Das höllische Automobil: Novellen. Otto Julius Bierbaum

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Das höllische Automobil: Novellen - Otto Julius Bierbaum

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mit mir anfangen können und wollten mich deshalb ins Gefängnis sperren. Ich bin aber ausgerissen.“

      ”Na, dann paßt du ja famos zu mir, Frechdachs!“ sagte Rumbo. ”Du sollst dich nicht zu beklagen haben. Bei mir gibt's nur solche Sachen zu tun, die in der Stadt verboten sind.“

      ”Das kann ich mir denken,“ sagte Frechdachs, ”denn du selber würdest in der Stadt verboten werden, wenn sie dich verbieten könnten. – Aber sag mal, wozu brauchst du denn einen Gehilfen, du großer Schuft und Schlagtot? Ein Kerl, wie du, braucht ja bloß irgendwo hinzufallen, und gleich liegt rechts und links von ihm, was er braucht.“

      ”Das verstehst du nicht,“ sagte Rumbo. ”Ich bin zu groß. Erstens werd' ich zu schnell bemerkt; dann sind meine Bewegungen zu langsam; und schließlich kann ich so kleines Zeug, wie ihr Menschen seid, nicht gut anfassen. Entweder zerquetsche ich so eine Made, oder sie rutscht mir durch eine Fingergelenksfalte weg. Ich sage dir: ich müßte verhungern, wenn ich mich von euch Marschiermücken nähren müßte. Zum Glück brauche ich das zweibeinige Milbenvolk nur als eine Art süßer Verdauungspillen. Aber dazu seid ihr Zappelgemüse mir unbedingt nötig. Und deshalb ist es mir sehr angenehm, einen Menschen als Gehilfen zu haben, denn niemand kann einen Menschen besser fangen, als ein Mensch. Im Grunde könnt ihr ja auch nichts, als das. – Ich habe darum von jeher und immer Menschen als Gehilfen gehabt, aber leider, leider waren es regelmäßig unvorsichtige Burschen, die allzubald auf irgendeine Weise bei mir zugrunde gingen. Der eine fiel mir ins Ohr und brach das Genick auf meinem Trommelfell; der andere verlief sich im Dickicht meiner Haare und verhungerte; ein dritter ertrank in einem Schweißtropfen von mir; ein vierter, der Korpsstudent gewesen war und sich das Trinken nicht abgewöhnen konnte, hielt in der Betrunkenheit, als ich einmal gähnte, meinen Mund für einen Weinkeller, lief hinein und erstickte, wie ich den Mund zugemacht hatte, in einem hohlen Zahn; – und so weiter, und so weiter. Du siehst also, daß du gut aufpassen mußt.“

      ”Mir passiert so was nicht; verlaß dich darauf,“ meinte Frechdachs; ”ich bin daran gewöhnt, aufzupassen, wie ein Luchs, denn ich gehöre zu den Vogelfreien, die auch unter Menschen immer auf der Hut sein müssen. Bloß die Käfigmenschen, die Mastgimpelnaturen, die den Freßkober stets bei sich am Halse tragen, dürfen es sich erlauben, ohne besondere Aufmerksamkeit ihrem Tagwerke nachzugehen. Wir, die wir nicht so tugendhaft und stäte sind, sondern immer tapfer und resolut auf Taten ausziehen, für die man früher geadelt wurde, jetzt aber ins Kittchen gesperrt wird – wir müssen immer die Ohren steif und die Augen offen halten. Meinetwegen kannst du also ganz ruhig sein. – Aber: Was krieg' ich denn als Lohn?“

      ”Was? Lohn willst du auch noch?“ brüllte Rumbo, der in seinem Souveränitätsgefühle beleidigt war. ”Sei froh, daß ich dich nicht zum Nachtisch einnehme. Nein, mein Lieber, Lohn gibt's nicht. Höchstens einen Titel. Wie willst du lieber heißen: General oder Hofmarschall?“

      ”Gar nichts will ich heißen,“ sagte Frechdachs; ”Lohn will ich haben.“

      ”Also, wie viel denn?“ fragte Rumbo.

      ”Kein Geld,“ antwortete Frechdachs, ”das kann ich mir stehlen; du sollst mich zu einem Riesen machen, wie du selber einer bist.“

      ”Das kann ich nicht,“ sagte Rumbo.

      ”Doch kannst du's,“ erwiderte Frechdachs, ”mach keine Flausen; ich bin nicht so dumm, wie du aussiehst, und weiß ganz gut, daß du's kannst. Aber du willst nicht, weil du Angst hast, daß ich dich dann totschlage, du Feigling.“

      ”Na, also gut, Frechdachs,“ sagte Rumbo, dem bei so viel Intelligenz angst und bange wurde, ”ich mache dich zu einem Riesen, aber erst, wenn du mir hundert Menschen gebracht hast.“ (’Nach dem Neunundneunzigsten freß ich ihn auf,‘ dachte er sich.)

      ”Abgemacht,“ sagte Frechdachs. ”Und was soll ich zuerst tun?“

      ”Hm, ja, warte mal,“ überlegte der Riese eine Weile; ”da ist drüben in der Wassermühle der junge Müller Bartel Klippklapp, der ist weiß wie sein Mehl vor lauter Fett und muß allerliebst nach Korn schmecken. Den hol mir! Aber er ist schlau, weißt du. Du mußt es klug anstellen.“

      ”Wenn's weiter nichts ist,“ sagte Frechdachs, rief seinen Rappen, der in der Nähe weidete, schwang sich in den Sattel und ritt davon.

      Schon nach fünf Stunden kam er wieder und schleppte den jungen Müller an einem Stricke erwürgt hinter sich her.

      ”Sieh mal an!“ lachte der Riese, ”da hast du ja den Bartel Klippklapp, der so schlau war. Bist wohl noch schlauer gewesen?“

      Frechdachs antwortete: ”Dazu hat nicht viel gehört. Der dumme Kerl stand gerade in seinem Garten und las Raupen vom Kohl. ’Du, Bartel,‘ rief ich, ’was machst du denn da?‘ ’Raupen lesen,‘ sagte Bartel. ’Was machst du denn mit den Raupen,‘ fragte ich. – ’Was soll ich denn damit machen?‘ antwortete er; ’tot machen tu' ich sie; sie fressen mir sonst meinen Kohl.‘ – ’Na, höre mal,‘ sagte ich, ’das ist aber lieblos; die armen Tierchen wollen doch auch leben.‘ – ’Bist du so ein Esel,‘ erwiderte Bartel, ’daß du dir deinen Kohl von Raupen fressen läßt?‘ – ’Nein,‘ sagte ich, ’ich habe gar keinen Kohl, aber Hunger. Gib mir einen Kohlkopf, Bartel.‘ – ’Hast du Geld?‘ fragte der Müller. – ’Nein,‘ sagte ich, ’du sollst mir ihn schenken.‘ – ’Du kannst meine Rückseite bewundern,‘ rief er da, lachte und drehte sich um. – ’Wart,‘ dachte ich, ’alter Geizkragen, für meinen Meister Rumbo sollst du auch bald eine Raupe sein,‘ warf ihm die Schlinge meines Strickes um den Hals, zog sie fest an, und ritt hui, hussa, hop, galopp mit dem Anhängsel davon. Da hast du den Mehlwurm!“

      Der Riese war sehr zufrieden mit dieser Leistung und lobte seinen Gehilfen, fand aber, daß der Müller zu mehlig schmeckte. – ”Bring mir was Pikanteres das nächstemal,“ befahl er.

      Frechdachs machte sich auf und überlegte: ’Wen soll ich bringen? Pikant, das ist leicht gesagt, aber wo gibt es heutzutage Menschen von pikantem Geschmack, die noch genießbar sind? Wenn ich den Doktor Schwalbendreck erwischte, dem vor Brotneid das Blut sauer geworden ist und der infolge seiner krankhaften Begierde, üble Gerüchte zu verbreiten, einen netten kleinen Herzkrebs von zweifellos schwefligem Geschmacke acquiriert hat, so wäre das ja am Ende ein gefundenes Fressen für meinen Herrn und Meister, der überdies, so viel ich weiß, noch keinen Dramatiker gegessen hat, aber erstens wird es schwer sein, dieses Herren habhaft zu werden, der sehr vorsichtig geworden ist, seitdem ihm jemand von ferne eine Pistole gezeigt hat, und dann fürchte ich, daß er schließlich zu penetrant schmeckt. Vergiften darf ich meinen verehrten Giganten doch auch nicht gleich. Sonst brauchte ich ihm ja nur ein Gänseweißsauer von verleumderischen Klatschbasen zu servieren, deren ich einige in der Stadt Knödelimkraut recht gut kenne… Halt! Wie wärs mit dem dicken Literaten, der früher Pastor war!? In ihm vereinigt sich ein Restchen pfäffischer Heimtücke mit journalistischer Giftdrüsenhypertrophie, – eine angenehme Mischung, sollte ich meinen… Aber diese Art Leute sind schwer zu fassen. Es gibt keinen Strick, aus dem sie sich nicht zu winden vermöchten. Ich spare ihn mir für ein andermal auf!‘ – So ritt Frechdachs in ziemlicher Verlegenheit durch Flur und Auen. Da begegnete ihm in seiner Kutsche der Doktor Rasso Schneidebein, der zu einer armen alten Frau gerufen worden war.

      ”He, Herr Doktor, Herr Doktor!“ rief Frechdachs, ”bitte, kommen Sie doch gleich zu meinem Meister, der sich übergessen und Bauchkneipen hat, und geben Sie ihm was ein.“

      ”Hat dein Meister Geld?“ fragte Doktor Schneidebein.

      ”Na, ich danke,“ sagte Frechdachs, ”Geld wie Heu! Sie kriegen zehn Taler.“

      ”Zehn Taler?“ dachte sich der Doktor, ”das ist ein hübsches Stück Geld, und von der Alten

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