Im Reiche des silbernen Löwen III. Karl May

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Im Reiche des silbernen Löwen III - Karl May

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um das zu thun, was ich auch in der vorigen Nacht mir vorgenommen aber leider nicht gethan hatte – — zu wachen.

      Für Nafar Ben Schuri war an der anderen Seite des Feuers ein Lager zurecht gemacht worden. Da saß er, rauchte einen Tschibuk und schien in Nachdenken versunken zu sein. Mit wem er sich im stillen beschäftigte, das sagten mir die Blicke, welche er von Zeit zu Zeit zu mir herübersandte. Seine Leute hatten sich so gelagert, wie es in ihrem Belieben lag. Eine gewisse Ordnung schien dabei nicht beabsichtigt zu sein. Einmal stand ich auf, um nach den Gefangenen zu sehen. Ihre Fesseln waren nicht übermäßig streng angelegt, doch brauchte ich nicht besorgt zu sein, daß sie sich losmachen würden, weil sie rings von den Dinarun umgeben waren und ich ja die Absicht hatte, nicht zu schlafen. Sie lagen mir so nahe, daß mir nichts entgehen konnte.

      Ich wollte die beiden Verletzten untersuchen, um ihnen, falls möglich, ihre Schmerzen zu erleichtern; sie duldeten das aber nicht. Dann legte ich dem, den wir für ihren Anführer gehalten hatten, einige Fragen vor, die er mir beantworten sollte. Ich wollte ihn durch sie zu der Bitte ermuntern, nicht streng mit ihm und seinen Leuten zu verfahren; er zog es aber vor, sich in ein so trotziges Schweigen zu hüllen, daß ich den wohlgemeinten Versuch aufgab und an meinen Platz zurückkehrte. Da richtete nun der Scheik das Wort an mich:

      »Sihdi, halte es nicht für Herzenshärtigkeit! Es ist die Furcht vor dir, die diesem Manne die Worte raubt!«

      »Verteidigst du ihn abermals?« antwortete ich.

      »Nein. Nur suche ich mir sein Schweigen zu erklären. Welches Urteil werdet ihr wohl über ihn und seine Leute fällen?«

      »Das weiß ich nicht. Ich muß darüber mit Hadschi Halef sprechen.«

      »Und wo soll es ausgeführt werden?«

      »Da wo wir uns befinden, wenn es gesprochen wird.«

      »Also daheim in meinem Lager!«

      »Warum dort?«

      »Weil ich euch eingeladen habe, uns dorthin zu begleiten. Sag, ob ihr uns diesen Wunsch erfüllen werdet!«

      »Ich bin bereit dazu, damit ihr seht, daß wir nicht so undankbar sind, wie du zu denken scheinst.«

      »Verzeih mir das! Wir, die wir hier zwischen den Bergen wohnen, achten nicht auf die künstlichen Regeln der Städtebewohner, nach denen sich ihre Höflichkeit richtet. Ihr werdet als unsere willkommenen Gäste alles finden, was euch von nöten ist. Und das, was ihr bei uns über diese Diebe beschließet, wird von uns genau so ausgeführt werden, wie ihr es von uns fordert.«

      »So bist du erbötig, die Ausführung unseres Urteils zu überehmen?«

      »Ja. Nur möchte ich wissen, worin die Strafe bestehen wird. Etwa im Tode?«

      »Nein, keinesfalls.«

      »Was sonst?«

      »Hiebe!«

      Dieses Wort sagte ich nicht, sondern es klang aus Halefs Munde. Er hatte also gehört, was von uns gesprochen worden war.

      »Hiebe!« wiederholte er, ohne aber die Lage seines Körpers zu verändern.

      »Wieviel?« fragte der Scheik.

      »Jeder zehntausend!«

      »Allah! Das ist zu viel!«

      »Nein, sondern zu wenig!«

      »Das würde doch schlimmer als der Tod sein. Kein Mensch hält zehntausend Hiebe aus!«

      »Das soll er auch nicht! Und von den beiden, die sich an unseren Pferden vergriffen haben, bekommt jeder zwanzigtausend!«

      »Höre ich recht?«

      »Ja. Aber wenn es dir zu wenig ist, so will ich sagen – — dreißigtausend!«

      Er richtete sich halb auf, machte mit dem Arme die Bewegung des Schlagens und sank dann wieder nieder.

      »Allah beschütze ihn!« sagte der Scheik. »Er ist krank; er hat die Suchuna. Die Glut des heißen Fiebers fließt ihm durch die Adern!«

      Ich griff nach Halefs Hand, um nach dem Puls zu fühlen. Ja, er fieberte! Der Scheik fuhr fort:

      »Hoffentlich spricht er anders, wenn das Fieber vorüber ist. Die Diebe sollen die ihnen gebührenden Schläge bekommen; aber sie durch die Bastonnade langsam zu Tode zu martern, könnt ihr doch nicht wollen.«

      Ich durfte weder ja noch nein sagen, weil ich mich zu hüten hatte, Halef aufzuregen, benutzte aber diese Gelegenheit, eine mir nötig scheinende Vorbereitung zu treffen:

      »Das Urteil wird gefällig werden, wenn wir bei euch angekommen sind. Ihr habt doch wohl einen Tachtirwan[44] im Lager?«

      »Mehrere. Warum fragst du?«

      »Der beiden Verletzten wegen. Es würde unmenschlich sein, sie reiten zu lassen.«

      Da fiel der Scheik viel schneller, als ich erwartet hatte, ein:

      »Sie sollen im Tachtirwan nach dem Lager gebracht werden?«

      »Ja.«

      »Meinst du, daß ich einen Boten sende?«

      »Ja.«

      »Sogleich?«

      »Je eher desto besser. Wenn es möglich ist, so laß zwei Sänften kommen!«

      Ich hatte es mit einer dieser Sänften auf Halef abgesehen, welcher unmöglich in den Sattel konnte, wenn sein Zustand der jetzige blieb. Das wußte der Scheik nicht, und darum wunderte ich mich nicht über das Lob, welches er mir spendete:

      »Die Güte deines Herzens gedenkt sogar, den Feinden größere Erleichterung zu bieten, als eigentlich nötig ist. Ein Tachtirwan genügte wohl für beide, doch da es dein Wille ist, so will ich nach zweien schicken, und zwar sogleich.«

      Er gab einem seiner Leute den betreffenden Befehl, worauf dieser Mann zu seinem Pferde ging und von dannen ritt.

      »Ich sprach von deiner Güte, nicht von der meinigen,« knüpfte der Scheik das unterbrochene Gespräch wieder an. »Und doch hätte ich auch von dieser letzten reden können. Weißt du, zu welchem Stamm diese Leute gehören, welche euch bestohlen haben?«

      »Nein.«

      »Sie sind Dschamikun. Allah verdamme sie in die tiefste Hölle hinab!«

      »Sind die Dschamikun Feinde deines Stammes?«

      »Nicht nur Feinde, sondern Todfeinde! Es ist Blut, unaufhörlich Blut geflossen zwischen uns und ihnen, seit man die Namen dieser beiden Stämme kennt. Erst kürzlich wieder ist an uns ein Verbrechen begangen worden, welches zu Allahs höchstem Himmel schreit. Ich will dir nicht jetzt davon erzählen. Du wirst davon hören, wenn wir heimkommen. Wenn ich solche Leute im Tachtirwan transportieren lasse, um ihnen Schmerzen zu ersparen, so ist das eine Güte, welche sich recht wohl mit der deinen messen kann! Vielleicht darf ich in dieser Angelegenheit auf deinen Rat, wohl gar auf deine Hilfe rechnen.«

      »Wenn wir dir in irgend einer Weise von Nutzen sein können, so werden wir natürlich sehr gern thun, was wir vermögen.

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<p>44</p>

Kamelsänfte.