Die großen Western Staffel 4. Diverse Autoren
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die großen Western Staffel 4 - Diverse Autoren страница 5
»Himmel noch mal – in Wagon Creek ist keiner, dort wird man Mikel auch nicht kennen. Ich denke nicht, dass dort jemand lebt, der Mikel jemals begegnet ist. Wir werden sehen, ob man Mikel erkennt. Jetzt müssen wir ihn erst einmal hinschaffen. Und dann darf ich mich um den Doc kümmern, damit Mikel geholfen wird. Ich habe immer ein fiebersenkendes Mittel dabei, wenn ich unterwegs bin. Das flößen wir Mikel ein. Bevor ich jetzt losgehe und meinen Wagen herfahre, erzählen Sie mir noch, wer hinter Mikel her ist.«
Inez hob den Revolver auf und reichte ihn Jericho zurück.
»Ich traue Ihnen, Señor Graves«, sagte sie leise. »Das ist ein Wunder – der Himmel hat ein Wunder für Mikel und mich gemacht. Señor Graves, Mikel glaubt, dass sie alle hinter uns her sind – Don Carlos und Rual Sastre, der Mann, der auf Mikel schoss. Auch die anderen werden dabei sein, weil sich Carlos und Sastre vor Mikel fürchten – vor seinem Revolver und Gewehr. Sie werden alle nach uns suchen – alle, aber vielleicht Flynn nicht. Mikel sagt, Flynn täte das nicht, obgleich er für Carlos reitet. Flynn ist sein bester Freund, sein Blutsbruder, verstehen Sie?«
»Ich weiß das«, brummte Jericho. »So, Flynn nicht? Dachte ich doch, dass Mikel nach der Schießerei in Morenci über die Grenze und vielleicht zu Flynn geritten wäre. Nur ließ ich mir nicht träumen, dass ich Mikel begegnen könnte. Inez, warum ist man hinter Ihnen und Mikel her – warum?«
Das Mädchen senkte tief den Kopf.
»Es ist meine Schuld, bestimmt nur meine«, flüsterte Inez zitternd.
»Sastre – Carlos wollte, dass ich ihn heirate. Sastre und ich galten als verlobt, so gut wie verlobt, versprochen, verstehen Sie, Señor Graves? Ich habe Carlos immer gesagt, ich würde es nicht tun – ich habe Sastre nie gemocht. Und dann ist die Fiesta an Carlos’ Geburtstag gewesen – eine große Fiesta. Flynn und alle sind gekommen, auch Mikel. Er hatte den Arm noch in der Schlinge, durch den die Kugel dieses Latman in Morenci gefahren war. Er …, er hat mich angesehen, nur angesehen. Und ich habe gewusst, ich liebe ihn, ich will diesen Mann haben. Ich habe in seine Augen gesehen, verstehen Sie, Señor Graves?«
Du großer Geist, dachte Jericho. So ist das? Ein Mädchen von knapp zwanzig Jahren und Mikel, der Schweigsame, ich werde verrückt!
»Ich verstehe«, sagte er träge. »Mikel und Sie – kaum zu glauben, aber manchmal passieren die verrücktesten Dinge. Heißen Sie wirklich Ramirez oder ist der Name etwas länger, Inez?«
»Ich habe Sie belogen – es tut mir jetzt sehr leid, Señor Graves. Ich bin Inez Carmen Ramirez de San Sebastian y Pueblo. In neun Monaten werde ich die Duena sein, dann ist mein Geburtstag. Bis dahin bestimmt nach unseren Gesetzen mein Vormund über mich und unseren Besitz.«
Ihre Stimme versiegte in einem flachen Stöhnen.
»Bis dahin«, sagte Jericho bohrend. »Und wer ist dieser Vormund, Inez?«
»Der – der Vetter meines Vaters, ich nenne ihn meinen Onkel.«
»Und er heißt?«, fragte Jericho gepresst, dem eine dumpfe Ahnung kam. »Wie heißt er?«
»Don – Don Carlos!«
»Gerechter Gott!«, entfuhr es Jericho. »Darum die Verfolger. Ihr Onkel hat diesen Sastre für Sie bestimmt, er will Sie zwingen, den Kerl zu heiraten, damit er … Inez, wie groß ist Ihr Vermögen, was erben Sie?«
»Allen Besitz der de Sebastian y Pueblo, Señor Graves. Es ist viel Land, aber es ist wenig Geld. Don Carlos hat das Geld verschwendet, wie er alles verschwendet hat, was ihm gehörte. Der Vormund kann alles tun, auch mich verheiraten. Das sind unsere Gesetze, verstehen Sie?«
»Allmächtiger!«
Heiliger Rauch, dachte Jericho bestürzt, dieser Bravadoanführer ist der Onkel von Inez. Der Bursche brachte es im mexikanischen Bürgerkrieg unter Juarez bis zum Oberst, ließ sich jedoch General nennen. Er soll wie ein Fürst gelebt und wie ein Despot in dem von ihm kontrollierten Gebiet geherrscht haben.
Jericho hatte plötzlich ein Würgen in der Kehle. Don Carlos, wie sich der Halunke nennen ließ, hatte zuerst die Grenze von New Mexico unsicher gemacht. Dann hatte man ihn vor zweieinhalb Jahren beinahe erwischt und seine Horde von etwa sechzig Bravados zusammengeschossen. Doch der Schuft war wie durch ein Wunder entkommen. Ein halbes Jahr lang war er verschwunden geblieben und dann im Grenzgebiet von Arizona aufgetaucht. Allein die Stagecoach von Ajo zur Grenze war von ihm und seinen Kerlen ein dutzendmal ausgeraubt worden. Einmal hatte er sogar die Soldkasse von Fort Huachuca überfallen und die Begleitung aus dem Hinterhalt zusammengeschossen.
»Ihre Eltern, Inez«, sagte Jericho knapp. »Wann starben sie?«
»Vor zwei Jahren – im Frühjahr«, erwiderte Inez Ramirez mit zitternder Stimme. »Es war ein Unfall – Vater und Mutter waren mit unserem Mayordomo, dem alten Verwalter, nach Santa Margerita zur Viehauktion unterwegs. Die Kutsche stürzte in den Geresa-Bergen ab – ein Steinschlag hoch droben. Sie waren alle tot.«
»So – ein Unfall«, murmelte Jericho. »Und danach tauchte Ihr Onkel auf, der nicht Ihr Onkel ist, sondern nur der Vetter Ihres Vaters, oder?«
»Si«, nickte Inez und blickte scheu zu Jericho hoch. »Mein richtiger Onkel – Don Jaime Ramirez, hielt es mit den Maximilianeros. Er wurde von den Juaristas, auf deren Seite sein Sohn, Don Carlos, kämpfte, erschossen. Sein Besitz war schon vorher verwüstet worden, nur noch das Geld der Familie blieb Don Carlos. Sie wissen, wie er gelebt hat? Es hat in diesem Papier …«
»Den Steckbrief, meinen Sie?«, unterbrach Jericho das Mädchen. »Ja, ich kenne alle Steckbriefe. Wie viel Männer hat dieser sogenannte Don noch, Inez?«
»Ich weiß nicht genau«, antwortete das Mädchen nachdenklich. »Da ist Sastre, seine rechte Hand, der Segundo. Außer Sastre kenne ich noch sieben, acht – neun Männer, Señor Graves, aber es können mehr sein, vielleicht ein Dutzend. Sie leben etwa zwanzig Meilen von unserer Hazienda entfernt auf einer Dependencia.
Da ich aber seit Jahren nicht mehr dort war, habe ich diese Männer gar nicht alle zu Gesicht bekommen. Señor Graves, glauben Sie, er hat unsere Spuren nach dem Sturm noch finden können? Mikel sagte, er könnte sie nur durch ein Wunder wieder entdecken.«
David Jericho blickte über das Mädchen hinweg auf den reglosen Mikel Shannon und dachte an Gus Flynn, jenen Mann, der Arizona besser als jeder andere kannte. Flynn war der geborene Fährtenleser, ein Mann mit dem Instinkt eines Raubtieres. Wenn die Grenzpatrouilen Don Carlos bisher nicht erwischt hatte, dann war es zweifellos Flynns Verdienst.
»War Mike sicher, dass Flynn sich nicht an der Verfolgung beteiligen würde?«, erkundigte sich Jericho. »Wenn Don Carlos Flynn bei sich hat, könnte er die Spur doch entdecken.«
»Flynn hilft Don Carlos nicht, das hat Mikel mehrmals gesagt – und darauf hat er seine Hoffnungen gesetzt«, erklärte Inez. »Mikel sagt, Flynn würde es unter keinen Umständen tun, da er Amerikaner ist und nicht viel von unseren mexikanischen Moralauffassungen hält. Ja, Flynn könnte unsere Spuren finden. Außer ihm vielleicht noch Sastre – ich weiß, dass er von Flynn gelernt hat, doch Mike, meint, Sastre findet nichts.«
»Hoffentlich behalten Sie recht«, erwiderte Jericho düster. »Inez, Ihr Onkel Carlos ist also der letzte männliche Verwandte – richtig?«