Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1. Sophie Lang

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Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1 - Sophie Lang

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Tag daran. Ich sehe sie jeden Morgen im Spiegel, aber sie ist nur eine von vielen. Ich fasse an meinen Bauch. Eine von vielen wunderschönen Narben; Tattoos.

      Jemand nähert sich der Krankenstation. Am Klang seiner Schritte erkenne ich Jesse und bevor er die Tür öffnet, schließe ich meine Augen und stelle mich schlafend. Ich höre, wie er den Raum betritt, die Tür behutsam hinter sich schließt und sich dann den Geräten widmet, an denen ich angeschlossen bin. Irgendetwas scheint ihn zu irritieren. Er fummelt an dem Schlauch, der an meinem Handrücken austritt, herum und prüft, ob er richtig sitzt, und drückt dann wieder ein paar Knöpfe an dem Monitor über meinem Kopf, der meine Lebenszeichen überwacht. Er nimmt meine Hand in seine Hand. Ich spüre seine Finger, wie sie mein Handgelenk umfassen, und muss mir eingestehen, dass ich es mag, wenn er mich so berührt.

      Wir berühren uns häufig, das ist nur logisch, weil wir im Team die Bestien jagen.

      Jesse ist ein fantastischer Fernkämpfer und ich bin seine Nahkämpferin, sein Engel, wie er mich immer nennt. Wir berühren uns auf der Jagd ständig. Wenn wir uns in einem engen Keller verstecken, wenn wir uns über Mauervorsprünge helfen oder wenn er mich, wie es jetzt wohl geschehen war, in das Skygate zurückgetragen hat.

      Aber diese Berührung ist anders, sie hat fast etwas Zärtliches. Aber für Zärtlichkeiten darf es in unserer Welt keinen Platz geben. Das Wagnis ist zu groß, am nächsten Morgen aufzuwachen und allein zu sein, seinen Liebsten an die Bestien verloren zu haben, oder an die Sektion. Jesse und ich sind Freunde, mehr nicht. Aber in einer anderen Welt und unter anderen Umständen wären wir womöglich ein Paar. Darüber denke ich oft nach. Ständig, um genau zu sein.

      Ich spüre meinen eigenen Puls, wie er gegen seine Finger pocht, so als wäre es ein kleines Lebewesen, das auf sich aufmerksam machen möchte. Jesse hat Verdacht geschöpft, er ist nicht dumm, das muss ich einräumen.

      „Du bist wunderschön“, flüstert er. Vertraut er tatsächlich darauf, ich könnte ihn nicht hören?

      Ich halte meine Augen fest verschlossen, aber ich kann das winzige Grinsen nicht davon abhalten, sich über meine Lippen zu legen.

      „Ich wusste es!“, schimpft Jesse, doch ich höre es an der Melodie seiner Stimme, wie er sich freut. Er ist glücklich, dass ich wach bin, und ich grinse noch etwas breiter.

      Ein Gedanke taucht plötzlich auf und verirrt sich in dem Labyrinth meines komplizierten Gehirns.

      Es wäre so schön, wenn er mich wachküssen würde. Nur ein kleiner Kuss auf die Stirn und ich würde sofort meine Augen öffnen.

      Nur ein Einfall, den ich gleich wieder in eine Sackgasse verscheuche. Weil er nicht erlaubt ist, weil ich ihn nicht zulassen kann, und dann hebe ich mein linkes Augenlid an. Das Licht der LEDs blendet mich unangenehm und ich muss ein paar Mal blinzeln, jetzt mit beiden Augen, bis ich Jesses Gesicht klar über mir ausmachen kann.

      „Hast du wirklich gedacht, ich merke es nicht, wenn du mich veräppeln willst?“, fragt Jesse.

      „Mhm, ein Versuch der Schiffbruch erleidet, ist immer noch besser, als es nicht gewagt zu haben.“ Jesse lacht.

      „Schön, dass du wieder unter den Lebenden bist. Wie fühlst du dich?“, meint er besorgt und klingt genau so, wie ich Jesse kenne.

      „Der Doc hat mich ganz gut zusammengeflickt. Gut, dass wir in einer Zeit geboren sind, in der man kaputte Dinge repariert, anstatt sie wegzuwerfen.“ Jesse schaut mir in die Augen, dann schüttelt er den Kopf - zweimal.

      „Du solltest lernen, mit dem Bogen umzugehen oder mit einem Schießeisen, dann hätte sie weniger zu tun.“

      „Ich bin mit dem Bogen ziemlich mies und habe noch nie ein Gewehr benutzt! Und wer würde dich dann beschützen, wenn die bösen Bestien kommen?“, scherze ich, aber Jesse ist kein Lächeln zu entlocken.

      „Engel, das war verdammt knapp.“

      „Ist es das nicht immer?“

      „Hättest du Platz gemacht, damit ich schießen kann, dann hätte ich sie erledigt.“

      „Und wenn du nicht getroffen hättest, dann hätte sie uns beide erledigt.“

      Es sind immer die gleichen Diskussionen. Wir führen sie immer und immer wieder. Nach jeder Jagd, und wir wissen beide, da bin ich mir sicher, dass sie zu nichts führen.

      Wir wurden von unseren Ausbildern trainiert, in Sekundenbruchteilen das Kampfgeschehen zu erfassen und dann instinktiv zu handeln. Wäre das nicht so, dann wären wir längst tot, denn wir haben keine Wahl. Jedem in unserem Team wurde eine Rolle zugewiesen und das haben wir nicht selbst zu entscheiden. Das entscheidet allein die Sektion 0.

      Sie hat entschieden, dass Asha unser Doc ist, Jesse der Fernkämpfer und ich der Nahkämpfer. Keiner kann aus seiner Rolle schlüpfen und sich vielleicht eine harmlosere erwählen. Würde er das tun, dann flöge er aus dem Team.

      Jesse hält immer noch mein Handgelenk fest. Seine Finger sind ganz warm und ich blicke zu ihm auf.

      „Wie lange war ich bewusstlos?“

      „Drei Tage!“, sagt er nachdenklich.

      „Und du?“, frage ich.

      „Ich war bei dir, wann immer es Asha erlaubt hat. Sie meinte, der Tod hat an deine Tür geklopft, aber du hast ihm nicht aufgemacht. Mensch Freija, du hast so viel Blut verloren. Zum Glück verträgt dein Körper die synthetischen Blutreserven so gut. Asha meinte, wir haben von deinen Eigenblutspenden nur eine Einzige angerührt. Es fließt jetzt roter Konservensaft durch deine Adern. Kein Wunder, hörst du dich so blechern an.“

      Er lächelt, schaut aber gleich wieder todernst.

      „Wir haben eigentlich erst in drei Tagen mit dir gerechnet. Die Bestie hat dich übel zugerichtet. Ich soll dir von Asha ausrichten, dass Heldenhaftigkeit eine Todesart ist und keine Lebensart.“ Ich lächle vor mich hin, während mir Jesse den Schlauch aus dem Handrücken herauszieht und den Monitor über meinem Kopf abschaltet.

      „Darfst du das denn?“

      „Asha meinte, dass sei das Erste was ich tun soll, weil du sowieso gleich aufstehen würdest.“ Gute, alte Asha. Sie versteht mich besser als jeder andere im Skygate. Auch besser als Jesse. Plötzlich knurrt es in meinem Bauch.

      „Ich habe Hunger. Mein Magen knurrt“, sage ich jetzt.

      Jesse nickt und legt mir einen weißen Bademantel auf das Bett.

      „Das Magenknurren steht nicht für Hunger, sondern kommt aus dem Darm und bedeutet, dass er beginnt sich selbst zu reinigen.“

      „Jesse könntest du dir das bitte abgewöhnen, so ein alter Klugscheißer zu sein.“

      „Ich sage Gouch Bescheid. Erst einmal etwas leicht Verdauliches für den Anfang“, mit diesen Worten verlässt er pikiert die Krankenstation.

      Ich habe es gerade geschafft, mich aufzusetzen und mir den Bademantel umzulegen, als Asha ins Zimmer kommt. Sie sieht todmüde und schwermütig aus.

      „Freija? Freija!“, rügt sie mich. „Du sollst doch warten, bis ich dich durchgecheckt habe!“

      Ich werde es wahrscheinlich

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