Im Reiche des silbernen Löwen IV. Karl May

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Im Reiche des silbernen Löwen IV - Karl May

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oder im Bettlerkleide und schmeichelt also den Sinnen und der Menschlichkeit. Sie hofft alles Gute und verzeiht alles Böse. Sie ist geduldig freundlich, demütig, der Inbegriff aller Tugenden in menschlicher Gestalt! Aber, kennst du sie, Effendi?«

      »Ja.«

      »So ist es genug! Sie wird morgen aus Chorremabad bei dir erscheinen. Sie wird dir schmeicheln, dich absondern, dich – — —«

      »Nein, das wird sie nicht,« fiel ich ein. »Daß sie das könne, mache ich ihr gar nicht weis. Ich werde nicht allein sein, wenn ich den Scheik ul Islam empfange.«

      »Wohl der Pedehr wird bei dir sein, weil er der Scheik des Stammes ist?«

      »Ja; er und du.«

      »Auch ich?« fragte er in schnell aufquellender Freude. »Warum auch ich?«

      »Ich will es so. Das sei dir genug.«

      Da trat er einen Schritt näher zu mir heran und sprach:

      »Effendi, damit ehrst du nicht nur mich, sondern Viele! Ich weiß nicht, ob man es dir schon gesagt hat: Ich lehre nicht nur den Gesang, sondern alles, was dem Geiste und dem Körper an. Können nötig ist, auch Turnen, Reiten, Schießen, Exerzieren. Ich habe diesen Unterricht gegründet, als mich der Ustad dazu auserwählte, und dann Gehilfen angestellt, als die Zahl der Schüler sich vermehrte. Wir wirken still, ohne Lärm. Ein guter Lehrer lenkt die Aufmerksamkeit auf seinen Gegenstand, doch nicht auf sich. Darum hast du wohl noch wenig oder nichts von uns gehört. Wer mit dem prahlt, was er lernte, der hat nichts gelernt. Aber gib den Dschamikun Gelegenheit, zu zeigen, was sie können, so werden sie es zeigen, und ich hoffe, du wirst damit zufrieden sein! Ich sehe kommen, was nun kommen wird, und darum will und muß ich dir vor allen Dingen sagen: Wir fürchten keinen Feind! Auch in Beziehung auf das Rennen mit den Persern kannst du ruhig sein. Wir haben gutes Reiter- und Pferdematerial. Ich stehe inmitten unserer Vorbereitungen und werde dir hierüber berichten, sobald es dir beliebt. Der Scheik ul Islam ist ein großer Liebhaber des Aesp-däwani[25]; er hat einen wohlgepflegten Stall und rühmt sich, das »beste Pferd von Luristan« zu besitzen. Sobald er hier von unserm Rennen hört, bin ich überzeugt, daß er sich zur Beteiligung melden wird. Weise ihn ja nicht ab! Du würdest dadurch unsere Ehre schädigen! Das hatte ich dir zu sagen. Hase du vielleicht noch eine Frage?«

      »Weiß ich jetzt alles, was dir der Bote mitgeteilt hat?«

      »Ja.«

      »So über alles Andere, auch über das Rennen, später. Nur über die Stute des Ustad bin ich mir noch nicht im klaren. Ich glaube, dieser Tifl hat sie gänzlich aus der Schule gebracht.«

      »Das ist nur eben richtig, wenn Tifl im Sattel sitzt, sonst aber nicht.«

      »Wer aber soll sie reiten?«

      »Wer anders als der Ustad?« fragte er verwundert. »Er reitet jetzt nur selten; aber stelle jedes beliebige Pferd gegen seine Sahm, so wird er es besiegen, höchstens deinen Assil ausgenommen! Tifl aber wird vom Rennen ausgeschlossen sein.«

      »Warum?«

      »Das sage ich dir, sobald es reif geworden ist. Ich vermute, dieser Schwätzer wird nicht lange mehr zu den Dschamikun gehören. Der Ustad hat sich seiner nur aus Mitleid angenommen, und die Nachsicht, die er gegen ihn und Pekala übt, ist Vielen unbegreiflich.«

      »Schwätzer?« fragte ich.

      »Ja. Es genüge ein Beispiel: Tifl hatte die Perser, als der Bluträcher hier war, über die Grenze zu bringen. Da ist er den ganzen, weiten Weg zwischen dem Mirza und dem Multasim geritten und hat ihnen bereitwilligst Auskunft gegeben über alles, was sie wissen wollten.«

      »Von wem hast du das erfahren?«

      »Von meinem Ruderer hier, welcher dabei gewesen ist. Kein Dschamiki hat mit diesen Leuten ein Wort gesprochen; nur Tifl allein hielt keinen Augenblick den Mund. Doch damit sei es genug. Ich sehe, daß du aufbrechen willst, Effendi.«

      Ich war nämlich auch aufgestanden.

      »Ja; ich muß heim,« sagte ich. »Aber ich möchte mich über den See rudern lassen. Willst du dich auf Assil setzen und ihn mir an die Landestelle bringen?«

      »Wie gern!« rief er aus. »Einmal deinen Rappen unter mir; das war schon längst mein Wunsch! Läßt er mich hinauf?«

      »Wenn ich nichts dagegen habe, ja.«

      »So zögere ich keinen Augenblick.«

      Er schwang sich in den Sattel. Assil schnaubte verwundert, weigerte sich aber nicht, zu gehorchen. Als der Chodj-y-Dschuna ihn dann in hocheleganten Gängen davontänzeln ließ, sah ich, daß beide gar nicht übel zu einander paßten. Hierauf stieg ich in das Boot, und der Dschamiki legte sich in die Ruder.

      So kurz dieser unbeabsichtigte Ausflug gewesen war, ich hatte auf ihm außerordentlich Wichtiges erfahren. Meine Gedanken wollten sich ganz ausschließlich hiermit beschäftigen, und ich mußte mich zwingen, sie auf die Schönheit der Umgebung zu lenken, als wir uns auf der Mitte des Sees befanden.

      Ich sah jetzt zum ersten Male die westliche Seite des Thales grad vor mir liegen und alle ihre Linien auf zum Himmel streben. Nur allein der Fuß des Berges hatte sich nicht senkrecht, sondern quer gelagert, doch nicht vollständig wagerecht, sondern schief. Das erinnerte mich an die Struktur der Wände des Wadi Jahfufe, durch welches man im Antilibanon von Muallaka nach Damaskus reitet. Ich betone diese Art der Felsenlagerung besonders, weil sie mich zu einer Entdeckung führte, die ich sonst wohl schwerlich gemacht hätte.

      Als ich von hier, von der Mitte des Sees aus, nach dem Alabasterzelte emporschaute, fiel mir etwas auf, was ich von dem Rosentempel aus nicht bemerkt hatte. Das Zelt besaß nämlich die Gestalt einer Krone, deren durchbrochene Kuppel von acht weißschimmernden Flügeln auf dem Ringe getragen wurde. Es stand, wie ich sah, nicht auf dem höchsten Punkte des Berges. Sondern von diesem lief ein heller Felsenstreif, fast wie ein niederwärts gestreckter Arm geformt, bis zu der senkrecht abstürzenden Kante vor und bildete dort eine hand- oder faustförmige Verbreitung, auf welche das Zelt gesetzt worden war. Zu beiden Seiten dieses Felsenstreifens lag nur unfester Steingrus, nur lockeres Geröll. Es bedurfte keiner großen Phantasie, sich einen Wetterguß oder sonst eine Katastrophe zu denken, durch welche dieses lose Gestein in die Tiefe gespült oder gerissen wurde. Dann mußte der felsige Arm sich frei in die Lüfte dehnen, um auf gewaltiger Faust die Alabasterkrone über dem Thale herniederzustrecken. Das war nur so eine ganz flüchtige, schnell vorübergehende Idee, wie man sie hat, um dann lächelnd den Kopf darüber zu schütteln. Aber wie oft verdichtet sich scheinbar Flüchtiges zur festen Form, die uns belehrt, daß die Idee denn doch wohl etwas anderes ist, als nur eine schnell und spurlos zerplatzende Gedankenblase!

      Je mehr wir uns dem Ufer näherten, desto mehr wurden meine Gedanken nach unten gezogen. Die schiefe Struktur des Felsens beschäftigte mich. Ich folgte mit dem Auge ganz unwillkürlich den auffallend regelmäßigen Linien dieser Lagerung. Es war interessant, zu sehen, mit welcher Neigungsgleichheit sie alle ohne Ausnahme verliefen. Ohne Ausnahme? Nein; doch nicht! Ich bemerkte eine Stelle, wo dies doch nicht der Fall war. Grad da, wo der Berg am weitesten an den See herantrat, hörten die abwärts gesenkten Linien auf, nicht etwa, um anders zu verlaufen, sondern es gab überhaupt keine mehr. Diese Stelle war nicht groß, nicht breit, aber dicht bedeckt von wuchernden Rankengewächsen, welche von dem Humusboden des Ufers bis in das Wasser niederhingen. Es gab da weder Garten noch Feld, sondern wildliegendes Land, und darum war noch niemand auf den Gedanken gekommen, sich um dieses Gestrüpp und seine Bodenunterlage zu bekümmern. Mir aber fiel diese letztere sofort auf. Ich bin zwar kein Gelehrter, obgleich

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<p>25</p>

Pferderennen.