Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel

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hatte mit Harstschem Gelde das Gymnasium bis Quarta besucht. Doch er kam nicht vorwärts. Das Stillsitzen und Lernen haßte er. Jetzt pflegte er seine Mutter, besorgte allein den kleinen Haushalt und spielte bei Harsts Faktotum für alles. Der langaufgeschossene Junge mit dem altklugen Gesicht war ausgesprochen praktisch veranlagt und ein heller, findiger Kopf. Harst verehrte er, obwohl dieser den bei aller guten Charakterveranlagung recht abenteuerlustigen und unstäten Knaben häufig streng ins Gebet nahm, weil dieser noch immer für einen bestimmten Beruf sich nicht entschieden hatte, während ihm doch dank der Freigebigkeit Frau Augustes jede Laufbahn offen gestanden hätte.

      Zwischen Harst und Karl Malke herrschte im übrigen ein vertraulicher Ton. Der Junge, der soeben das Unkraut aus den Frühbeeten entfernte, hatte Harst eine Weile beobachtet und sagte nun zögernd: »Herr Assessor, Ihnen muß irgend was passiert sein. Sie sind so unruhig.«

      Harst trat neben den Jungen und sog den süßlichen Duft der aus dem Frühbeet noch nicht versetzten Heliotroppflanzen ein. – Heliotrop! Margas Lieblingsparfüm! – Und schon krampfte sich sein Herz in jäher Angst zusammen.

      Dann antwortete er dem Jungen, erzählte ihm von seinen plötzlichen Sorgen. – Karl hatte eigentlich für Marga nicht viel übrig, da sie es gewesen, die seiner Mutter letztens dringend geraten hatte, eine Verwandte zu sich zu nehmen, damit der Junge irgendwo in die Lehre gegeben werden könnte. Und es hatte Karl viel Tränen gekostet und all seiner Überredungskünste bedurft, ehe die Mutter ihm zugesagt hatte, noch bis zum Herbst ihm diese goldene Freiheit zu belassen.

      Jetzt aber fand er doch aufrichtig gemeinte Worte, die seine Teilnahme für seines verehrten Gönners Besorgnis um die Braut verrieten.

      Dann eine Stimme vom Wohnhause her, die der alten Malwine:

      »Herr Harald – Herr Harald!«

      Harst zuckte zusammen. Ein Etwas in diesem Ruf ließ ihn Schlimmes befürchten, irgend eine Nachricht über Margas Verbleib.

      Malwines bleiches, verstörtes Gesicht sagte ihm genug. Er stürmte in sein Arbeitszimmer. Dort saß die Mutter im Schreibtischsessel mit tränenumflorten Augen.

      »Mein – mein armer Junge!« brachte sie nur mühsam hervor.

      In ihrem Schoß lag der Telephonhörer mit der grünen Seidenschnur. Harst nahm ihn auf, meldete sich.

      Sein Studienbekannter und Klubgenosse Kriminalkommissar von Perbram meldete sich.

      Harst erblaßte. Ganz schonend teilte ihm Perbram das Furchtbare mit. Marga war vor einer halben Stunde in einer Laube des Laubengeländes an der Bahnstrecke Halensee-Heerstraße mit einer Stichwunde im Herzen tot, ermordet offenbar, aufgefunden worden.

      2. Kapitel

       Das Taschentuch

       Inhaltsverzeichnis

      Harst jagte in einem Auto an den Tatort. Eine Reihe von Lauben mit sorgfältig gepflegten Gärtchen zog sich hier an der Bahn entlang. Nur die letzte Laube dicht am Rande des Grunewalds unweit des Bahnhofs Heerstraße war von dem Besitzer aufgegeben worden, sah verwahrlost aus und hatte nicht einmal mehr eine Tür. Es war nichts als eine Bretterbude mit dem nach hinten abfallendem Pappdach und einem großen Fenster.

      Die Mordkommission war vor kaum zehn Minuten eingetroffen und hatte auch einen Polizeihund mitgebracht, der aber völlig versagte. Die Herren machten dem ihnen wohlbekannten Assessor bereitwilligst Platz. Höfliche, teilnehmende und herzliche Händedrücke nahm Harst mit völlig versteinertem Gesicht schweigend hin. Der Photograph hatte seinen Apparat gerade über der mitten in der Hütte liegenden Leiche aufgestellt. Als Harst die tote Marga erblickte, hörte er das leise Knacken des Objektivverschlusses. Das Geräusch empfand er wie einen körperlichen Schmerz. Es machte ihm klar, daß seine Braut jetzt nicht mehr sein eigen war. Sie gehörte der Kriminalpolizei; sie war – ein neuer Kriminalfall geworden.

      Er schaute der geliebten Toten in das von einem Ausdruck furchtbaren Entsetzens entstellte Gesicht. Er schloß schnell die Augen. Er merkte, wie alles um ihn herum sich zu drehen begann. Doch seine Willenskraft siegte. Dann sprach er mit dem Vorsitzenden der Mordkommission ganz sachlich über dieses in jeder Einzelheit rätselhafte Verbrechen.

      Nichts war in der Laube gefunden worden, das irgendwie auf den Täter hingedeutet hätte, nicht einmal die Waffe, die wahrscheinlich ein langes Dolchmesser gewesen. Der Polizeihund hatte nur dreißig Schritt nach dem nahen Vorort Halensee zu eine Fährte aufgenommen. – Was hatte Marga Milden hierher geführt? – Das war eine der Hauptfragen. – Man konnte sie nur an diesen vormittags ganz einsamen Platz gelockt haben. Aber – wodurch? – Und dann das Motiv zu diesem Mord an einem jungen Weibe, die durch ihre gesellschaftliche Stellung und ihre Lebensgewohnheiten nie Gelegenheit gehabt hatte, sich die Rachsucht irgend eines Menschen zuzuziehen und deren ganzer Charakter ebenso sehr dagegen sprach, daß sie etwa sich auf irgend welche verhängnisvollen Abenteuer eingelassen haben könnte.

      Gewiß – die Leiche war vollständig ausgeplündert worden. Ringe, Brosche, das goldene Handtäschchen mit Inhalt, – alles fehlte. Dennoch erklärte der Kriminalkommissar Stolten, der Spezialist für Kapitalverbrechen war, daß er an einen Raubmord nicht recht glaube. »Der Schmuck ist nur zur Verdunkelung der Tat mitgenommen worden, Herr Assessor,« sagte er kurz. Er war für seine rücksichtslose Art bekannt. »Da ein Mord aus Rache wohl ausscheiden muß, bleibt nur verschmähte Liebe als Motiv übrig. An diesen Punkt müssen wir uns halten. Helfen Sie mir. Kennen Sie jemand, den Fräulein Milden als Freier abgewiesen hat?«

      Harst verneinte. »Meine Braut hat vor mir keinen Bewerber gehabt. Sie war eine so zurückhaltende Natur, daß sie in Herrenkreisen wenig Anklang fand.«

      Nachher fuhr Harst zu seinen Schwiegereltern. Diese waren durch den Verlust des einzigen Kindes gänzlich gebrochen. Die Präsidentin hatte man zu Bett bringen müssen. Gleich nach Harst traf Kommissar Stolten ein. – »Ich bitte mir zu gestatten, das Zimmer der jungen Dame zu durchsuchen,« sagte er zu dem tief gebeugten Vater.

      Harst half ihm und dem Kriminalwachtmeister Salewski, einem der besten Beamten der Berliner Polizei, bei dieser Arbeit. In Margas behaglichem Zimmer packte ihn abermals für Sekunden ein namenloser Jammer, dem er zu erliegen drohte. Stolten sah den halb irren Blick seiner umflorten Augen, sagte leise: »Denken Sie an die Vergeltung, Herr Assessor! Das lenkt die Gedanken wohltätig ab!«

      Das war das rechte Wort zur rechten Zeit. – Vergeltung! Marga sollte gerächt werden! – So war er denn jetzt der eifrigste bei dieser peinlich genauen Durchsuchung, der nichts entging, bei der jede Kleinigkeit sorgfältig geprüft wurde, besonders alles, was an Briefen und Schriftstücken vorhanden. Doch – auch diese zweistündige Arbeit war umsonst. Dann fragte Stolten den Präsidenten und die beiden Hausangestellten, die bejahrte Köchin Marie und das Stubenmädchen Helene, beide seit Jahren bei Mildens im Dienst und goldtreu, danach aus, ob Marga vielleicht in letzter Zeit oder gar heute früh von einer ihr fernstehenden Person oder in sonstwie auffälliger Art an den Fernsprecher gerufen worden wäre. Er betonte bei dieser zwanglosen Besprechung, der er alle Förmlichkeit nahm, um die beiden Mädchen nicht einzuschüchtern, daß hier jede, auch die unscheinbarste Beobachtung von großem Wert sein könnte.

      Abermals nichts! Das Dunkel, in das dieser Mord gehüllt war, wurde nur noch undurchdringlicher. – Der Präsident Stolten und Harst vereinbarten nun, daß eine Belohnung von 20 000 Mark für die Ermittlung des Täters oder für sachdienliche Angaben ausgesetzt werden sollte.

      Erst gegen sieben Uhr abends war Harst wieder daheim. Seine

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