mutter! Backt für 29 Schüler selbst Kuchen und bringt noch Sahne in die Schule. Manch andere Mutter steht nicht einmal auf, um ihrem Kind Frühstück zu bereiten. Ganz anders Frau Beyer. Was für eine schöne Kindheit Mia hat. Beneidenswert.“

      Am Ende der Stunde sammelte Frau Vogelfang alle Hefte ein und ging mit einem Stück Apfelkuchen aus dem Klassenraum.

      Mia hob derweil ihre rechte Hand, ballte sie zur Faust und sagte laut und deutlich: „Einer für alle, alle für einen“. Mit festem Blick gingen alle 29 Schüler aufeinander zu, bis sich ihre 29 Fäuste in der Mitte trafen. Danach gingen auch sie in die Pause, nicht ohne ihren Kuchen.

      003 Familie Bayer

       Bin wieder da.

       Oh, schön, Mia. Wie war dein Tag?

       War OK.

       Und mein Kuchen? Hat er euch gut geschmeckt?

       Ja, Mama.

       Ich wollte es euch doch schön machen, Kindchen.

       Wir waren mitten in einer Klassenarbeit, als du kamst.

       Oh, das hat eure Lehrerin gar nicht gesagt. Das tut mir leid.

       Ist schon OK, aber der Kuchen hätte auch OHNE Sahne geschmeckt.

       Und nun erzähl mal. Wie fährt sich dein neues Rad?

       Echt super. Ich hab nur 16 Minuten für die knapp vier Kilometer gebraucht.

       Und die Strecke am Wald entlang? Ich hab mir schon Sorgen gemacht.

       Wieso DAS denn?

       Wenn da mal was passiert. Man hört so viel. Und die Autos fahren auf der Bundesstraße auch ziemlich schnell.

       Mama, das war alles in Ordnung. Du machst dir zu viel Sorgen.

      Mit diesen Worten verließ Mia die Küche, um ihre Schulsachen in ihr Zimmer zu bringen, ehe sie essen gehen konnte. Donnerstag war der einzige Tag, an dem sie schon mittags frei hatte, und nicht erst um 16 Uhr zu Hause war.

      Gerade als sie die Küche verließ, betrat ihr Vater den Raum und setzte sich mit einer besorgten Miene an den Tisch.

      „Elke, ich habe an der Türe etwas gelauscht. Es tut mir leid, aber du musst unserer Tochter vertrauen. Sie wird langsam erwachsen. Sie braucht mehr Spielraum, Freiheit. Du erdrückst sie mit deiner Ängstlichkeit.“

      Elke spürte den intensiven Blick ihres Mannes, der sich in ihr Gesicht bohrte und dort wie festgeklebt haften blieb. Langsam bildeten sich Tränen in ihren Augen, ihr Blick verschwamm und ihre Stimme war nur noch ein hilfloses Schluchzen. „Ich will doch nur ihr Bestes“, stammelte sie. Johann Beyer erhob sich und ging zu ihr. Liebevoll legte er seine beiden Hände an ihre Wangen und flüsterte: „Wir machen das gemeinsam, Elke. Vertrau auf Gott und auch auf mich.“

      004 FEE

      Am späten Nachmittag ging Mia in den Garten des Pfarrhauses und pflückte einen riesigen Strauß gelber, roter und weißer Tulpen. Danach lief sie über den angrenzenden Friedhof zum ältesten Teil, der weit hinten zwischen gewaltigen Rotbuchen lag.

      Neben einem Grab mit einem Findling kniete sie nieder. Der Findling hatte die Größe eines Bauernbrotes und war so schwer, dass man ihn gerade noch mit einer Schubkarre transportieren konnte.

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