Visionen und andere phantastische Erzählungen. Turgenev Ivan Sergeevich
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»Kennen Sie ihn wirklich nicht? Ist er Ihnen nie begegnet?«
»Wirklich nie.«
»Er hat sich fast immer im Ausland aufgehalten. Jetzt ist er übrigens hier… Das ist meine ganze Geschichte,« setzte sie hinzu. »Wie Sie sehen, ist an ihr nichts Geheimnisvolles, nichts Außergewöhnliches.«
»Und Sorrent?« wandte ich schüchtern ein.
»Ich hatte ihn in Sorrent kennen gelernt,« antwortete sie langsam und wurde wieder nachdenklich.
Wir schwiegen beide. Eine seltsame Unruhe bemächtigte sich meiner. Ich saß an ihrer Seite, an der Seite jener Frau, deren Bild so oft meine Gedanken beherrscht und mich so schmerzvoll bewegt und erregt hatte, – ich saß an ihrer Seite, doch mein Herz blieb kühl, beklommen. Ich wußte, daß dieses Gespräch zu nichts führen würde, daß zwischen mir und ihr ein unüberbrückbarer Abgrund lag, daß wir uns nach dieser Begegnung nie wieder sehen würden. Den Kopf etwas vorgebeugt, beide Hände nachlässig auf die Knie gesenkt, saß sie gleichgültig da. Ich kenne nur zu gut diese nachlässige Gebärde des unheilbaren Schmerzes, diese Gleichgültigkeit des nicht wieder gutzumachenden Unglücks! Maskierte Paare zogen an uns vorbei; die Töne eines »eintönigen und wahnsinnigen« Walzers klangen bald leise wie aus der Ferne und bald dröhnend in unsere Ohren; die lustige Ballmusik machte auf mich einen traurigen, schweren Eindruck. Ist denn diese Frau – dachte ich – die gleiche, die mir einst am Fenster jenes fernen Landhauses im Glanze ihrer sieghaften Schönheit erschienen war?.. – Und doch schien sie von der Zeit unberührt. Der untere Teil ihres Gesichts, den die Spitzen der Maske offen ließen, war zart wie bei einem Kinde; ihr entströmte aber ein Hauch von Kälte wie einer Statue… Galathea war auf ihr Postament zurückgekehrt und durfte es nie wieder verlassen.
Plötzlich richtete sie sich auf, sah ins andere Zimmer und erhob sich.
»Geben Sie mir den Arm,« sagte sie mir, »kommen Sie schnell…«
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