Die Sklavenkarawane. Karl May

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Die Sklavenkarawane - Karl May

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Menschen, welche mit den göttlichen und weltlichen Gesetzen vollständig zerfallen sind, und sich sonst nirgends sehen lassen dürfen, ohne daß ein strafender Arm sich nach ihnen ausstreckt.

      Die Wokala erhalten eine beträchtliche Besoldung und oft auch noch einen besondern Anteil am Gewinne. Die übrige Mannschaft erhält einen Lohn bis zu zehn Mariatheresiathalern pro Monat und die Kost. Alles andre muß der Mann von dem Sold bezahlen und bekommt es zu den höchsten Preisen angerechnet. Daher bleibt ihm gewöhnlich nichts, oder wenig übrig. Ist der Fang gut, so kommt es vor, daß die Leute ihren Sold in Sklaven ausgezahlt erhalten. Der Schwarze ist dann dem Soldaten mit Leib und Leben angehörig, und dieser kann mit ihm machen, was ihm beliebt, ihn schlagen, verstümmeln oder gar töten.

      Je zwanzig oder fünfundzwanzig Soldaten stehen unter einem Unteroffizier, Buluk genannt. Die Rechnungen hat ein Buluk Emini über, welcher lesen, schreiben und rechnen können muß und also gewöhnlich ein niederer Geistlicher, ein Fakir ist; er vertritt zugleich die Stelle des Zauberers, bestimmt die glücklichen und unglücklichen Tage und heilt alle möglichen Schäden des Leibes und der Seele mit Amuletten, welche er verfertigt und gegen guten Preis verkauft. Die Feindschaft eines solchen Mannes kann dem einzelnen sehr gefährlich werden.

      Wird eine Ghasuah unternommen, so zwingt man den Schech des Gebietes, in welchem die Seribah liegt, seine Neger als Träger und Spione zu stellen. Dafür wird er nach dem Raubzuge mit Kühen entschädigt, was ihm natürlich lieber ist, als wenn er mit Sklaven bezahlt wird. Der Tag des Aufbruches wird von dem Fakir bestimmt, welcher von jedem einzelnen Tage des Jahres zu sagen weiß, ob er ein glücklicher oder unglücklicher ist.

      Sobald der Kommandant die Ghasuah verkündet hat, wird die Barakha aufgesteckt. Sie besteht aus einem großen, viereckigen, roten Zeuge, auf welchem das mohammedanische Glaubensbekenntnis oder die erste Sure des Korans gestickt ist.

      Sobald diese Fahne weht, weiß jedermann, daß ein Raubzug beschlossen worden ist, und die an demselben Beteiligten geben sich der tollsten Freude hin.

      Abd el Mot hatte seine Absicht erst den beiden Belandanegern mitgeteilt, nachdem er selbstverständlich erst von dem Fakir erfahren hatte, daß der morgende Tag ein glücklicher sei. Dann zur Seribah zurückgekehrt, hatte er die Fahne aufstecken lassen. Der Jubel der ersten, welche dieses willkommene Zeichen erblickten, rief alle andern Bewohner der Tokuls aus den Hütten hervor. Die Musikinstrumente wurden geholt; man scharte sich zusammen und schleppte alle vorhandene Merissah herbei, um die glückliche Stimmung durch einen berauschenden Trunk zu erhöhen.

      Der Fakir erschien, hielt eine anfeuernde Rede und bot Amulette aus, welche im bevorstehenden Kampfe vor Verwundung und Tod schützen sollten. Dann begann die Musik zu spielen, aber was für eine!

      Da war zu sehen und zu hören die Rababah, eine sehr primitive Guitarre mit drei Saiten, die röhrenförmige Bulonk von ausgehöhltem Kamaholze, die Nogarah, eine Kriegspauke, aus einem hohlen Baumstumpfe konstruiert, die Darabukkah, eine kleinere Handpauke, ferner surrende Flöten, hölzerne Riesenhörner, deren schreckliche Töne dem Rindergebrüll gleichen, steinerne Klappern, geschüttelte Flaschenkürbisse, in denen Steine rasselten, Antilopenhörner, deren Töne dem Jammern eines frierenden Hundes gleichen, kleine und große Pfeifen, mit denen man alle möglichen Tierstimmen, besonders die Stimmen der Vögel nachmachte. Wer kein Instrument hatte, brüllte und heulte nach Belieben. Viele improvisierten ganz sonderbare Geräusche. Der eine schlug mit einem Stocke auf dürres Reisig, der andre kniff einem Hunde in den Schwanz, daß das Tier ganz zum Erbarmen musizierte; der dritte schwang an einer Schnur eine Blechplatte im Kreise, um das Pfeifen des Sturmes nachzuahmen. Kurz, es war ein entsetzliches Konzert, welches nur auf kurze Zeit unterbrochen wurde, als der Fakir die Helden aufforderte, das Sklavenjägerlied zu singen. Die Kerls stellten sich in zwei Reihen einander gegenüber auf und sangen:

      »U marran basahli!

      U marran alei dschebal,

      U marran antah el woara,

      El es soda kubar.

      U marran besahli!

      U marran ketir hami,

      U marran fi woar kan ro dami;

      U marran katach barrut,

      Jentelik e reqiq schi dali!«

      Das heißt zu deutsch: »Und trinken ist meine Lust! Und dann hinaus in die Berge, und hinaus in den Wald, wo der Löwe haust. Und trinken ist meine Lust! Und kommt die Verwegenheit über mich, da fließt wohl Blut in der Wildnis; und dann wird Pulver verpufft und ich bring Sklaven mit nach Hause!«

      Doch welche Stimmen waren das, die dieses Lied sangen. Der eine brüllte wie ein Löwe und der andre wie ein Ochsenfrosch. Ein dritter schrillte im höchsten Fisteltone, und ein vierter schleppte, wie eine Baßgeige brummend, hinterdrein. Eine Melodie gab es nicht, jeder sang so hoch oder tief, wie es seinem Kehlkopfe angemessen war. Nur die einzelnen Worte klangen zusammen, da der Fakir mit hoch erhobenen Armen skandierte. Dies that er in einer Weise, daß er an einem andern Orte sofort als völlig unheilbar ins Irrenhaus geschafft worden wäre.

      Als das Lied zu Ende war, wurde wieder getrunken und Musik gemacht. Dann ward ein Tanz arrangiert, den drehenden Derwischen nachgeäfft. So ging es unter steter Abwechselung von Musik, Gesang und Tanz bis in die späte Nacht, da es keinen Tropfen Merissah mehr gab.

      Der Lärm schallte über den Wald hinweg bis zum Flusse und dem Schiffe. Dort saßen die beiden Belandaneger und vor ihnen der Wächter, die Peitsche stetig in der Hand. Die Sklavinnen waren nach der Seribah geholt worden, um zu backen.

      Zuweilen erhob sich der Aufseher, um einige Minuten hin und her zu gehen. Dabei brummte er grimmig in den Bart, darüber, daß er weder mitsingen noch mittrinken durfte.

      Kurz nach Mitternacht kam Abd el Mot noch einmal an Bord, um sich zu überzeugen, ob der Posten seine Schuldigkeit thue. Dann, als er sich entfernt hatte, wurde es drüben in der Seribah still. Die berauschten Sklavenjäger suchten und fanden den Schlaf. Als der Wächter wieder einmal seinen Spaziergang unternahm, flüsterte Lobo seinem Kameraden zu:

      »Dieser Weiße ist zornig; er hat die Peitsche stets in der Hand, schlägt uns aber nicht. Lobo möchte ihn darum nicht gern töten.«

      »Dann können wir nicht entkommen!«

      »Wollen wir ihm nicht die Kehle zuhalten, daß er nicht schreien kann? Dabei binden wir ihn und stecken ihm den Mund zu.«

      »Das hat auch Tolo lieber, als ihn zu töten; aber ein einziger Schrei kann uns verderben.«

      »Lobos Fäuste sind stark. Er wird den Mann so fassen, daß derselbe gar nicht rufen kann.«

      »Und während du ihn festhältst, wird Tolo ihn binden. So können wir es machen. Stricke sind genug da.«

      »Wann beginnen wir?«

      »Nach einer Weile; dann werden alle Weißen eingeschlafen sein.«

      »Aber der Kahn ist nicht da. Er wird des Abends in die Seribah geschafft.«

      »So schwimmen wir.«

      »Hat Tolo vergessen, daß sich viele Krokodile im Wasser befinden? Darum wird die Seribah ja Omm et Timsah genannt.«

      »Tolo läßt sich lieber von den Krokodilen fressen, als daß er die Weißen nach Ombula führt.«

      »Lobo auch. Der gute Schech im Himmel wird uns beschirmen, da wir soeben dem Wächter das Leben geschenkt haben.«

      »So

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