Gesammelte Sci-Fi-Romane in einem Band. Hans Dominik
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»Wie konnten sie entkommen? Sie mußten doch schließlich fürchten, eines Tages ausgehoben zu werden. Sie konnten sich durch einen unterirdischen Gang sichern, der irgendwo in den Bergen oder am Fluß ins Freie mündet.«
»Ich habe daran gedacht. Aber dann müßte er schon lange bestanden haben. Die drei sind erst seit wenigen Wochen in Linnais. Die Anlage eines Ganges braucht Monate, wenn nicht Jahre. Immerhin bleibt der unterirdische Gang die nächstliegende Erklärung. Es könnte sein, sie hätten ihn mit ihren phänomenalen Hilfsmitteln in dieser kurzen Zeit geschafft … oder … sie sind …«
Dr. Glossin preßte sich mit beiden Händen die Stirn zusammen, als ob ihm der Schädel unter der Gewalt des neuen Gedankens springen wollen. Er schwieg.
Cyrus Stonard trieb ihn zum Weiterreden: »… oder sie sind? Sprechen Sie doch!«
»Oder sie haben unsere Augen geblendet und sind unsichtbar durch unsere Reihen gegangen!«
Cyrus Stonard betrachtete den Doktor zweifelnd.
»… unsichtbar? … Das wäre der Teufel selbst! … Sich unsichtbar machen? … Es geht um Ihren Kopf, Herr Dr. Glossin! Tischen Sie mir keine Märchen auf. Sie werden alt. Ich mußte es Ihnen schon einmal sagen.«
Dr. Glossin sah den Präsident-Diktator ruhig an. Ohne Furcht vor der Gewalt, die jeden Moment sein Leben zerstören konnte. Mit weltabgewandten, weltentrückten Blicken. Dann sprach er. Erst leise und stockend. Dann immer bestimmter und mit gehobener Stimme:
»Was Ihnen Kindermärchen scheint, ist für manchen schon längst Wahrheit und Tatsache. Sie sind der Mann der Realitäten. Der Mann, der seine Politik mit Blut und Eisen macht. Es ist Ihre Stärke, aber … es wird Ihre Schwäche, wenn Kräfte und Dinge aus einer anderen Sphäre an Sie herantreten. Es gibt Wissende, die über diese Dinge nicht lächeln, sondern … ich selbst, Naturwissenschaftler, Skeptiker, ich glaube eher, daß sie aufrecht und unsichtbar durch unsere Reihen gegangen sind, als daß sie sich wie die Maulwürfe in einen unterirdischen Gang verkrochen haben.«
Der Präsident-Diktator zerknitterte die Sayville-Depesche mit energischem Griff von neuem.
»Mögen sie gemacht haben, was sie wollen! Ich halte mich an die realen Tatsachen. Die Macht existiert. Sie ruht in den dreien. Sie hat in Sayville angesprochen. Weshalb warnen sie, wenn sie handeln können? Weshalb haben sie dann nicht auch bei der Geschichte vor Sydney eingegriffen und das Gefecht verhindert?«
»Das ist meine Hoffnung. Sie haben es nicht gekannt. Ihre Macht reicht nicht so weit. Noch nicht so weit. Sonst hätten sie es verhindert. Vorläufig bluffen sie nur. Die Warnung war ein Bluff …«
»Es geht um den Kopf, Herr Dr. Glossin. Sagen Sie nur, was Sie mit Ihrem Kopf vertreten können.«
»Es ist meine feste Überzeugung, Herr Präsident. In ihrer ganzen Tragweite ist die Erfindung erst im Entstehen begriffen. Nur so finde ich eine Erklärung für das Nichteingreifen in die Affäre vor Sydney. Nur so kann ich es verstehen, daß sie warnen, anstatt zu verbieten. Die Fassung der Depesche ist für mich der unumstößliche Beweis, daß die Entwicklung der Macht irgendwo stockt.«
Der Präsident-Diktator war den Ausführungen Glossins mit wachsender Spannung gefolgt.
»Ich glaube Ihnen. Die Folgerung ist einfach. Den Engländern an den Leib! So schnell wie möglich! An Stellen, die der Macht heute noch unerreichbar sind. In Indien … In Südafrika … vielleicht … jedenfalls so schnell wie möglich, denn eines Tages sind sie doch so weit.«
Cyrus Stonard drückte auf den Knopf. Ein Adjutant kam.
»Die Herren vom Kriegsrat! In einer halben Stunde!«
Er sprach wieder zu Dr. Glossin.
»Unsere Pläne müssen geändert werden. Wir wollten England in England schlagen. Jetzt müssen wir es am Äquator versuchen. Das verdanke ich Ihrer Neigung für unkontrollierbare Privatunternehmungen.«
Cyrus Stonard blickte den Arzt an, wie eine Schlange ihr Opfer betrachtet. Mit kaltem, klarem Blick. Lange Sekunden bewegten sich die Lider seiner Augen nicht, und Dr. Glossin fühlte das Blut in seinen Adern gefrieren. Dann fuhr der Präsident-Diktator langsam fort:
»Es gibt ein Mittel für Sie, um sich vollständig zu rehabilitieren. Fangen Sie mir die drei! Wenn Sie sie mir lebendig bringen, will ich Sie belohnen, wie noch niemals ein Mensch von einem anderen belohnt worden ist. Wenn Sie sie tot bringen, soll Ihr Lohn noch überreich sein. Alle Machtmittel, die ein Land von dreihundert Millionen bieten kann, stehen Ihnen zur Verfügung. Neutralität … ich pfeife darauf. Jedes Mittel, jedes Verfahren ist Ihnen erlaubt, wenn es zu dem Ziele führt, die drei in meine Gewalt zu bringen. Denken Sie immer an das Ziel. Seine Erreichung wird unermeßlich belohnt. Mißlingen ist Verrat.«
»… Oder sie sind unsichtbar durch unsere Reihen gegangen.« Dr. Glossin hatte die Möglichkeit gegenüber dem Präsident-Diktator ausgesprochen und hatte damit gesagt, wie es geschehen war.
Als Oberst Trotter als erster über den Gartenzaun von Linnais sprang, stand Erik Truwor in Begleitung seiner beiden Freunde unmittelbar neben ihm. Die hypnotische Kraft Atmas blendete den Obersten und schlug seine Leute mit Blindheit.
»Es ist gut, wenn wir einige Zeit für tot gelten.« Erik Truwor hatte damit den Plan für die nächsten Wochen und Monate gegeben. Atma und Silvester übernahmen die Ausführung. Atma verwirrte die Sinne der Gegner. Silvester trug den kleinen Strahler und brachte die Schießwaffen, mit denen die Fenster des Truworhauses gespickt waren, zum Feuern.
Während die Engländer das Haus belagerten, gingen die drei zur Odinshöhle. Dort ließen sie sich nieder. Aus der Tafel des Fernsehers war das Haus von jeder Seite und in allen Details sichtbar. Silvester Bursfeld ließ den Strahler arbeiten. Er unterhielt das Gewehrfeuer, solange noch eine Patrone vorhanden war. Dann kam das Ende.
Erik Truwor hatte sich entschlossen, sein Vaterhaus zu opfern. Als die Tür unter den Axthieben der Stürmenden einbrach, gab er selbst aus dem großen Strahler die volle Konzentration in das Brennstofflager des Hauses. Zehnmillionen Kilowatt in zehntausend Kilogramm Benzol. Das Truworhaus wurde in einer Sekunde zum feuerspeienden Berg.
Erik Truwor verfolgte das Schauspiel auf der Mattscheibe des Fernsehers. Sein Gesicht blieb unbeweglich, wie aus Stein gemeißelt.
Als die Mauern zusammenstürzten, wandte er den Blick von der Platte ab.
»Sie wähnen uns dort begraben. Ihr Glaube gibt uns die Ruhe für die letzten Vorbereitungen.«
Der Rapid Flyer stand in der Höhle. Als Dr. Glossin mit dem Obersten sprach, als Oberst Trotter seine Brandwunden im Tornea kühlte, trug R. F. c. 1 die Freunde nordwärts davon. Langsam, in niedrigem Flug. Vorsichtig die Deckung der Berge und Föhren nehmend. Ungesehen und ungehört.
Erst als sie in sicherer Weite waren, stieg der Flieger zu größeren Höhen empor und nahm reinen Nordkurs. Über offene See und schweres Packeis. Über Länder und über weite Eisflächen.
Nach dreistündiger Fahrt senkte sich das Schiff. Stieß durch Nebel und Wolken und ruhte auf der Eisfläche, die wie eine ungeheure massive Kuppe den nördlichen Pol unserer Erde umgibt.
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