Wachtmeister Studer. Friedrich Glauser

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Wachtmeister Studer - Friedrich  Glauser

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Der Schlumpf sollte nur abschweifen, wenn er Freude daran hatte. Nicht drängen! Es kommt alles von selbst, wenn man genügend Geduld hat…

      »Dann habt Ihr auch in den umliegenden Dörfern gespielt?«

      »Sowieso!«

      »Und ordentlich Geld verdient?«

      »Zünftig…« Zögern. Schweigen.

      »Also, Schlumpfli, ich will dir ja glauben, daß du den Witschi nicht umgebracht hast — um ihm die Brieftasche zu rauben. Dreihundert Franken hast du erspart gehabt?«

      »Ja, dreihundert Erspartes…« Schlumpf blickte zum Fenster auf, seufzte, vielleicht weil der Himmel so blau war.

      »Du hast also die Tochter vom Ermordeten heiraten wollen? Sonja hieß sie? Und die Eltern, die waren einverstanden?«

      »Der Vater schon; der alte Witschi hat gesagt, ihm sei es gleich. Er war oft beim Ellenberger zu Besuch und dort hat er mit mir gesprochen, der Ermordete, wie Ihr sagt… Er hat gemeint, ich sei ein ordentlicher Bursch, und wenn ich auch ein Vorbestrafter sei, man solle nicht zu Gericht sitzen, und wenn ich einmal die Sonja zur Frau hätte, dann würde ich keine Dummheiten mehr machen. Die Sonja sei ein ordentliches Meitschi… Und dann hat mir mein Meister die Obergärtnerstelle versprochen, weil doch der Cottereau schon alt ist und ich tüchtig bin…«

      »Cottereau? Hat der die Leiche gefunden?«

      »Ja. Er geht jeden Morgen spazieren. Der Meister läßt ihn machen, was er will. Der Cottereau stammt aus dem Jura, aber man merkt ihm das Welsche nicht mehr an. Am Mittwochmorgen ist er in die Baumschule gelaufen gekommen und hat erzählt, im Walde liege der Witschi, erschossen… Dann hat ihn der Meister gleich auf den Landjägerposten geschickt, um die Meldung zu machen.«

      »Und was hast du gemacht, nachdem du vom Cottereau die Neuigkeit erfahren hast?«

      Ach, meinte der Schlumpf, sie hätten alle Angst gehabt, weil der Verdacht auf sie fallen müsse, als Vorbestrafte. Aber den ganzen Tag sei es ruhig gewesen, niemand sei in die Baumschule gekommen. Nur der Cottereau habe sich nicht beruhigen können, bis ihn der Meister angeschnauzt habe, er solle mit dem G‘stürm aufhören…

      »Und am Mittwochabend hast du die hundert Franken im ›Bären‹ gewechselt?«

      »Am Mittwochabend , ja…«

      Stille. Studer hatte das Päckchen Parisiennes neben sich liegen lassen. Ohne zu fragen nahm Schlumpf eine Zigarette, der Wachtmeister gab ihm die Schachtel Zündhölzer und sagte:

      »Versteck beides. Aber laß dich nicht erwischen!«

      Schlumpf lächelte dankbar.

      »Wann habt Ihr Feierabend in der Baumschule?«

      »Um sechs. Wir haben den Zehnstundentag.« Dann fügte Schlumpf eifrig hinzu: »Überhaupt, in der Gärtnerei kenn ich mich aus. Der Vorarbeiter auf dem Tessenberg hat immer gesagt, ich kann etwas. Und ich schaff‘ gern…«

      »Das ist mir gleich!« Studer sprach absichtlich streng. »Nach dem Feierabend bist du ins Dorf, in dein Zimmer. Wo hast du gewohnt?«

      »Bei Hofmanns, in der Bahnhofstraße. Ihr findet das Haus leicht. Die Frau Hofmann war eine Gute… Sie haben eine Korberei.«

      »Das interessiert mich nicht! Du bist in dein Zimmer, hast dich gewaschen. Dann bist du zum Nachtessen gegangen? Oder?«

      »Ja.«

      »Also: sechs Uhr Feierabend.« Studer zog ein Notizheft aus der Tasche und begann nachzuschreiben. »Sechs Uhr Feierabend, halb sieben — viertel vor sieben Nachtessen…« Aufblickend: »Hast du schnell gegessen? Langsam? Hast du Hunger gehabt?«

      »Nicht viel Hunger…«

      »Dann hast du schnell gegessen und warst um sieben fertig…«

      Studer schien in sein Notizbuch zu starren, aber seine Augen waren beweglich. Er sah die Veränderung in den Gesichtszügen des Schlumpf und unterbrach die Spannung, indem er harmlos fragte:

      »Wieviel hast du für das Nachtessen bezahlt?«

      »Eins fünfzig. Zu Mittag hab ich immer beim Ellenberger eine Suppe gegessen und Brot und Käs mitgebracht. Der Ellenberger hat nur fünfzig Rappen für den Teller Suppe verlangt, und z‘Immis hat er umsonst gegeben, denn der Ellenberger war immer anständig mit uns, wir haben ihn gern gehabt, er hat so kohlig dahergeredet, er sieht aus, wie ein uralter Mann, hat keine Zähne mehr, aber…« dies alles in einem Atemzug, als ob der Redende vor einer Unterbrechung Angst hätte. Doch Studer wollte diesmal auf das Geschwätz nicht eingehen.

      »Was hast du am Mittwochabend zwischen sieben und acht Uhr gemacht?« fragte er streng. Er hielt den Bleistift zwischen den mageren Fingern und blickte nicht auf.

      »Zwischen sechs und sieben?« Schlumpf atmete schwer.

      »Nein, zwischen sieben und acht. Um sieben warst du mit dem Nachtessen fertig, um acht hast du im ›Bären‹ eine Hunderternote gewechselt. Wer hat dir die dreihundert Franken gegeben?«

      Und Studer blickte den Burschen fest an. Schlumpf drehte den Kopf zur Seite, plötzlich warf er sich herum, drückte die Augen in die Ellbogenbeuge. Sein Körper zitterte.

      Studer wartete. Er war nicht unzufrieden. Mit kleinen Buchstaben schrieb er in sein Notizbuch: ›Sonja Witschi‹ und malte hinter die Worte ein großes Fragezeichen. Dann wurde seine Stimme weich, als er sagte:

      »Schlumpfli, wir werden die Sache schon einrenken. Ich hab‘ dich extra nicht gefragt, was du am Dienstagabend, also am Abend vor dem Mord, getan hast. Da hättest du mich doch nur angelogen. Und dann steht es sicher in den Akten, und ich kann auch deine Wirtin fragen… Aber sag mir noch: Was ist die Sonja für ein Meitschi? Ist sie das einzige Kind?«

      Schlumpfs Kopf fuhr in die Höhe.

      »Ein Bruder ist noch da. Der Armin!«

      »Und den Armin magst du nicht?«

      Dem habe er einmal zünftig auf den Gring gegeben, sagte Schlumpf und zeigte die Zähne wie ein knurrender Hund.

      »Der Armin hat dir die Schwester nicht gönnen mögen?«

      »Ja; und mit dem Vater hat er auch immer Krach gehabt. Der Witschi hat sich oft genug über ihn beklagt…«

      »Soso… Und die Mutter?«

      »Die Alte hat immer Romane gelesen…« (›die Alte‹, sagte der Bursche respektlos). »Sie ist mit dem Gemeindepräsidenten Aeschbacher verwandt und der hat ihr den Bahnhofkiosk in Gerzenstein verschafft. Dort ist sie immer gehockt und hat gelesen, während der Vater hausiert hat… Nicht gerade hausiert. Er ist mit einem Zehnderli herumgefahren, als Reisender für Bodenwichse, Kaffee… Und das Zehnderli hat man ja auch gefunden, ganz in der Nähe, es stand an der Straße…«

      »Und wo ist der alte Witschi gelegen?«

      »Hundert Meter davon, im Wald, hat der Cottereau erzählt…«

      Studer zeichnete Männlein in sein Notizbuch. Er war plötzlich weit weg. Er war in dem Krachen im Oberaargau, wo er den Burschen verhaftet

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