Schleuderkurs. Christina Hupfer

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Schleuderkurs - Christina Hupfer страница 8

Автор:
Серия:
Издательство:
Schleuderkurs - Christina Hupfer

Скачать книгу

gehört Ihnen. Bitte rufen Sie umgehend diese Nummer an: 01516...

      Na, das ist wenigstens originell. Es fällt ihnen doch immer wieder was Neues ein. Oder hat das eventuell mit der unerklärlichen Überweisung auf mein Konto zu tun? Ich kann mich aber nicht erinnern in letzter Zeit bei einem Preisausschreiben mitgemacht zu haben. Vielleicht — war da nicht mal so eine Befragung, bei der ich es nicht fertig gebracht habe, die Person abzuwimmeln? Jetzt will ich es doch wissen und suche nach meinem iPhone. Wo hat sich das blöde Teil nur wieder versteckt?

      Ich wähle die ersten Ziffern, dann überlege ich es mir anders. Zu viele Warnungen vor zu vielen Betrügereien haben mich sensibilisiert. Aber die Neugier siegt. Ich krame mein altes Handy hervor, in dem noch eine Prepaidkarte mit etwas Guthaben steckt und rufe an. Es klingelt kurz, dann höre ich eine künstliche Computerstimme: „Verehrte Frau Werner, bitte passen Sie sehr gut auf, diese Ansage wird in zehn Minuten gelöscht.“

      Was war denn das? Ein Anrufbeantworter?

      Nach einer kurzen Pause spricht die blecherne, Stimme weiter: „Frau Werner, wie wir bemerkt haben, haben Sie sich entschlossen, unser kleines Geschenk anzunehmen. Es wurde von Ihnen bisher nicht zurückgegeben. Sie dürfen es gerne behalten. Wir erwarten nun von Ihnen im Gegenzug eine kleine Gefälligkeit. Nichts Großartiges. Sie erhalten in den nächsten Tagen per Post eine SD-Speicherkarte. Diese werden Sie in den PC in ihrem Besprechungszimmer einstecken. Das ist alles. Es kommen keine weiteren Forderungen auf Sie zu. Im Gegenteil. Sie werden das gleiche Geschenk noch einmal erhalten. Wir weisen Sie jedoch freundlichst darauf hin, dass Sie nicht versuchen sollten, diese Aufforderung zu ignorieren, Sie würden sich keinen Gefallen damit tun. Das versichern wir ihnen. Die Compliance-Abteilung Ihrer Firma würde sich ansonsten sicher gerne mit Ihrem Konto beschäftigen. Korrupte Mitarbeiter aufzuspüren ist ihnen ein Vergnügen. Wir haben auch sonst noch weitere Möglichkeiten, Ihnen die größten Unannehmlichkeiten zu bereiten.

      Sie können diese Ansage noch einmal abhören. In fünf Minuten wird sie gelöscht.“

      Kapitel 5

      Brief und Handy zittern in meinen Händen. Ich kann das alles nicht begreifen.

      Gott sei Dank! Ich atme keuchend aus. Zum Glück habe ich am vergangenen Donnerstag nicht kehrt gemacht. Ich habe immer noch Herrn Bäuerles wohlwollendes Gesicht vor Augen, wie er mich das Formular zur Rückgabe dieser Fehlüberweisung ausfüllen ließ, während er für seine Unterlagen eine Kopie von meinem Kontoauszug anfertigte. Wie er unruhig auf die Uhr schaute als er mir anschließend den Disporahmen erweiterte. Ich hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft, denn seine Kollegin schloss bereits den Schalterraum ab, und ich musste die Bank durch den Seitenausgang verlassen.

      Diese Nachricht. Mir wird schlecht. Das ist doch ungeheuerlich. Ich muss das melden! Aber die Ansage wird in ein paar Minuten nicht mehr existieren, hat die Stimme gesagt.

      Ich tippe mindestens fünfmal daneben, bis ich an meinem Laptop das Radio ausschalten und die Film-Aufnahme-Funktion aktivieren kann. Dann drücke ich mit fliegenden Fingern auf meinem Handy die Wahlwiederholung und stelle den Lautsprecher auf Mithören: „Verehrte Frau Werner, bitte passen Sie sehr gut auf...“

      Während diese unglaublichen Worte ertönen, filmt mein Laptop mich mit meinem Handy. Danach sitze ich auf meinem Stuhl und kann mich nicht rühren, denke immer wieder nur: Gott sei Dank!

      Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt habe frage ich mich: was war denn das?!!! Inzwischen muss der, wer auch immer aus mir eine Spionin machen will, hoffentlich gemerkt haben, dass ich die gesamte Summe zurückgegeben habe. Er wird mir diese verdammte Speicherkarte nicht schicken, und ich bin für ihn deshalb auch keine Gefahr. Ich habe ja nur diese seltsame Gewinnbenachrichtigung in der Hand. Er weiß nichts von meiner Aufnahme. Er muss denken, falls ich jemandem davon erzählen würde, dass niemand es ernst nähme. Ich hätte ja nicht die geringsten Beweise.

      Aber ich muss doch mit jemandem darüber sprechen. Mit wem von der Firma? Mit einem von der Abteilung Compliance? Ich weiß nicht recht. Doch zu wem soll ich gehen? Wenn der oder diejenigen, die das angeleiert haben, mich dabei beobachten sollten, würden die das sicher nicht besonders lustig finden.

      Onkel Martin! Unser langjähriger Nachbar, ein Kriminalrat a. D., der mich als Kleinkind schon auf seinen Knien geschaukelt hatte, fällt mir ein. Natürlich, zu wem denn sonst?! Morgen in aller Frühe werde ich ihn anrufen. Vielleicht nicht gerade von diesem Handy, das ich immer noch wie ein giftiges Insekt in der Hand halte. Es wäre sicher besser, die Telefonzelle im Bahnhof zu benutzen, wenn ich Frühstücksbrötchen hole. Da gibt es, soviel ich weiß, noch eine. Bei diesem Gedanken überkommt mich eine unsagbare Erleichterung und gleichzeitig vollkommene Erschöpfung. Ich will nur noch ins Bett, und es gelingt mir tatsächlich, zu schlafen.

      Kapitel 6

      Auf der hohen Birke, deren Blätterschatten über mein Gesicht huschen, singt eine Amsel. Schnelle Schritte auf hartem Asphalt. Der hustende Anlasser eines alten Autos echot zwischen Hausmauern. Morgengrüße.

      Ich bin hellwach. Durch die offene Tür sehe ich die abgeschliffenen Hölzer, die auf ihren Anstrich warten. Die ersten Sonnenstrahlen beleuchten die Wand, vor die ich die beiden Sessel mit den klobigen Holzlehnen und den rostroten Polstern stellen will. Ich beschließe, diese Seite des Wohnzimmers in einem dazu passenden Rotton zu streichen. Einen Teil der dreihundertfünfzig Euro, die mir mein Kleid eingebracht hat, das ich gestern noch mit großem Unbehagen zurücktrug, habe ich in ein paar Dosen mit wunderschönen Farben umgesetzt.

      Als ich später die Pinsel auswasche und die cremefarbenen Lehnen betrachte, durch die das rötlich braune Holz schimmert und die den Polsterstoff zum Leuchten bringen, freue ich mich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder wie ein Kind. Die Erinnerung an den Brief ist über Nacht verblasst und wirkt bei Tageslicht nicht mehr ganz so bedrohlich. Aber ich nehme mir trotzdem vor, Onkel Martin zu informieren.

      Es ist schon nach zehn Uhr als mein Magen knurrend protestiert, weil er bisher nur eine Tasse Kaffee bekommen hat. Auf dem Weg zum Bäcker — jetzt vermisse ich mein Auto doch, Fitness gut und schön — marschiere ich am Bahnhof vorbei. Denn irgendwie ist mir die ganze Geschichte, auch wenn ich sie heute Morgen erfolgreich verdrängt habe, immer noch unheimlich. Ich will nicht mit einem Polizisten von meinem Handy aus telefonieren, auch nicht mit einem schon lange pensionierten. Die vielen Krimis die ich gelesen habe, rächen sich nun.

      Leider erreiche ich nach ewigem Läuten nur seine Haushälterin. Emma Klawuttke, die mich in meiner Kinderzeit immer sehr verwöhnt hatte, lässt sich anmerken, was sie davon hält, dass ich mich schon lange nicht mehr hatte blicken lassen. Sie fertigt mich kurz ab: „Herr Kramp ist gerade vorher abgereist. Herrenausflug. Mittwoch in acht Tagen ist er zurück.“

      „Das ist ja noch ewig“, entfährt es mir.

      „Vorher ist er nicht zu erreichen.“

      Sie hat einfach aufgelegt! Aber es reicht bestimmt, wenn ich ihm nach seiner Rückkehr davon berichte. Das alte Handy, das ich sowieso nicht mehr brauche, werde ich, natürlich ohne Karte, in den hintersten Winkel meines Kellers stecken, und die Gedanken daran schiebe ich in den allerhintersten Winkel meines Bewusstseins.

      Wieder zurück, nehme ich drei Treppen auf einmal und kann es kaum erwarten, mit meiner Arbeit weiter zu machen. Kim, in farbverschmierten Latzhosen, hat mich abgepasst und bringt noch ein paar Werkzeuge mit.

      Конец ознакомительного

Скачать книгу