Blutiges Verlangen - Erotik. Ivy Mirror

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Blutiges Verlangen - Erotik - Ivy Mirror

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      „Reicht es jetzt?“, wollte Johann wissen und blieb stehen.

      Auch Maries Glieder versagten ihren Dienst für einen Augenaufschlag. „Nein. 30 Fuß hatten wir gesagt. Wer zurückbleibt, hat verloren.“

      Johanns Hände ballten sich zu Fäusten. Er nickte verbissen. „Gut, dann gemeinsam.“

      „Einverstanden“, antwortete Marie. Dabei war sie froh, dass er den Vorschlag gemacht hatte. „Denk einfach an die Belohnung.“

      Doch ihre Worte waren nicht nur an ihn gerichtet, auch sie musste sich Mut zusprechen. Endlich konnte sie sich aus der Starre lösen und weitergehen. Mit jedem Schritt wurde es um sie herum dunkler. Gleichzeitig fasziniert und ängstlich setzte sie einen Fuß vor den anderen. Das Mondlicht fiel nun so durch die Baumkronen, dass man das Gefühl nicht los wurde, durch einen Silberschweif zu marschieren. Dabei fiel ihr gar nicht auf, dass Johann immer weiter zurückfiel.

      „Es ist … es ist …“ Marie fand keine Worte für das Farbenspiel mitten in der Nacht. „… wundervoll“, hauchte sie schließlich und drehte auf dem Absatz.

      Von Johann konnte sie nur noch eine Umrandung erkennen. „Marie!“, schrie er. „Du hast gewonnen!“ Zitterte dieser junge Mann etwa, den sonst nichts aus der Ruhe bringen konnte?

      „Ach, komm schon.“ Sie winkte und lachte auf. Ihre helle Stimme schien von den mächtigen Bäumen zurückgeworfen zu werden. „Du feiges Huhn, es sind doch nur noch zehn Fuß, dann haben wir beide gewonnen!“ Zu ihrer eigenen Überraschung war der Waldrand kaum mehr zu erkennen.

      „Nein“, schrie Johann entschieden, sah sich um und ging rückwärts. „Dieser Wald scheint zu leben. Kehre auch um, Marie. Ich bitte dich!“

      „Damit du die Wette gewinnst?“ Sie gluckste vergnügt. „Auf keinen Fall.“

      Johann verschwand ganz allmählich im Schatten, seine Stimme wurde so leise, bis sie plötzlich ganz versiegte. „Marie, der Wald ist gefährlich, bitte …“

      „Hosenscheißer“, wisperte sie und sah nach vorne. Ein leichter Nebel legte sich um ihre Füße wie eine durchsichtige Schlange und ließ das wenige Mondlicht hell erstrahlen. Nebel am Abend? Was war das nur für ein geheimnisvoller Ort? Langsam schlich sie weiter, während der Nebel um ihre Schuhe quoll. Nach wenigen Herzschlägen meinte sie, die 30 Fuß problemlos erreicht zu haben.

      „Ich bin im Wald“, schrie sie und drehte ihren Kopf zu ihren Freunden. Doch da war niemand mehr. Der Waldrand, der sich eben noch schemenhaft abbildete, war von der Dunkelheit verschluckt worden und aufkommender Nebel verwirrte ihren Blick. „Hallo?“

      Marie sah sich um und ging in die Richtung, von der sie meinte, gekommen zu sein. Erst lächelte sie noch und rief freudestrahlend, dann beschleunigte sich ihr Schritt. „Hallo? Ich habe es geschafft, wo seid ihr?“ Maries Beine begannen schneller zu laufen. Das waren definitiv mehr als dreißig Fuß.

      Viel mehr.

      Und noch immer konnte sie nichts erkennen. Alles sah gleich aus. Riesige Bäume, leichter Nebel, sattes, grünes Moos und vereinzelte Mondstrahlen, die durch die Kronen rieselten.

      Maries Herz begann wie wild zu pochen. Überhastet sah sie sich um und versuchte einen bekannten Ort auszumachen. Da war nichts, gar nichts. Sie presste die Hände auf die Lippen, um sich selbst das Atmen zu verbieten, und hoffte inständig, den Ruf ihrer Freunde ausmachen zu können.

      Die Stille schmerzte wie hundert Messerstiche.

      Das konnte doch nicht sein. Hatten die barmherzigen Götter sie im Stich gelassen? Marie versuchte die wachsende Panik herab zu kämpfen. Noch einmal sah sie sich um. Kam ihr dieser riesige Stein nicht bekannt vor? Sie war doch eben an einem ähnlichen Geröllhaufen vorbeigelaufen. Ohne einen weiteren Herzschlag zu verlieren, nahm sie die Beine in die Hand und spurtete in die Richtung, in der sie den Ausgang vermutete. Von der Kraft der Verzweiflung getrieben, schoss sie über kleine Bäche hinweg, Stock und Stein nahm sie wie ein junges Rehkitz, ihren Arbeitsrock dabei fest gerafft. Sie bemerkte, wie ihr Busen beinahe aus der Bluse hüpfte, schnürte sie im Laufen enger und sah sich nicht ein einziges Mal um, als bis ihre Lungen brannten und ihr Gesicht glühte.

      Wieder schoss ihr Gesicht in alle Richtungen. Bei den Göttern, sie war minutenlang gelaufen, den Waldrand hätte sie längst passieren müssen. Noch einmal holte sie tapfer Luft, um sich dann einzugestehen, dass sie sich wirklich im verbotenen Brandwald verlaufen hatte.

      Sie war völlig allein, die Dunkelheit umschloss sie immer mehr und nun nahmen auch noch die Geräusche zu. Der warme Wind streichelte über ihre Haut und löste trotzdem ein kühlendes Gefühl aus, sodass eine Gänsehaut sich ihrer bemächtigte. Der Ruf des Uhus wurde eindringlicher und der Wald hatte seine Stille verloren. Es rauschte, knackte und blies nun an allen Ecken und Enden.

      Maries Kopf fuhr herum. Hatte sie gerade etwas erspäht? Hoch in den Baumwipfeln und tief bei den Wurzeln? Die Bewegungen waren nun allüberall. Sie nahm sich einen Stock und griff ihn mit beiden Händen so fest, dass ihre Knöchel weiß anliefen. Dieser Wald schien zu leben. Marie wurde das Gefühl nicht los, von unzähligen Augen angestarrt zu werden.

      Als dunkle Lider in der Dunkelheit geöffnet wurden und sie in glühende, gelbe Augen starrte, meinte sie, den Verstand verloren zu haben. Ihre Kehle war staubtrocken, jeder Muskel zitterte und doch hob sie den Ast in die Richtung der gelben Augen. Hastig sah sie sich um. Es wurden mehr, immer mehr, bis sie in die Armee aus gelben Pupillen blickte, die sich langsam näherte.

      Als die Gestalten in das Mondlicht traten, wäre Marie beinahe umgekippt. Noch nie hatte sie so große Wölfe gesehen. Die Biester waren fast so riesig wie Pferde. Doch das war es nicht, was ihre Sprache verschlang und ihre Beine zittern ließ, sondern die fahlen Kreaturen, die neben ihnen gingen.

      Sie sah Skelette, Untote und Gespenster in allen Formen. Einige glühten, anderen hing die Haut vom Leib und über allem thronte das Gelächter der Knochenmenschen.

      „Bitte.“ Marie ging einige Schritte zurück, den Blick nicht von der Armee der Finsternis nehmend. „Bitte … es tut mir leid.“

      Ein weiterer Schrei fuhr tief in ihre Glieder und ließ sie sich ducken. Fledermäuse, so groß wie Kälber, fegten über ihren Kopf hinweg. Selbst im fahlen Licht blitzten ihre messerscharfen Zähne hervor. Sie war beinahe umzingelt, die Vielzahl der Monster wurde nur von ihrem Schrecken übertroffen. Sie sah Soldaten auf Pferden, ohne Haut, nur mit Knochen, lange Lanzen streiften durch die Bäume, während die riesigen Blutwölfe sie nicht aus den Augen ließen.

      Das war es.

      Marie war am Ende.

      Dies musste ein Traum sein, ein gemeiner, hinterhältiger Albtraum. Vielleicht lag sie noch mit Johann im duftenden Korn auf dem Speicher ihrer Adoptiveltern und war kurz in den Schlaf gefallen. Doch der moosige Geruch, die glühenden Augen und die Schreie der riesigen Fliedermäuse waren einfach zu real für einen Traum.

      Marie schloss die Augen, Tränen rannen über ihre Wangen und doch war ein letzter Stolz nicht von der Hand zu weisen. Sie drehte sich um und nahm alle Kraft zusammen. Wütend über sich selbst lief sie durch den Wald, während hinter ihr die Meute tobte. Ihre Füße verfingen sich in Wurzeln, sie stolperte, raffte sich wieder auf und versuchte die Schreie der Skelette zu ignorieren.

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