Der kleine Teufel. Hans-Georg Schumann

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Der kleine Teufel - Hans-Georg Schumann

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      »Was ist dann der Unterschied?«, fragte Anna verständnislos.

      Der kleine Teufel seufzte. »Die Götter legen für alle Lebewesen fest, was gut und was schlecht ist. Wir Teufel tun das nur für uns selbst.«

      »Das ist alles?« Anna musste lachen. »Du willst mir doch nicht erzählen, dass das alles ist?«

      »Die Götter wollen über alles bestimmen«, fuhr der kleine Teufel fort, »also auch über uns Teufel. Wir aber wollen selbst entscheiden, was uns guttut und was nicht.«

      »Und deshalb werden die Teufel überall verteufelt?«, fragte Anna und lachte wieder. Der kleine Teufel schwieg.

      »Na ja«, sagte sie dann weiter, »meine Erfahrung mit einem Teufel ist ja auch nicht gerade die beste.«

      Da lächelte sie der kleine Kerl verschmitzt an. Langsam zog er seine Windel aus und warf sie auf den Küchenboden.

      Dann fasste er Anna bei der Hand und zog sie zu sich herunter: »Lass uns eine Reise machen.«

      Anna verstand nicht, was er meinte. Da klammerte sich der kleine Teufel an sie und forderte sie auf: »Leg deine Arme fest um mich.«

      Anna wurde warm und heiß. Sie zögerte. Da ließ der kleine Teufel sie wieder los.

      »Du musst nicht, wenn du nicht willst«, sagte er, »Aber ich habe Lust, mit dir eine Reise in die Zeit zu machen.«

      »Ich weiß gar nicht, was du damit meinst«, stammelte Anna. »Dann komm einfach mit«, lächelte der kleine Teufel, »oder lass es bleiben.«

      Er bot Anna seine Arme an. Nur einen kurzen Augenblick noch war Anna unschlüssig, dann zog sie ihn fest an sich und umarmte ihn. Auch er schlang seine Arme um ihren Körper. Ihr wurde zuerst warm, dann allmählich heißer. Sie hatte das Gefühl, langsam vom Boden abzuheben, und wurde dabei immer müder. Schließlich schwanden ihr die Sinne.

      Als sie das Bewusstsein wiedererlangte, hatte der kleine Teufel sie losgelassen und saß ihr gegenüber …

      8. Am Rande des Fegefeuers

      Anna schaute sich um und erschrak. Sie befand sich nicht mehr in ihrer Küche, sondern mitten auf einer Wiese. Um sie herum wuchsen verstreut einzelne Bäume und Büsche. Der Boden unter ihr war feucht und kalt. Und sie fing an zu frieren. Ihr war klar, dass sie träumte, trotzdem wirkte alles so echt, als wäre sie mittendrin in einer anderen Welt oder gar anderen Zeit.

      »Das bist du auch«, riss eine Stimme sie aus ihren Gedanken. Die Stimme des kleinen Teufels.

      Na ja, lächelte Anna vor sich hin, der kleine Wicht gehört eben auch dazu. So wie er in der Wirklichkeit inzwischen fast ständig bei ihr war, so nahm er anscheinend nun auch an diesem Traum teil.

      »Das ist kein Traum«, hörte sie die gedämpfte Stimme des kleinen Teufels.

      In einiger Entfernung konnte sie einen Haufen verkohlter Holzreste sehen, von denen noch Rauch aufstieg. Aus der Mitte ragte ein Pfahl, an dem etwas hing, das bis zur Unkenntlichkeit verbrannt war. Ein Mensch?

      Schön war dieser Traum also nicht. Doch schon fühlte sie sich wieder von den Armen des kleinen Teufels umschlungen.

      »Was ist?«, hörte sie sich fragen. War das immer noch ein Traum?

      »Eine Fehllandung«, war die Antwort des kleinen Teufels, »Das ist meine erste Zeitreise mit dir, da kann schon mal was schiefgehen.«

      Anna wurde warm, dann heißer. Trotzdem legte sie ihre Arme um den kleinen Teufel. Und wieder überkam sie das Gefühl, vom Boden abzuheben. Sie glaubte, nun aus diesem unangenehmen Traum verschwinden und endlich traumlos weiterschlafen zu können.

      Aber es schien gar nicht lange zu dauern, da war sie abermals in diesem Traum. Da war wieder diese feuchte und kalte Wiese, und erneut begann sie zu frieren.

      Anna versuchte zu lächeln. Irgendwie wirkte der Traum so echt, wie sie es eigentlich noch niemals erlebt hatte. Aber ihr Lächeln erstarb sogleich, als der kleine Teufel sie am Arm zog und förmlich fortriss.

      »Komm«, flüsterte er und zerrte sie hinter eine Baumgruppe, drückte sie auf den Boden. »Bleib erst mal ruhig da liegen«, sagte er dann leise und eindringlich.

      Plötzlich verspürte Anna das dringende Bedürfnis, laut und lange zu schreien. Aber da legte jemand beide Hände fest auf ihren Mund. »Sei leise«, raunte er ihr zu.

      Und Anna hörte Schritte und Stimmen. Sie spürte den Wind, roch die Luft. Dann sah sie Menschen, die dicht gedrängt um etwas herumstanden. Nun war sie völlig verwirrt.

      Erst jetzt schaute sie genauer hin, wer da eigentlich bei ihr war. Ein Junge von vielleicht zehn bis zwölf Jahren. Er trug einen ungefärbten Kittel aus grobem Leinen, und hatte ein einfaches Seil als Gürtel um die Bauchmitte gebunden.

      »Was ist los? Wo bin ich? Wer bist du?«, stammelte sie.

      »Gleich drei Fragen«, antwortete der Junge, »Was los ist, wirst du gleich erfahren. Du bist im 16. Jahrhundert. Und ich bin der kleine Teufel.«

      Anna musterte den Jungen eine Weile. Dass der kleine Kerl seine Gestalt ändern konnte, empfand sie nicht mehr als ungewöhnlich. Aber was hatte er noch gesagt?

      »Ich bin im sech-zehn-ten Jahrhundert?« Der Junge nickte.

      »Und wo?«, fragte Anna argwöhnisch.

      »Irgendwo in der Gegend, in der du im 21. Jahrhundert wohnst.«

      »Und diese Leute?« »Die wollen wohl jemanden verbrennen. Vielleicht halten sie ihn für einen Teufel«, bemerkte der Junge.

      Anna richtete sich auf. Mit einem Mal wurde ihr klar: Das alles war kein Traum! Sie war nicht nur auf einer Wiese anstatt in ihrer Wohnung, sie war möglicherweise wirklich in einer anderen Zeit. Und diese Menschen waren offenbar Schaulustige einer öffentlichen Hinrichtung.

      »Aber, aber ...«, stotterte sie, »das dürfen sie nicht!«

      »Doch sie tun es«, bemerkte der Junge, »Was willst du dagegen unternehmen?«

      Anna spürte, wie die Angst in ihr hochkroch. Sie war gar nicht in der Lage zu handeln. Vielmehr hoffte sie, dass alles doch nur ein Traum war.

      »Lass uns hingehen«, sagte der Junge und fasste sie am Arm. »Es fällt schon niemandem auf, wenn wir uns unter die Zuschauer mischen.«

      »Wenn ich schon nichts dagegen tun kann«, sagte Anna, »dann werde ich doch nicht auch noch zuschauen.«

      »Wenn wir aber hinsehen«, sagte der Junge, »fällt uns vielleicht etwas ein, wie wir das Opfer retten können.« Er nahm Anna bei der Hand.

      Nur widerwillig ließ Anna sich mitziehen. Dann mischten sie sich unter die Leute, die johlende Worte in einer Sprache riefen, die Anna nicht verstand.

      Als sie den Blicken der anderen folgte, sah sie einen Scheiterhaufen. Und mittendrin, an einen Pfahl gebunden, stand, nein: hing eine Frau. Sie war mit einem einfachen grauen Kittel bekleidet,

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