Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth
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Читать онлайн книгу Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth страница 28
Kein Skandal!
STRASSER
Haha! Was frägt ein Herz, ein goldenes Herz, das verwundet umherzuckt, gekränkt, getreten, gemordet – was kümmert solch ein Herz das Wort Skandal?! Solch Herz schlägt auf den Tisch: Tabula publico! Coram rasa! Solch Herz soll auf der Stelle blind umfallen, wenn es dir, ja dir, du Schlange, auch nur in Gedanken untreu sündigte! – Und du? Und du?! Sieh die Blumen, die Blumen! Auto und Chauffeur! Zu dritt, zu dritt! Und das Tabarin! Zu viert! Zu fünft!!
EMANUEL
formell: Wir sprechen uns noch, Herr. Denn selbst wenn es Hunderte waren, stelle ich mich schützend vor eine Dame. Obwohl sie mich mit meinem eigenen Lakai betrogen hat, bleibe ich dennoch bis zum letzten Tropfen Kavalier. Das ist Kinderstube, Herr!
STRASSER
Keine Komplikationen!
KARL
Prozeß?
STRASSER
Ich schwöre.
KARL
Klar!
Max bekreuzigt sich.
CHRISTINE
starrt vor sich hin; tonlos: Es waren keine hundert, keine hundert –
STRASSER
So waren es fünf!
EMANUEL
Den Prozeß, Madame, dürften Sie kaum gewinnen. Behörden bereiten nur zu gerne Unannehmlichkeiten, denn sie nehmen den Lebenswandel scharf unter die Lupe – unter das Mikroskop!
STRASSER
Oh, es gibt noch einen Gott!
CHRISTINE
dumpf: Jetzt weiß ich nicht mehr, ob es einen Gott gibt. Wenn ich nur verzweifeln könnte. Muß man denn immer lügen –
STRASSER
Das frage dich!
CHRISTINE
Ja, mich selbst –
KARL
Was war das mit dem Tabarin?
CHRISTINE
schreit: Ich kenne kein Tabarin!
Emanuel gibt Müller ein Zeichen; klatscht in die Hände. Müller hatte sich etwas zurückgezogen; lacht schallend.
STRASSER
Kommen Sie nur, Herr Generaldirektor! Kommen Sie nur!
MÜLLER
nähert sich langsam Christine; hält vor ihr; fixiert sie dreckig.
Stille.
Du kennst kein Tabarin?
Stille.
Kennst du mich?
Stille.
Nanana! Tu man nicht so! So vom Mond importiert! Das wäre schon unverschämt, ja! – Was suchst du hier? Was? Wie? Hier hast du nichts verloren! Verstanden?! Willst du einen biederen Bürgersmann, einen kreuzbraven Gewerbetreibenden, meinen Schulkameraden Strasser in Unkosten stürzen? Denkst wohl, die würzige Luft hier schadet weder dir noch deinem Bankert? Verstanden?! Aushalten willst du dich lassen, aushalten! Nur nichts arbeiten, was? Wie?
CHRISTINE
Bin ich wahnsinnig geworden? – Hilfe!
MÜLLER
Wer hilft Nutten? Kein Aas! Kein Gott! Er ergreift ihren Arm. Was macht das Muttermal? Das Muttermal! Hoppla, da wird wer bleich und blaß! Das Muttermal, das Muttermal! Rechts, schräg rechts! Von mir aus!
CHRISTINE
Was für Muttermal?
MÜLLER
schüttelt sie: Lüg nicht, Nutte!
CHRISTINE
Ich hab kein Muttermal! Au! Lassen Sie los! Sie reißt sich los und flieht. Ich habe kein Muttermal!
STRASSER
Sollte ich mich geirrt?
Christine hört es; hält ruckartig; begreift allmählich.
KARL
zu Strasser: Rindvieh!
Stille.
EMANUEL
faßt sich; zu Christine: Richtig! Aber natürlich! Sie haben kein Muttermal! Freilich!
Stille.
MAX
Muttermal ist ganz anders.
Stille.
STRASSER
verwirrt: Es dreht sich hier nicht um das Muttermal, es dreht sich hier darum, daß nach dem Gebote der Redlichkeit du von mir nicht verlangen – nach all dem was geschah, nicht verlangen, daß ich mein Geld, das ich gar nicht habe, für irgendein Kind –
CHRISTINE
unterbricht ihn; sie steht in einiger Entfernung mit dem Rücken zu den anderen: Es dreht sich hier nicht um Geld.
Stille.
MÜLLER
Haha!
EMANUEL
Pah!
KARL
Quatsch!
STRASSER
Ich hasse Illusionen!
MÜLLER
›Nicht um Geld‹!
MAX
zu Christine: Sondern?
Stille.
CHRISTINE
in leicht singendem Tonfall, voll unterdrückter Erregung: