Satan und Ischariot III. Karl May

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Satan und Ischariot III - Karl May

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wenn dieses Wort auch nicht so ganz genau wörtlich zu nehmen ist. Er selbst hat ihn nicht ermordet, ist aber mit im Komplott gewesen und hat moralisch die gleiche Schuld, als wenn er die tödliche Waffe geführt hätte.«

      »Sir, ich befinde mich wie im Traume! Aber es ist ein böser, ein schrecklicher Traum. Was werde ich hören müssen!«

      »Habt Ihr Zeit, eine ziemlich lange Geschichte anzuhören?«

      »Zeit – Zeit! Was fragt Ihr da erst! Hier habe ich die Fälschung in den Händen; sie sagt mir, daß meine Office zu einem Betruge benutzt worden ist. Da muß ich Zeit haben, selbst wenn Eure Erzählung Wochen in Anspruch nehmen sollte. Setzt Euch, und gestattet mir einen Augenblick, meinen Leuten zu sagen, daß ich jetzt für keinen Menschen mehr zu sprechen bin!«

      Wir hatten in der Erregung beide unsere Plätze verlassen; nun setzte ich mich wieder nieder. Ja, auch ich war erregt. Ich hatte die Ueberzeugung gehegt, daß meine Briefe an die richtige Adresse gekommen seien, und mußte nun das Gegenteil davon hören. Die Halunken hatten ihren Plan ausgeführt. Vielleicht war alle unsere Mühe, waren alle die Wagnisse, welche wir unternommen hatten, vergeblich gewesen!

      Als der Anwalt den beabsichtigten Befehl gegeben hatte, setzte er sich mir gegenüber nieder und winkte mir mit der Hand, zu beginnen. Sein Gesicht war noch immer blaß wie vorher; ich sah, daß seine Lippen zitterten; es gelang ihm nur schwer, äußerlich ruhig zu erscheinen. Der Mann, dessen Ehre auf dem Spiele stand, that mir leid. Seine persönliche Ehre, des war ich überzeugt, konnte nicht angegriffen werden; aber in seiner Office war eine Fälschung vorgekommen; er hatte sich von einem raffinierten Schwindler betrügen lassen; es handelte sich dabei um ein großes Vermögen – wenn die Thatsachen an die Oeffentlichkeit gelangten, so war er vernichtet.

      Ich war überzeugt, daß Thomas und Jonathan Melton nicht allein gehandelt, sondern auch Harry Meltons Hilfe in Anspruch genommen hatten. Darum mußte sich mein Bericht auch auf letzteren erstrecken. Ich erzählte also alles, was ich von den drei Personen wußte, was ich mit ihnen und gegen sie erlebt hatte. Die Erzählung dauerte natürlich sehr lange, und doch unterbrach der Anwalt sie mit keinem Ausruf. Selbst als ich geendet hatte, saß er noch eine Zeitlang schweigend da, indem er den Blick starr in die Ecke gerichtet hielt. Dann stand er von seinem Stuhle auf, ging einigemal im Zimmer hin und her, blieb schließlich vor mir stehen und fragte:

      »Sir, alles, was ich jetzt gehört habe, ist wahr, ist die reine Wahrheit?«

      »Ja.«

      »Verzeiht die Frage! Ich sehe ein, ja ich muß einsehen, daß sie überflüssig ist; aber es klingt das alles so unmöglich, und für mich handelt es sich dabei um mehr, als Ihr vielleicht denkt.«

      »Um was es sich für Euch handelt, kann ich mir denken —um Euern Ruf, Eure Zukunft, vielleicht auch Euer Vermögen.«

      »Natürlich auch um das letztere. Wenn es sich herausstellt, daß Ihr Euch nicht irrt, werde ich, selbst wenn mich niemand dazu zwingen könnte, mit allem, was ich besitze, für den Verlust eintreten, welchen die richtigen Erben dadurch, daß ich mich habe täuschen lassen, erleiden. Und leider bin ich der Ueberzeugung, daß alles, was ich dem Betrüger übergeben habe, verloren ist.«

      »Ich möchte das jetzt noch nicht als Thatsache hinstellen. Man kann ihn noch erwischen.«

      »Schwerlich! Er ist über die See und wird sich gewiß an einem Orte verstecken, von dem er weiß, daß er ihm Sicherheit gewährt.«

      »Hatte sich nicht auch sein Vater versteckt? Und haben wir diesen nicht in Tunis gefunden? Ich denke, daß der Sohn keinen Vorzug vor dem Vater haben wird. Die eigentliche Schwierigkeit liegt darin, daß die drei Halunken die Beute teilen werden. Selbst wenn wir den einen erwischen, gehen die beiden andern Teile verloren.«

      »So meint Ihr also, daß Harry Melton auch jetzt die Hand im Spiele gehabt hat?«

      »Ich bin überzeugt davon.«

      »In welcher Weise sollte er geholfen haben?«

      »Hm! Wie hieß der Schreiber, welcher mir die beiden Antworten geschrieben und Eure Unterschriften gefälscht hat?«

      »Hudson.«

      »Wie lange ist er schon bei Euch?«

      »Ein und ein halbes Jahr.«

      »Ich vermute, daß er sich nicht mehr in Eurer Office befindet.«

      »Ich erwarte seine Heimkehr übermorgen. Er wurde telegraphisch von dem Tode seines Bruders benachrichtigt und erbat sich zwei Wochen Urlaub, um beim Begräbnisse desselben zu sein und dann die Kinder des Verstorbenen unterbringen zu können.«

      »Wo soll der Bruder gelebt haben und gestorben sein?«

      »Droben in St. Louis.«

      »So können wir getrost bis auf weiteres annehmen, daß er diese Richtung nicht eingeschlagen hat. Wie seid Ihr mit ihm bekannt geworden?«

      »Durch die schriftlichen Empfehlungen, welche er besaß. Ich stellte ihn zunächst als gewöhnlichen Schreiber an, obgleich er bedeutend älter war als Leute, denen man sonst einen solchen Posten anweist, doch schon nach kurzer Zeit erwies er sich so brauchbar, daß ich ihm immer mehr und mehr anvertraute. Er lebte außerordentlich zurückgezogen, war sehr fleißig und pünktlich und schien in seinen Mußestunden zu studieren, denn ich bemerkte gar wohl, daß seine Kenntnisse sich vermehrten. Es gab Fächer, in denen ich meine Klienten getrost an ihn weisen konnte; ich war überzeugt, daß sie von ihm ebensogut bedient wurden, wie von mir selbst.«

      »Wie stand er sich mit Euern andern Arbeitern?«

      »Er lebte mit keinem von ihnen auf vertrautem Fuße; er hatte in seinem Verhalten gegen sie etwas, was ihn unnahbar machte, obgleich ich ihn keineswegs als abstoßend bezeichnen kann. Dann, als seine Stellung sich immer mehr besserte, bis er es endlich zum Vorstande der Office brachte, verstand es sich von selbst, daß er sich noch mehr absonderte.«

      »Wer hatte die Briefe und übrigen Eingänge zu empfangen?«

      »Er. Was ohne mich erledigt werden konnte, erledigte er; das übrige hatte er mir vorzulegen.«

      »So hat er meine beiden Briefe empfangen, geöffnet, gelesen und beantwortet, ohne Euch ein Wort davon zu sagen. Wie alt war er ungefähr?«

      »Er schien am Ende der fünfziger Jahre zu stehen.«

      »Welche Gestalt?«

      »Schmächtig, starkknochig, schwarz von Haar.«

      »Zähne?«

      »Vollständiges Gebiß.«

      »Sein Gesicht?«

      »Das war ein ganz eigentümliches. Hudson war ein sehr schöner Mann; ich habe noch nie das Gesicht eines Mannes gesehen, welches so schön war wie das seinige. Aber wenn man dasselbe länger betrachtete, so bekam man das Gefühl, als ob die Schönheit auch ihre Mängel habe. Ich bin kein Maler, kein Kunstverständiger und verstehe nicht, mich richtig auszudrücken. Sein Gesicht war schön; es gefiel mir, aber dann nicht mehr, wenn ich es länger als nur vorübergehend betrachtete.«

      »Gut, Sir; ich weiß jetzt, woran ich bin. Harry Melton ist der Vorstand Eurer Office gewesen.«

      »Alle Wetter! Meint Ihr das wirklich?«

      »Unbedingt. Er durfte sich

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