Der Parasit, oder, die Kunst sein Glück zu machen. Friedrich von Schiller

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Parasit, oder, die Kunst sein Glück zu machen - Friedrich von Schiller страница 4

Der Parasit, oder, die Kunst sein Glück zu machen - Friedrich von Schiller

Скачать книгу

Belmont. Allerliebst!

      Selicour. Dem gnädigen Fräulein bring' ich diesen moralischen Roman.

      Charlotte. Sie haben ihn doch gelesen, Herr Selicour?

      Selicour. Das erste Bändchen, ja, hab' ich flüchtig durchgeblättert.

      Charlotte. Nun, und —

      Selicour. Sie werden eine rührende Scene darin finden. – Ein unglücklicher Vater – eine ausgeartete Tochter! – Eltern hilflos, im Stich gelassen von undankbaren Kindern! – Gräuel, die ich nicht fasse – davon ich mir keinen Begriff machen kann! – Denn wiegt wohl die ganze Dankbarkeit unsers Lebens die Sorgen auf, die sie unserer hilflosen Kindheit beweisen?

      Mad. Belmont. In alles, was er sagt, weiß der würdige Mann doch etwas Delicates zu legen!

      Selicour (zu Narbonne). In unsern Bureaux ist eben jetzt ein Chef nöthig. – Der Platz ist von Bedeutung, und Viele bewerben sich darum.

      Narbonne. Auf Sie verlass' ich mich, Sie werden die Ansprüche eines

      Jeden zu prüfen wissen – die Dienstjahre, der Eifer, die Fähigkeit und vor allen die Rechtschaffenheit sind in Betrachtung zu ziehen. —

      Aber ich vergesse, daß ich zu unterzeichnen habe. Ich gehe!

      Selicour. Und ich will auch gleich an meine Geschäfte!

      Narbonne. Ich bitte Sie recht sehr, erwarten Sie mich hier, wir haben mit einander zu reden!

      Selicour. Aber ich hätte vor Tische noch so Mancherlei auszufertigen.

      Narbonne. Bleiben Sie, oder kommen Sie schleunigst wieder! Ich habe

      Ihre Gegenwart nöthig! Ein Mann von Ihrer Kenntniß, von Ihrer

      Rechtschaffenheit ist's, was ich gerade brauche! Kommen Sie ja bald zurück! – Ich hab' es gut mit Ihnen vor. (Er geht ab.)

      Sechster Auftritt.

      Vorige ohne Narbonne.

      Mad. Belmont. Sie können sich gar nicht vorstellen, Herr Selicour, wie große Stücke mein Sohn auf Sie hält! – Aber ich hätte zu thun, dächt' ich. – Unsre Verwandten, unsre Freunde speisen diesen Abend hier. – Wird man Sie auch sehen, Herr Selicour?

      Selicour. Wenn anders meine vielen Geschäfte —

      Mad. Belmont. Daß Sie nur ja nicht ausbleiben, sonst würde unserm

      Fest seine Krone fehlen. Sie sind die Seele unsrer Gesellschaft! —

      Und Charlotte, wollte ich wohl wetten, würde es recht sehr übel nehmen, wenn Sie nicht kämen.

      Charlotte. Ich, Mama? Nun ja! Ihre und Papa's Freunde sind mir immer herzlich willkommen.

      Mad. Belmont. Schon gut! Schon gut! – Jetzt zieh dich an! Es ist die höchste Zeit! – Sie müssen wissen, Herr Selicour, daß ich bei dem Putz präsidiere.

      Selicour. So kommt die schöne Kunst noch der schönen Natur zu Hilfe – wer könnte da widerstehen?

      Mad. Belmont. Er ist scharmant! Scharmant ist er! Nicht den Mund öffnet er, ohne etwas Geistreiches und Galantes zu sagen. (Geht mit Charlotten.)

      Siebenter Auftritt.

      Selicour. Michel.

      Michel (im Hereintreten). Endlich ist sie fort! – Nun kann ich mein

      Wort anbringen! – Hab' ich die Ehre, mit Herrn Selicour —

      Selicour (grob und verdrießlich). Das ist mein Name!

      Michel. Vergönnen Sie, mein Herr! —

      Selicour. Muß ich auch hier belästigt werden? Was will man von mir?

      Michel. Mein Herr! —

      Selicour. Gewiß eine Bettelei – ein Anliegen. – Ich kann nicht dienen. —

      Michel. Erlauben Sie, mein Herr!

      Selicour. Nichts! Hier ist der Ort nicht – In meinem Cabinet mag man einmal wieder anfragen!

      Michel. Einen so übeln Empfang glaubte ich nicht —

      Selicour. Was beliebt?

      Michel. Ich komme ja gar nicht, um etwas zu bitten – ich komme, dem

      Herrn Selicour meine gehorsame Danksagung abzustatten.

      Selicour. Danksagung? Wofür?

      Michel. Daß Sie meinem Neffen die Stelle verschafft haben.

      Selicour. Was? Wie?

      Michel. Ich bin erst seit gestern hier im Hause, weil mich mein Herr auf dem Lande zurückließ. Als ich Ihnen schrieb, hatte ich nicht die Ehre, Sie von Person zu kennen.

      Selicour. Was Sie sagen, mein Werthester! Sie wären im Dienst des

      Ministers?

      Michel. Sein Kammerdiener, Ihnen zu dienen!

      Selicour. Mein Gott, welcher Irrthum! Monsieur Michel, Kammerdiener,

      Leibdiener, Vertrauter des Herrn Ministers! – Bitte tausendmal um

      Verzeihung, Monsieur Michel! – Wahrhaftig, ich schäme mich – ich bin untröstlich, daß ich Sie so barsch angelassen. Auf Ehre, Monsieur

      Michel! – Ich hielt Sie für einen Commis.

      Michel. Und wenn ich es auch wäre!

      Selicour. Man wird von so vielen Zudringlichen belagert! Man kann es nicht allen Leuten am Rock ansehen. —

      Michel. Aber gegen alle kann man höflich sein, dächt' ich!

      Selicour. Freilich! Freilich! Es war eine unglückliche Zerstreuung! —

      Michel. Eine sehr unangenehme für mich, Herr Selicour!

      Selicour. Es thut mir leid, sehr leid – ich kann mir's in Ewigkeit nicht vergeben —

      Michel. Lassen wir's gut sein!

      Selicour. Nun! Nun! – ich habe Ihnen meinen Eifer bewiesen – der liebe, liebe Neffe, der wäre denn nun versorgt!

      Michel. Eben komm' ich von ihm her; er ist nicht auf den Kopf gefallen, der Bursch!

      Selicour. Der junge Mann wird seinen Weg machen. Zählen Sie auf mich.

      Michel. Schreibt er nicht seine saubre Hand?

      Selicour. Er schreibt gar nicht übel!

      Michel. Und die Orthographie —

      Selicour. Ja! Das ist das Wesen!

      Michel. Hören Sie, Herr Selicour! Von meinem Briefe an Sie lassen Sie sich gegen den gnädigen Herrn nichts merken. Er hat uns, da er zur Stadt reiste, streng

Скачать книгу