Old Surehand II. Karl May

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Old Surehand II - Karl May

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ich sah? Einen Indianer in voller Kriegerrüstung. Es war ein Choctaw, noch jung, denn ihr wißt ja, daß manche Stämme nur die jungen Leute, um deren Mut und ihre List zu erproben, zu Kundschaftern verwenden. Jedenfalls hatte er den Auftrag, das Ufer des Flusses abzusuchen. Er hatte noch keine von unsern Spuren bemerkt und wand sich mit ziemlichem Geschicke durch die Büsche. ich hatte nicht nur einmal schon eine rote Haut geritzt und wußte, daß ich ihn nicht entkommen lassen durfte, wenn ich nicht unser Leben auf das Spiel setzen wollte. Da galt kein Zögern. Ich zog das Messer, zwei Sprünge – er wandte sich nach mir, gab dadurch die Brust frei, und in demselben Augenblick fuhr ihm die Klinge in das Herz.

      Der arme Bursche konnte mich eigentlich dauern; er war ohne Kampf und auf seinem ersten Kriegspfade gefallen. Aber die Prairie ist eine grausame, unerbittliche Herrin, die keine andere Schonung kennt, als nur die eigene. Er war so gut getroffen, daß er nicht den geringsten Laut hatte ausstoßen können. Ich ließ ihn liegen, nahm mein Bündel und eilte zu Lincoln.

      »Habt Ihr ein wenig Zeit, Sir?« fragte ich ihn.

      »Wozu?«

      »Einen Indsman in das Wasser zu schaffen; ich traf ihn zwei Gänge von hier beim Spionieren und gab ihm das Messer.«

      Ohne ein Wort zu sagen, ergriff er die Büchse und folgte mir. Bei der Leiche angekommen, bog er sich zu ihr nieder.

      »Tim Kroner, Ihr habt einen famosen Stoß. Hättet Ihr den Spion nicht getroffen, so wären wir verloren gewesen. Ich sehe nun, Ihr seid wirklich ein ganzer Mann geworden. Hier meine Hand; wir sagen Du!«

      »Topp! Für diese Ehre lasse ich sogar den Kanada-Bill laufen. Aber was nun?«

      »Was nun? Sag deine Meinung, Tim; ich möchte sehen, ob du das Richtige triffst!«

      »Wir machen das Floß, so weit wir es fertig haben, ganz fertig; das erfordert keine halbe Stunde; dann sehen wir uns nach den Indsmen um, damit wir wissen, woran wir sind. Es ist möglich, daß sie das Fort überfallen wollen, und dann müssen wir den Colonel warnen.«

      »Richtig! Greif zu!«

      Die Waffen des Indianers wurden unter Moos und Laub versteckt und er dann selbst so unter das Wasser befestigt, daß der Leichnam nicht emporsteigen und vor der Zeit zum Verräter werden konnte. Dann ging es über das Floß her. Die Stämme des Schlußfeldes lagen bereit. Sie bekamen einstweilen Notbänder, da wir diese später mit festeren vertauschen konnten; die bereits fertigen Ruderstangen wurden befestigt; dann brachten wir alles auf Vorrat geschossene Wild nebst den vorhandenen Kien- und Feuerspänen auf das Floß und waren nun, wenn die Not eine schnelle Abfahrt erforderte, zu derselben bereit.

      Jetzt kehrten wir zu der Stelle zurück, an welcher ich den Choctaw getroffen hatte, und verfolgten von hier an seine Fährte. Sie war sehr deutlich zu erkennen, was bei einem alten Krieger sicherlich nicht der Fall gewesen sein würde, und wir kamen daher, den Blick immer zur Erde senkend, schnell vorwärts.

      So waren wir bereits weit über eine Stunde durch den Wald dahingeschritten, und da es allmählich zu dunkeln begann, besorgten wir schon, daß wir die Spur nicht mehr erkennen und die Indianer nicht finden würden, als wir plötzlich bemerkten, daß wir uns nicht mehr im tiefen Forste, sondern innerhalb einer schmalen Waldzunge befanden, welche sich tief in eine freie Grasfläche schob, die entweder eine größere Lichtung oder eine weite, einschneidende Savannenbucht sein mußte.

      Draußen lagen die Gesuchten im Grase oder tummelten ihre mutigen Mustangs umher. Wir zählten über dreihundert Krieger, und da es nur Choctaws waren, konnten wir vermuten, daß die ihnen verbundenen Komantschen auch in der Nähe seien. Wir standen zwischen hohen Farnkräutern und konnten das ganze Lager überblicken, wo man schon die Abendfeuer angezündet hatte. Sie wurden nicht in der unvorsichtigen Weise der weißen Jäger genährt, welche Scheit auf Scheit türmen und so zwar viel Wärme, aber auch eine hohe, verräterische Flamme und dichten Rauch erzielen, sondern nach der vorsichtigen Indianersitte, daß man die Hölzer nur mit den Spitzen in die Flamme legt und sie langsam, Rauch und Flamme regelnd, nachschiebt.

      Ein Aasgeier kam über den Wald gezogen und begann, Beute witternd, seine Kreise über der Lichtung zu beschreiben. Einer der Indsmen erhob sich, richtete sein Gewehr empor, drückte los und traf so gut, daß der Raubvogel in einer immer enger werdenden Schneckenlinie zur Erde fiel. Wer der Schütze war, sollten wir sofort hören, denn:

      »Uff!« ertönte es da seitwärts von unserm Standpunkte. »Der Sohn des »schwarzen Panthers« ist ein großer Krieger. Seine Kugel holt die Schwalbe aus den Wolken!«

      Die Worte waren in jenem wunderlichen Gemisch von Englisch und Indianisch gesprochen, dessen sich die Rothäute bedienen, wenn sie mit einem Weißen sprechen. Es steckte also jemand ganz nahe bei uns im Gebüsch, und es waren das nicht eine, sondern zwei Personen, denn wir hörten gleich darauf eine andere Stimme in demselben Idiome antworten:

      »Aber auch ein unvorsichtiger Mann. Der Kundschafter ist noch nicht zurück, und wir wissen nicht, ob sich vielleicht Feinde in der Nähe befinden, welche durch den Schuß auf die roten Männer aufmerksam werden könnten.«

      »Ein Weißer!« flüsterte Lincoln. »Der Schuft ist ebenso unvorsichtig wie der Sohn des »schwarzen Panthers«. Er predigt ja so laut, daß man es drüben in San Francisco hören kann. By god, ohne das gute »Uff« wären wir den beiden ganz gemütlich in die Hände gelaufen!«

      »Fürchtet sich mein weißer Bruder?« fragte der Indianer mit stolzem Tone. »Er ist zu uns gekommen, um uns das Haus des Kriegshäuptlings zu öffnen, und Manitou hat uns eine gute Medizin gesandt, die unsre Tomahawks scharf und unsre Messer spitz und sicher macht. Das feste Haus der Weißen wird verbrannt, ihr Haupt skalpiert und ihr Pulver von uns genommen werden!«

      »Und jeder Offizier muß vorher hundert Streiche leiden; so hat es mir mein roter Bruder versprochen!«

      »Der schwarze Panther hat es gesagt, und er bricht nie sein Wort. Deine weißen Feinde sollen die Streiche erhalten, Howgh! Aber der rote Mann kämpft nur mit der Waffe; er schlägt keinen Feind mit der Rute. Du mußt die Streiche selbst geben!«

      »Desto besser. Die Krieger der Komantschen kommen noch diese Nacht; dann sind wir stark genug, und wenn die Sonne noch einmal im Westen gesunken ist, wird das Fort vernichtet!«

      »Zounds, der Kanada-Bill!« meinte ich leise.

      Lincoln nickte und nahm mich bei der Hand.

      »Zurück und fort von hier! Wir könnten die beiden niederstechen, hätten aber damit nichts gewonnen, sondern viel verloren. Wir müssen sofort abfahren und den Colonel warnen. Wir kennen jetzt die Zeit des Ueberfalles, und das ist die Hauptsache. Der Tod dieser beiden Halunken würde eine Aenderung darin hervorbringen, die uns nicht lieb sein kann.«

      Wir zogen uns leise und vorsichtig zurück und eilten, als wir außer Hörweite gekommen waren, mit raschen Schritten unserm Landeplatze zu. Wir wußten, daß nur ein Kundschafter ausgeschickt worden war; dieser war gefallen, und so hatten wir keine feindliche Begegnung zu fürchten.

      Es war kaum eine Stunde vergangen, so schwammen wir bereits auf dem Wasser. Das Floß war größer als dasjenige, mit welchem ich nach dem Fort gekommen war, und seine Führung nahm, besonders da es Nacht war, unsere ganze Kraft und Aufmerksamkeit in Anspruch. Doch ging die Fahrt ganz glücklich von statten, und der Mittag war noch ziemlich fern, als wir bei Smoky-Hill anlegten.

      Ein Peloton Infanterie hielt in der Nähe des Wassers Schießübung, welche der Colonel selbst überwachte. Er erkannte mich, bevor ich noch das Land betreten hatte.

      »Ah, Master Kroner! Braucht Ihr wieder Axt und Pulver?«

      »Heute

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