Schöne Gedichte. Joachim Ringelnatz
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Ding oder was wird aus dem Ding,
Das doch in sich anfing, einmal werden??
Knolle, Puppe, Keim jeder Art
Hält die Erde bewahrt,
Um sie vorzubereiten
Für neue Zeiten.
Die Erde, die so viel Gestorbenes deckt,
Gibt dem Abfall, auch Sonderlingen
Asyl und Ruhe und Schlaf. Und erweckt
Sie streng pünktlich zu Zwiebeln, zu Schmetterlingen.
Zu Quellen, zu Kohlen – – –
Unter der Erde murkst ein Ding,
Irgendwas oder ein Engerling.
Zappelt es? Tickt es? Erbebt es? –
Aber eines Tages lebt es.
Als turmaufkletternde Ranke,
Als Autoöl, als Gedanke – – –
Fäule, Feuchtigkeit oder feiner Humor
Bringen immer wieder Leben hervor.
Das Käferconzert
In einem schönen Thal am Rein
Befand sich der Käfermusikverein,
Es sollte nämlich unter den Linden
Ein größes Käferconzert stattfinden.
Und wo man nur war jeden Augenblick,
Hörte man sprechen von dieser Musik.
Und beim hellen Sonnenschein,
Fanden sich nun die Tiere ein.
Und als alle angekommen,
Natürlich die Vögel ausgenommen,
Da kamen die Musikanten an
Es waren 560 Mann.
Und zuletzt kam n‘auch noch schnelle
Musikdirektor Herr Libelle.
Und die ganzen Käferlein,
Stimmten an die Wacht am Rein.
Die Bienen,
spielten auf Violienen.
Der Bettfloh,
Spielte Cello.
Die Ameise,
Spielte die Flöte leise.
Der Goldschmied,
Sang ein Lied.
Das Scheibentier,
Spielte auf dem Klavier.
Aber der Wasserfloh,
Spielte Oboe.
Die Kleidermotten
Bliesen Fagotten.
Das Lied ist nun aus.
Sagte die Laus.
Nun mußten Solo singen 2,
Man stimmte an die Lorelei,
Der Widder- und der Trauerbock die beiden
Die kratzten ganz erbärmlich auf den Geigenseiten.
Da plötzlich kam ein unerbetner Gast an diese Stelle
Es war ein Spatz ein hungriger Geselle,
Er nahm die Käfer sich zum Frühstück mit Behagen,
Und aß sie auf und klopfte sich den Magen.
Da lachte laut der Strauß
Als er den Spatz vor Freude hörte piepen
Und damit ist hier das Concert nun aus,
Und auch das Buch worin es steht geschrieben.
Im See
Der Häring erzählt zur nächtlichen Zeit
Dem Walfisch die letzte Neuigkeit:
Frau Aal hat neulich den Hummer geneckt,
Indem sie ihn aus dem Schlummer geweckt.
Da gab es einen großen Disput.
Der Hummer fauchte und kochte vor Wut
Und weil er kochte, so wurde er rot
Und als er rot war, da war er tot.
»Ja«, seufzte der Walfisch und weinte gar sehr,
»Ja, rote Hummer, die leben nicht mehr.«
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