Im Sturzflug nach Merkwürdistan. Frank Sommer
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Wenn man seinen Flug nicht antreten kann, so ist dies möglicherweise nicht nur der Auslöser für Stress und Ärger, sondern auch eine Gelegenheit für nette Bekanntschaften. Uwe zum Beispiel hätte ich niemals kennengelernt, wenn ich nicht dieses Problem mit meinem Rückflug von Genf nach Hause gehabt hätte. Ich hatte eine Woche lang in der französischen Schweiz gearbeitet und freute mich nun auf eines dieser rar gesäten Wochenenden zu Hause. Obwohl ich schon rechtzeitig fertig war, sollte mein Flug nach Hause erst abends um 20:10 Uhr starten. So saß ich den ganzen Nachmittag und Abend recht nutzlos am Flughafen herum und freute mich umso mehr auf die Heimat. Nach einem laaaangen und laaaangweiligen Nachmittag hypnotisierte ich voller Vorfreude den Monitor mit den Abflugzeiten, wo nach und nach alle Flüge vor und nach acht Uhr abends den Hinweis „pünktlich“ oder „fünf Minuten verspätet“ erhielten. Nur mein Flug blieb jungfräulich und ohne Hinweis. Das machte mich stutzig. Gegen halb sieben rief ich die telefonische Flugauskunft meines Zielflughafens an, wo der Flug um 18:05 Uhr in Richtung Genf starten sollte. Auf meine Anfrage hin wurde mir mitgeteilt, dass das Flugzeug zwar pünktlich in Richtung Genf gestartet sei, jedoch außerplanmäßig wieder zu seinem Ausgangsort umgekehrt sei und dort gleich wieder landen werde. Genaueres wisse man nicht. Genaueres musste man auch nicht wissen, denn das kleine Einmaleins genügte bereits, um sich auszurechnen, dass ein Ersatzflugzeug nicht mehr rechtzeitig nach Genf fliegen könnte, um von dort aus noch vor der nächtlichen Schließung des Flughafens bei mir zu Hause zu landen. Mit anderen Worten: Ich war mir sicher, dass mein Flug gestrichen werden würde. Man kommt sich echt bescheuert vor, den ganzen Nachmittag auf einen Abendflug zu warten, der dann kurzfristig gestrichen wird. Aber immerhin hatte ich einen Informationsvorsprung und hastete mit diesem von meinem Warteraum zum Informationsschalter, um herauszufinden, ob ich mit meinem Ticket spontan wenigstens noch auf irgendeinen anderen Flug in Richtung Deutschland umbuchen könnte. Als einziges kam Düsseldorf in Frage. Während meiner diskussionsreichen Umbuchung wurde ein anderer Fluggast auf die Problemlage aufmerksam. Uwe wollte auch mit derselben Maschine fliegen wie ich und erfuhr erst durch mich, dass der Flug mit Sicherheit nicht mehr stattfinden würde. Spontan bildeten wir eine Schicksalsgemeinschaft und beschlossen, gemeinsam nach Düsseldorf zu fliegen und uns von dort nach Hause durchzuschlagen. Diesen Plan setzten wir genauso um und landeten zunächst um 21:30 Uhr in Düsseldorf. Es dauerte eine Weile, bis wir einen Mietwagen organisiert hatten und schließlich kamen wir endlich gegen 3 Uhr am Samstagmorgen zu Hause an. Wenn man mir einen Flug am frühen Nachmittag nach erledigter Arbeit von Genf mit Umsteigen in Frankfurt gebucht hätte, wäre ich vielleicht um 17 Uhr zu Hause gewesen. Aber irgendwie wäre es auch schade gewesen, Uwe nicht kennenzulernen. Trotzdem, das nächste Mal machen wir das einfach besser. Übrigens Uwe, falls du dies hier liest: Deine Idee, die Benzin- und Mietwagenkosten deiner Firma in Rechnung zu stellen, fand ich super. Schade nur, dass du mir niemals - wie versprochen - meinen Teil des Geldes zurück überwiesen hast. Das nächste Mal, wenn ich dich gestrandet an irgendeinem Flughafen aufgabele und dich mit meiner rettenden Idee beschenke, werde ich dich höchstens am Abschleppseil festgeknotet hinter meinem Auto her rennen lassen – den ganzen Weg bis nach Hause!
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