Ein Bild vom Wesen der Natur. John Collins

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Ein Bild vom Wesen der Natur - John  Collins

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durchziehen unsere heutige „Wildnis“. In diesen Wäldern kann man sich so gut wie nicht verirren. Folgt man irgendeinen beliebigen Schotterweg, so findet man meistens mühelos wieder heraus. Die Suche nach einen einzigen urig gewachsenen „Märchenbaum“, ist hingegen wie die Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Im modernen Wald werden die Bäume von Menschenhand in Reih und Glied gepflanzt. Die Bestände werden gehegt und gepflegt. Gerade gewachsenes und astfreies Stammholz ist das Ziel der modernen Forstwirtschaft. Und dennoch gibt es auch in diesen Plantagenwäldern noch immer genügend märchenhaft Urtümliches zu entdecken. Nicht nur im Bezug auf den Wald, auch in vielen anderen Natur- und Lebensbereichen, im Großen wie im Kleinen, die Zusammenhänge näher unter die Lupe zu nehmen und zu verstehen, ist das Ziel dieser Einladung. Wir werden uns verschiedene extreme Umwelten ansehen. Unter diesen, reiht sich vor allem auch die menschliche Gesellschaft ein – diese werden wir in mehreren Bereichen kritisch begutachten. Die Lebensbedingungen in einer extremen Umwelt lassen intelligente Strategien der Anpassung heranreifen. Die Hintergründe über das Zusammenwirken dieser Strategien sind wesentliche Elemente die das Gesamtbild zusammenfügen.

      Zunächst ist es notwendig aus der Vielfalt das Einzelne heranzufokussieren. In der Detailbetrachtung wird das Übrige vorübergehend ausgeblendet um das Einzelne deutlich darzustellen. Im Bild vom Wesen der Natur werden wir solche Einzelbetrachtungen näher erörtern. Wie wir später sehen werden, macht es Sinn, die Natur und die Weltseele zunächst voneinander zu differenzieren. Die Zusammenhänge zwischen den Einzelerscheinungen der Natur und den einzelnen Vorgängen des Lebens werden dadurch erkennbar. Im Kapitel „Die Natur-Seele-Synthese“ wird deshalb eine gedankliche Scheidung von Natur und Weltseele vollzogen. Diese Scheidung wird bei der Betrachtung des lebendigen Organismus als Zusammenwirken von Gegensätzen in der Synthese von Natur und Seele gleichsam wieder aufgehoben.

      Im täglichen Leben hindern uns die fortschreitenden Entwicklungen unserer technischen Hochkultur immer wieder daran, die Ursprünglichkeiten der Natur klar zu fokussieren. Sie blenden viele Details aus. Dabei enthalten gerade sie wichtige Informationen, die notwendig sind, wenn man das Wesen der Natur verstehen möchte. Stattdessen werden wir in eine Maschinerie von gesellschaftlichen Veränderungen hineingezwungen, die uns größte Anstrengungen der Anpassung abverlangen. Bei diesen Anstrengungen nehmen wir ganz selbstverständlich einige Risiken und gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf. Sobald Krankheiten entstanden sind, erwarten wir von der modernen Medizin die rasche Wiederherstellung unserer Gesundheit. Umgekehrt erwartet, damit der gesellschaftliche Prozess nicht ins stocken gerät, die Gesellschaft vom Erkrankten das gleiche. Am Ende versucht jeder Einzelne inmitten einer sich immer schneller verändernden Welt standhaft zu sein. Woher beziehen wir die Energie um die Belastungen des modernen Lebens stand zu halten? Wie erkennen wir die Gefahren des täglichen Lebens? Auch auf diese Fragen werden wir im Einzelnen eingehen. Eine wichtige Voraussetzung für die Standhaftigkeit ist das Bewusstsein ein Teil der Natur zu sein. Mit den Inhalten dieses Bewusstseins finden wir die Geborgenheit, die uns vor einigen Gefahren der modernen Welt bewahren. Diese Inhalte geben uns klar zu verstehen, dass wir uns vor den Wölfen nicht fürchten müssen. Allerdings kann uns die menschliche Vernunft im Schafspelz durchaus gefährlich werden. Erst wenn man die Informationen der Natur versteht, kann man sich ein klares Bild vom Wesen der Natur machen. In unserem Bild vom Wesen der Natur wird manches über die moderne Welt des Menschen deutlich. Bei dieser Betrachtung öffnen sich aber auch spontan und deshalb manchmal unvermutet, so manche Fenster der Pflanzen- und Tierwelt. Für uns industrialisierte Menschen ist die Welt der Pflanzen und Tiere fast schon zu einer fremden Parallelwelt geworden. Die schwindende Nähe zu unseren gemeinsamen Ursprünglichkeiten raubt uns die bewusste Verbindung zu ihnen. Die Zusammenhänge sowie Abweichungen sollen nun sichtbar gemacht werden. Dieses Sichtbarwerden kann uns helfen die Welt des Menschen besser zu verstehen. Möglicherweise kann dieses entzerrte Bild eine Hilfe sein die einen oder anderen Verhaltensweisen gleichermaßen zu entzerren. Dieses Bild vom Wesen der Natur möge dem einen oder anderen vielleicht auch eine zusätzliche Bereicherung sein.

       1. Verkörperung des Lebens in Gestalt der Natur

      I. Der Wald

      Ein Ausflug in einem Wald ist wie eintauchen in einem anderen Organismus. Im Wald sind wir Einverleibt in etwas Fremdes und doch erzeugt diese Umgebung in uns ein Wohlgefühl der Zugehörigkeit. Wir spüren die Vitalität einer geheimnisvollen organisch gewordenen Wesenheit. Während unserer Natur-Abwesenheit, haben wir uns zu Fremdlingen entwickelt. Wir sind den einst verlorenen Kindern ähnlich, die im späteren Leben an den Ort ihres Ursprungs zurückgekehrt sind. Der Waldgeruch hat herbe und milde Nuancen und wir riechen, wenn wir die frische kühle Luft des Waldes einatmen, eine Umgebung die uns im Inneren vertraut erscheint. Es ist die Urvertrautheit bei sich selbst zu sein. Noch sind unsere Schritte ein wenig ungeübt. Und ohne es zu Wissen, wird jeder Schritt den wir machen von vielen Augen genau beobachtet. Wir sind es nicht gewohnt auf unebenen, weichen und feuchten Böden zu gehen. Hier und da stolpern wir über die hervorstehenden Äste und verletzen uns an ihnen. Gelegentlich rutschen wir aus und fallen tollpatschig hin. Beim Vorbeistreifen spüren wir den Pieks der Brombeerbüsche, wenn sich ein Dorn in unsere Haut hineingebohrt hat. Vielleicht will uns der Wald sagen: „Bei uns seid ihr willkommen, solange uns euer Verhalten passt. Hütet Euch jedoch vor unvorsichtigen Fehltritten. Eineinziger kann zum Zorn der Gemeinschaft führen.“ Wir sollten nicht nachtragend sein - auch dann nicht, wenn vielleicht mal ein Insekt zugebissen oder gestochen hat. Ähnlich wie der Wald, haben auch wir Menschen sehr effektive Eintritts- und Schutzbarrieren, die auch uns vor ungebetene Gäste oder besser gesagt; Eindringlingen bewahren. An vorderster Front stehen die Eigenschaften unserer Haut und Schleimhäute die uns vor krankmachenden Einflüssen schützen. Im Körperinneren hält sich eine komplexe Armada von Abwehrmechanismen zur Verfügung. So wiederholen sich die Prinzipien des Lebens innerhalb der Natur in unterschiedlichster Art und Weise. Ob der moderne Mensch im Wald tatsächlich noch willkommen ist, scheint allerdings fraglich zu sein. In einem intakten natürlichen Wald, fällt mir keine nützliche Funktion ein die wir Menschen noch hätten. (Die Maßnahmen im Wirtschaftsforst sind lediglich ein notwendiger Kompromiss). Insofern, sind wir eher geduldete als willkommene Fremdlinge. Wenn wir lediglich harmlose Fremdlinge bleiben und uns nicht wie Eindringlinge verhalten, ist nichts dagegen einzuwenden, den Wald hin und wieder aufzusuchen.

      Langsam gewöhnen wir uns an die Gegebenheiten des Waldes. Allmählich erwacht in uns ein Gespür für die Erscheinungen der Natur. Das Belebte und das Unbelebte, die vielfältigen Formen und Farben, das Licht und die Schatten, die Bewegungen die wir wahrnehmen, die Luft die wir atmen, alles wirkt zusammen und reflektiert die Einheit einer abgestimmten Harmonie des Werdens und Vergehens. Uns wird bewusst, wie nahe lebendig sein, sterben und Tod beieinander liegen, denn diese sind unabdingbare Voraussetzungen für das gestaltete Leben im großen Kreislauf der irdischen Natur. Es sind zusammenwirkende Energien, die auch in uns Menschen wirken. Wie ein Schlüssel öffnet der Wald unsere innere Welt und vereint sie mit der Natur. In uns erwacht die Bewusstheit ein Teil dieser Vollkommenheit zu sein. Wir lernen die Zusammenhänge kennen und spüren die wohltuende Vielfalt in einer unfassbaren Einheit. Die Augen die uns immer noch im Visier haben erkennen wir nun auch. Es sind die uns misstrauisch beobachtende große und kleine Waldbewohner. Wie verschmolzen sind sie eingepasst in ihrer heimatlichen Umgebung. Überall im Wald wiederholen sich ihre Formen und Farben tausendfach. Wenn sie sich bewegen, so scheinen sie sich aus ihrer unmittelbaren Umgebung wie aus dem Nichts zu lösen. Zwischen dem Gesträuch sind die dunklen Augen eines scheuen Rehs auf uns gerichtet. Einen kurzen Moment verharrt es noch und dann springt es davon. Bis dahin genauso unsichtbar, lösen sich zwei weitere Rehe aus ihrer Deckung und springen hinterher. Geschmeidig gleiten sie nahezu geräuschlos durch den Wald. Nirgendwo stoßen sie an und nirgendwo stolpern sie drüber. Wie lebendige Puzzelteile passen sie perfekt in das Gefüge ihrer Umgebung und sind für die Fortbewegung in dieser Umwelt ideal gestaltet. Wer weiß, vielleicht sind wir irgendwann schon mal an irgendwelche unauffälligen Erdhügel vorbeigegangen, ohne es bemerkt zu haben, dass diese in Wirklichkeit keine Erdhügel, sondern Wildschweine waren. Regungslos verharren sie in ihrer vertrauten Umgebung. Ihre Borsten haben den Anschein von

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