Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Elfter Band: enthaltend Kapitel 21 und 22.. Томас Бабингтон Маколей
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Die Prinzessin wurde durch die Churchill leicht bewogen, ein unterwürfiges und herzliches Beileidsschreiben an den König zu richten. Der König, welcher niemals sonderlich geneigt war, sich in einen Austausch unaufrichtiger Complimente einzulassen, und der noch von der ersten Heftigkeit seines Schmerzes zu Boden gedrückt wurde, schien wenig Lust zu haben, ihrem Entgegenkommen zu entsprechen. Somers aber, welcher erkannte, daß Alles auf dem Spiele stand, ging nach Kensington und verschaffte sich Zutritt in das königliche Cabinet. Wilhelm saß darin, so tief in schwermüthige Gedanken versunken, daß er den Eintritt eines Besuchs gar nicht zu bemerken schien. Nach einer ehrerbietigen Pause brach der Lord Siegelbewahrer das Schweigen und beschwor Se. Majestät, gewiß mit all’ der vorsichtigen Delikatesse, die ihm eigen war und die ihn so vorzüglich befähigte, wunde Stellen des Gemüths zu berühren, ohne sie zu verletzen, sich mit der Prinzessin zu versöhnen. „Thun Sie was Sie wollen,” sagte Wilhelm, „ich kann an keine Geschäftsangelegenheit denken.” Auf diese Ermächtigung hin schlossen die Vermittler eiligst einen Vertrag.30 Anna kam nach Kensington und wurde freundlich aufgenommen; sie erhielt eine Wohnung im St. Jamespalaste, bekam wieder eine Ehrenwache, und nach langer Unterbrechung zeigten die Nummern der Gazette wieder an, daß auswärtige Gesandte die Ehre gehabt hätten, ihr vorgestellt zu werden.31 Auch die Churchill durften wieder unter dem königlichen Dache wohnen. Aber Wilhelm schloß sie zuerst nicht in die Aussöhnung ein, die er mit ihrer Gebieterin angebahnt hatte. Marlborough blieb von militärischen und politischen Aemtern ausgeschlossen, und nicht ohne Schwierigkeit erlangte er Zutritt in dem königlichen Zirkel zu Kensington und Erlaubniß, dem Könige die Hand zu küssen.32 Das Gefühl, mit dem der König ihn betrachtete, erklärt es hinreichend, warum Anna nicht zur Regentin ernannt wurde. Die Regentschaft Anna’s würde die Regentschaft Marlborough’s gewesen sein, und es kann nicht Wunder nehmen, daß ein Mann, dem man kein Amt im Staate oder Heere zu übertragen für rathsam hielt, nicht mit der gesammten Verwaltung des Landes betraut wurde.
Wäre Marlborough stolzen und rachsüchtigen Charakters gewesen, so hätte er sich angereizt fühlen können, einen neuen Streit in der königlichen Familie zu entzünden und neue Cabalen in der Armee anzuzetteln; aber er hatte alle seine Leidenschaften, mit Ausnahme des Ehrgeizes und der Habsucht, streng in der Gewalt. Er kannte das Gefühl der Rache so wenig als das Gefühl der Dankbarkeit. Er hatte gegen die Regierung conspirirt, während sie ihn mit Gunstbezeigungen überhäufte. Jetzt unterstützte er sie, obgleich sie seine Unterstützung mit Schimpf vergalt. Er erkannte sein Interesse vollkommen, er beherrschte sein Temperament vollkommen, und so ertrug er mit Anstand die Unannehmlichkeiten seiner gegenwärtigen Lage und begnügte sich, den Eintritt eines Ereignisses zu erwarten, das ihn für einige Jahre der Geduld reichlich entschädigen konnte. Er hörte zwar nicht auf, mit dem Hofe von Saint-Germains zu correspondiren, aber die Correspondenz wurde nach und nach immer spärlicher und scheint seinerseits nur aus unbestimmten Versicherungen und leeren Entschuldigungen bestanden zu haben.
Das Ereigniß, das allen Aussichten Marlborough’s eine andre Gestalt gegeben, hatte die Gemüther heftigerer und starrsinnigerer Politiker mit hochfliegenden Hoffnungen und abscheulichen Plänen erfüllt.
Jakobitische Verschwörungen gegen Wilhelm’s Leben
Während der ersten dritthalb Jahre nach Grandval’s Hinrichtung war kein ernstlicher Anschlag gegen das Leben Wilhelm’s geschmiedet worden. Einige hitzköpfige Mißvergnügte hatten wohl Pläne zu seiner Entführung und Ermordung gemacht; aber diese Pläne waren, so lange seine Gemahlin lebte, von deren Vater nicht begünstigt worden. Jakob hegte keine Bedenken und war auch, diese Gerechtigkeit muß man ihm widerfahren lassen, kein solcher Heuchler, daß er Bedenken dagegen hätte vorgeben sollen, seine Feinde durch Mittel aus dem Wege zu räumen, die er mit Recht für gemein und schändlich gehalten hatte, als sie von seinen Feinden gegen ihn angewendet wurden. Und wenn ja ein solches Bedenken in ihm aufgestiegen wäre, so fehlte es unter seinem Dache nicht an Casuisten, welche den Willen und die Fähigkeit hatten, sein Gewissen durch Sophismen zu beschwichtigen, wie sie die viel edleren Naturen eines Anton Babington und eines Eberhard Digby verdorben hatten. Die Rechtmäßigkeit des Meuchelmords, in Fällen wo Meuchelmord die Interessen der Kirche fördern konnte, in Zweifel ziehen, hieß die Autorität der berühmtesten Jesuiten, Bellarmine’s und Suarez’, Molina’s und Mariana’s bestreiten, ja sich gegen den Stuhl St. Peter’s selbst auflehnen. Ein Papst war zu Ehren des heimtückischen Gemetzels, in welchem Coligny umgekommen war, an der Spitze seiner Cardinäle in einer Prozession einhergeschritten, hatte ein Jubiläum proklamirt und die Kanonen von St. Angelo abfeuern lassen. Ein andrer Papst hatte in einer feierlichen Allocution die Ermordung Heinrich’s III. von Frankreich in hinreißender, der Ode des Propheten Habakuk entlehnten Sprache besungen und den Mörder über Pinehas und Judith erhoben.33 Wilhelm wurde in Saint-Germains als ein Ungeheuer betrachtet, in Vergleich zu welchem Coligny und Heinrich III. Heilige waren. Gleichwohl weigerte sich Jakob einige Jahre lang, irgend ein Attentat gegen die Person seines Neffen zu sanctioniren. Die Gründe, die er für seine Weigerung anführte, sind so wie er sie eigenhändig niederschrieb, auf uns gekommen. Er heuchelte nicht den Glauben, daß Meuchelmord eine Sünde sei, die ein Christ verabscheuen müsse, oder eine Schurkerei, die eines Gentleman unwürdig sei, sondern er sagte bloß, daß die Schwierigkeiten groß seien und daß er seine Freunde nicht drängen wolle, sich einer großen Gefahr auszusetzen, da es nicht in seiner Macht stehe, sie wirksam zu unterstützen.34 So lange Marie lebte, war es allerdings sehr zweifelhaft,
30
Brief von Mrs. Burnet an die Herzogin von Marlborough, 1704, angeführt von Coxe; Shrewsbury an Russell, 24. Jan. 1695; Burnet II. 149.
31
London Gazette vom 8. 15. 29. April 1695.
32
Shrewsbury an Russell, 24. Jan. 1695; Narcissus Luttrells Diary.
33
De Thou, 53, 96.
34
Life of James, II. 545, Orig. Mem. Natürlich bedient sich Jakob nicht des Wortes Meuchelmord. Er spricht nur von der Ergreifung und Entführung des Prinzen von Oranien.