Ach ja, die Liebe!. Bärbel Junker

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Ach ja, die Liebe! - Bärbel Junker

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mich“, zischte Tiger uneinsichtig.

      Steven drückte stärker zu.

      „Auuaaah“, stöhnte Lederjacke und Tränen des Schmerzes und der Wut rannen über sein Gesicht.

      „Also?“

      „I-ich versprech´s“, winselte Tiger.

      „Also gut, aber ich rate dir, an Rache nicht einmal zu denken“, warnte Steven. „Beim nächsten Mal mache ich nämlich ernst und dann kannst du deinen Rücken und das Motorradfahren vergessen“, drohte er und ließ den stöhnenden Mann los.

      Noch ein hasserfüllter Blick. Die Ladentür schlug zu. Eine schwere Maschine heulte gequält auf. Und dann Stille. Zusammen mit Tiger schwand auch der Hauch von Gewalt.

      „Danke“, flüsterte Lara. „Aber woher kennen Sie meinen Familiennamen?“

       Steven wurde vor Verlegenheit erst rot und dann blass. Was nun? Er konnte ihr doch nicht sagen, dass er sie jeden Tag, während seiner Mittagspause, durch die seitliche Schaufensterscheibe beobachtete. Ein paar Mal war er ihr sogar nach Ladenschluss zu ihrer Wohnung gefolgt. Daher kannte er auch ihren Namen und wusste, dass sie mit ihrem querschnittgelähmten Bruder zusammenlebte.

      „Von Ihrem Chef“, schwindelte er verlegen. Und zum Glück beließ sie es dabei. Sie sahen sich an, und das Schweigen legte sich wie eine Decke über sie.

      Er ist nett, dachte Lara. So schüchtern und zurückhaltend, aber wirklich sehr, sehr nett.

      Sie ist so zart, so schutzbedürftig und so wunderschön, schwärmte Steven insgeheim. „Lara, was für ein wunderschöner Name. Aber Sie sind noch viel, viel schöner, als die Lara aus Doktor Schiwago“, entfuhr es ihm.

      „Doktor Schiwago war der Lieblingsfilm meiner Mutter“, sagte Lara verlegen. Sie senkte den Kopf und ihre langen, blonden Haare fielen wie ein Schleier über ihr Gesicht, verbargen es vor seinem zärtlichen Blick.

      „Ein wunderbarer Film“, murmelte Steven.

      „Ja, fast so schön wie ein Gedicht. Ich liebe Gedichte“, flüsterte sie.

       „Ich auch. In meiner Freizeit schreibe ich welche“, verriet Steven impulsiv sein Geheimnis.

      „Ja?! Wie schön“, kam es begeistert über ihre Lippen. Sie hob den Kopf. Ihre veilchenblauen Augen versanken in seinen braunen. Die Welt hielt für einen Moment den Atem an und die Zeit blieb einfach stehen. Zwei Seelen taumelten wie Schmetterlinge aufeinander zu; suchten hoffnungsvoll; erkannten einander und knüpften das Band, aus dem ALLES entstehen kann.

      War es Liebe? Wahre Liebe? Die Zukunft wusste es bereits, und Lara und Steven würden es bald erfahren.

      „Ich heiße Steven“, flüsterte er.

      „Ja“, sagte sie, und er nahm ihre Hand.

      Heute war es soweit. Lara würde ihm ihren Bruder Ray vorstellen. Steven eilte aufgeregt durch seine Wohnung, ordnete hier noch ein paar Bücher in den raumhohen Regalen. Er rückte zum hundertsten Mal die Tassen auf dem hübsch gedeckten Kaffeetisch zurecht, hastete nervös an seinen erschrocken unters Sofa huschenden Perserkatzen vorbei.

      Steven warf einen Blick auf seine Armbanduhr und seufzte. Noch immer dreißig Minuten bis zu ihrem Treffen. Er trat ans Fenster. Zwei kleine Mädchen spielten auf dem Fußweg Himmel und Hölle. Ihr vergnügtes Lachen drang bis zu ihm empor und glättete die Wogen der in ihm tobenden Unruhe.

      Er fürchtete sich vor der ersten Begegnung mit Laras Bruder. Was, wenn sie einander nicht mochten? Ray gehörte zu Lara wie die Luft zum Atmen. Wenn er sie heiraten wollte, und das wollte er mehr als alles andere auf der Welt, dann bedeutete das auch ein Zusammenleben mit Ray, denn Lara würde ihren Bruder niemals verlassen.

      Seit ihrer Begegnung vor drei Monaten, als er Lara vor der Lederjacke beschützte, hatten sie sich fast jeden Tag gesehen. Ihre Liebe zueinander war erblüht wie eine Rose und mit jedem Tag schöner und inniger geworden. Sie waren füreinander geschaffen und nichts und niemand konnte sie trennen.

      Außer Ray! Denn Ray war die andere Liebe in Laras Leben. Er war ihr großer Bruder, achtundzwanzig Jahre alt, also sechs Jahre älter als seine Schwester und ein lebenswichtiger Bestandteil ihres Daseins. Nach dem Unfalltod ihrer Eltern hatte Ray für sie gesorgt, war immer für sie dagewesen und hatte Hindernisse aus ihrem Weg geräumt, wann immer es ihm möglich war.

      Bis zu dem Tag, als ein betrunkener Autofahrer Ray einfach übersah und mitsamt seinem Motorroller überfuhr.

      Querschnittgelähmt! sagten die Ärzte. Und die Zukunftspläne des jungen Grafikers zerstoben wie Blütenstaub im Wind. Querschnittgelähmt! Und Ray fiel in ein schwarzes, bodenloses Loch tiefster Depression.

      Seine, nach außen hin so zarte Schwester wuchs über sich selbst hinaus. Sie bestand darauf, dass Ray zu ihr zog. Sie brach ihr Studium der Kunstgeschichte ab und bekam durch Vermittlung ihres Professors den Posten als Geschäftsführerin des zwar kleinen, jedoch äußerst angesehenen Antiquitätengeschäftes in der Nähe ihrer Wohnung, so dass sie sich mittags um ihren Bruder kümmern konnte.

      Ihre Liebe und Geduld zog Ray aus dem Abgrund seiner Depression heraus und gab ihn dem Leben zurück. Seine schlummernde, wiedererwachende Liebe zur Kunst vertrieb endgültig seine Niedergeschlagenheit. Ray entdeckte sein Interesse an Cartoons, ergriff diesen Rettungsanker mit beiden Händen, und stürzte sich Hals über Kopf in diese neue Welt.

      Das aufdringliche Summen der Gegensprechanlage riss Steven aus seinen Gedanken. Es war soweit! Sie waren da! Er eilte in den Flur und drückte auf den Summer. Mit angehaltenem Atem verfolgte er das Rattern des vorsintflutlichen Fahrstuhls, lauschte dem unverwechselbaren Geräusch des sich knarrend öffnenden Scherengitters. Er öffnete die Wohnungstür.

      Kluge, veilchenblaue Augen, Laras Augen, sahen ihm bis auf den Grund seiner Seele.

      „Ich bin Ray“, sagte der junge Mann im Rollstuhl und reichte Steven lächelnd die Hand.

      Er könnte der Bruder für mich sein, den ich so gern gehabt hätte, dachte Steven.

      Sie mögen sich! Laras Herzschlag beruhigte sich. Glücklich schob sie Rays Rollstuhl in den Flur.

      „Hallo! Wer bist denn du?“, fragte Ray entzückt, und im selben Moment landete Marosa mit einem eleganten Satz auf seinem Schoß und rollte sich schnurrend zusammen. Die misstrauisch um die Ecke lugende, rabenschwarze Perserkatze Shiba hob stolz den Kopf und schritt hoheitsvoll davon.

      „Sie ist sehr eigen“, lachte Lara, bevor sie in der Küche verschwand.

      „Deine Cartoons sind wundervoll, Ray. Du solltest sie den Zeitschriftverlagen anbieten“, meinte Steven begeistert.

      Seit Rays Besuch in Stevens Wohnung waren zwei Monate vergangen, in denen aus ihrer Sympathie herzliche Zuneigung und Freundschaft geworden war.

      „Ach, ich weiß nicht“, murmelte der junge Mann verlegen.

      „Doch, Ray, sie sind wirklich Klasse“, beteuerte Steven.

      „Steven, kommst du mal“, rief Lara aus der Küche.

      Er

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