winterZAUBER. Fee-Christine Aks

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winterZAUBER - Fee-Christine Aks

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die Dörfer und Städte, durch Wiesen und Wälder, über Flüsse und Seen, und puste mit sanfter Gewalt, um die Menschen auf einander aufmerksam zu machen und sie näher zusammen zu bringen. Ein paar Mal habe ich beobachtet, wie sie tatsächlich etwas freundlicher miteinander umgegangen sind. Aber ich habe nie lange genug verweilen können, um zu sehen, ob sie sich länger als einen Augenblick daran erinnert haben, dass sie alle Menschen sind, sich um einander kümmern und zusammenhalten sollten…“

      Die kleine Schneeflocke spürte, wie der Schimmer von Optimismus verflog, der sie bei den ersten Worten des freundlichen Westwindes ergriffen hatte. Sie fühlte sich schwer werden, als die Traurigkeit über das Schicksal der Welt und der Menschen von ihr Besitz nahm. Sie sank tiefer hinab, den Hagelkörnern entgegen, die zuunterst in der Wolke dahintrieben.

      Im grauen Tageslicht konnte die kleine Schneeflocke unter sich eine braun-graue Landschaft erkennen, die nur hier und da von blaugrauen Bändern eines Flusses durchzogen wurde. Grüngraue Wälder und abgeerntete Felder zogen unter ihr vorbei, einsam und trostlos.

      Als die Wolke sich einer Stadt der Menschen näherte, hoffte die kleine Schneeflocke für einen Moment, dort vielleicht ein paar von den guten Menschen zu sehen, von denen der Westwind gesprochen hatte.

      Doch obwohl die Häuser festlich mit Licht und allerlei Tannenzweigen geschmückt waren, konnte die kleine Schneeflocke nur eine Handvoll Menschen auf der Straße sehen. Dick verhüllt mit allerlei wärmender Kleidung schlichen sie einzeln durch die stillen grauen Straßen. Sie liefen vorbei an einer jungen Mutter, die ihr frierendes Kind im Arm wiegte und sich bemühte, mit einer Hand einen kleinen Tannenbaum hinter sich herzuziehen. Niemand half ihr, sodass sie den ganzen langen Weg allein bestreiten musste, bis sie schließlich die Treppe zu einem kleinen ärmlichen Häuschen erreichte und den Baum ächzend hinaufzog. Die kleine Schneeflocke konnte gefrorene Tränen auf denen Wangen der jungen Frau glitzern sehen.

      „Warum hilft ihr denn keiner?“ fragte sich die kleine Schneeflocke. „Sehen sie denn nicht, dass die junge Frau ganz allein, einsam und traurig ist und Hilfe braucht?“

      Doch die anderen Menschen unten auf den Straßen hatten die junge Frau nicht wahrgenommen. Sie waren gleichgültig ihrer Wege gegangen und hatten sich nur um sich selbst gekümmert.

      „Es ist an der Zeit“, hörte die kleine Schneeflocke den Westwind rufen.

      Der Wind blies sanft durch die Straßen, um die Menschen näher zu einander zu bringen und aufeinander aufmerksam zu machen. Doch sie ignorierten den leichten Windhauch genauso wie sie die junge Frau ignoriert hatten.

      Die kleine Schneeflocke spürte, wie die Hagelkörner unter ihr sich bereit machten. Sie konnten es kaum erwarten, auf diese gleichgültigen Menschen herab zu prasseln und sie aus ihrer Lethargie aufzuwecken.

      Aus der Ferne kam ein seufzender Ruf, den die kleine Schneeflocke erst beim Näherkommen als die tiefe kalte Stimme des eisigen Nordwindes erkannte. Er blies durch die Straßen, um die Menschen frieren zu machen und sie näher zusammen rücken zu lassen. Doch die Menschen unter auf dem harten Straßenpflaster stemmten sich nur unbeeindruckt gegen den eisigen Nordwind und gingen gleichgültig ihrer Wege. Sie hielten nicht einmal inne, als die Hagelkörner auf sie herab prasselten. Ob sie die harten Kügelchen aus Eiskristallen überhaupt spürten?

      Die kleine Schneeflocke wurde immer trauriger, je weiter sie mit der Wolke flog. Während sie den Hagelkörnern hinterher sah, beobachtete sie, wie die Menschen einzeln und ohne sich um andere zu kümmern umhergingen.

      Sie gingen vorbei an einem alten Mann, der mit einer dünnen, zerlumpten Jacke unter einer alten Zeitung in einem Hauseingang kauerte. Er hatte die Beine dicht an den dünnen Körper gezogen und hielt einen mageren Hund dicht an sich gepresst, um sie beide so gut es ging vor dem eisigen Nordwind zu schützen. Ihre Augen blickten müde und traurig in den Abend hinaus.

      Zwei kleine Kinder standen mit großen hungrigen Augen vor einem erleuchteten Fenster und starrten auf das, was darinnen lag. Im Vorbeifliegen verspürte die kleine Schneeflocke einen warmen Hauch, in dem der Duft von Gewürzen mitschwang. Zimt, Kardamom und Nelken.

      Die Wolke sank langsam tiefer, den Dächern der Häuser entgegen. Schwerer und schwerer fühlte sich die kleine Schneeflocke. Bedrücktes Schweigen herrschte unter den Flocken, die aufmerksam das Treiben in den Straßen beobachteten, während der eisige Nordwind sie weiter und immer weiter durch die Stadt blies.

      Einmal frohlockte die kleine Schneeflocke. Sie sah, wie eine ältere Frau etwas vom Boden aufhob, das ein weinendes Kind verloren hatte. Die Frau sprach beruhigend auf das Kind ein, als es das bunte Etwas entgegen nahm und sofort in den Mund steckte. Dann aber ging die Frau weiter, unbeeindruckt von dem älteren Paar, das hilfesuchend nach etwas fragte, und einem weiteren Kind, das sie mit bittend ausgestreckter Hand zaghaft ansprach, mit einem Kopfschütteln auswich.

      Ein weiterer Hagelschauer ging auf die Straße hernieder, als der eisige Nordwind erneut kräftig gegen die Wolke blies und sie tiefer in die Häuserschluchten sinken ließ. Die kleine Schneeflocke fühlte sich unglücklich und traurig wie nie zuvor in ihrer Existenz. Am liebsten wäre sie zurückgekehrt, in den hohen Norden, wo sie geboren worden war. Wie schön war es gewesen, im Kreise ihrer Schwestern und Brüder aus Eiskristallen zu entstehen und eine Gemeinschaft zu bilden.

      „Seht mal da!“ erklang da plötzlich die feine Stimme einer anderen Flocke.

      Die kleine Schneeflocke wusste sofort, was die Andere meinte. Die Wolke trieb auf einen großen Platz zu, in dessen Mitte ein riesiger, festlich geschmückter Tannenbaum glänzte. Rings herum standen viele hölzerne Buden, vor denen sich Menschen zusammen gefunden hatten. Sie alle hielten etwas in der Hand, aus dem es warm dampfte. Sie lachten und tranken einander zu. Doch sie berührten sich nicht. Sie machten nur den Anschein einer Gemeinschaft. Denn zwei Männer, die sich eben noch zu geprostet hatten, lagen den Bruchteil einer Sekunde später miteinander kämpfend auf dem harten Boden. In ihren blassen Gesichtern leuchtete eine gerötete Nase mit dem wütenden Feuer in ihren Augen um die Wette, als sie kräftig auf einander einschlugen.

      „Es gibt keine guten Menschen mehr“, dachte die kleine Schneeflocke betrübt. „Sie sind alle herzlos, kalt und gleichgültig.“

      Doch da fielen die letzten Hagelkörner auf die Kämpfenden herab und trafen sie genau auf die geröteten Nasen. Nach einer Schrecksekunde hielten die beiden Männer inne und sahen sich verblüfft an. Als die Wolke bereits weitertrieb, gaben sich die eben noch so wild gegeneinander Schlagenden die Hand und halfen sich mit einem verlegenen Lächeln beim Aufstehen.

      Die kleine Schneeflocke staunte. Im Davontreiben und dem dämmrigen Licht des Abends glaubte sie zu erkennen, wie sich die beiden Männer verzeihend in die Arme fielen. Vielleicht waren die Menschen nicht durch und durch böse? Vielleicht waren sie einfach nur zu kalt geworden?

      Der eisige Nordwind seufzte und blies die Wolke ein letztes Mal mit kräftigen Lungen voran. Die kleine Schneeflocke spürte, wie der freundliche Westwind sanft gegen die Wolke pustete und die letzten Eiskristalle zu Schneeflocken formte. Dann löste sich die Wolke auf.

      „Gute Reise!“ riefen sich die Flocken untereinander zu.

      Sie alle spürten die Trauer, die dieser Abschied bedeutete, aber auch die Neugier auf den Weg, den jede einzelne von ihnen nun zurücklegen würde. Die kleine Schneeflocke verspürte ein leichtes Ziehen, als der letzte Hauch des freundlichen Westwindes sie in die Dämmerung entließ.

      Eine Weile flog sie hinter einigen anderen Flocken her, die ungeordnet um ein paar Häuser wehten, eine Straße hinauf, die nächste hinunter. Dann wurden die anderen Flocken in alle Richtungen verstreut, sodass die kleine Schneeflocke allein

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