In Liebe und Hass - Fioria Band 3. Maron Fuchs
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„Shadow“, murmelte ich. Es war eindeutig das Dämonenoberhaupt, der Herr über die Dunkelheit, der in meinem Kopf zu mir gesprochen hatte. Er ließ mich seine Worte über unsere Verbindung hören.
„Vergiss nicht, du bist nie allein“, erinnerte er mich. „Du hast uns stets an deiner Seite. Und Lloyd. Und das Ding in deinem Bauch.“
Ich prustete los. „Das Ding?“, wiederholte ich und wischte mir die Tränen aus den Augen. „Nimm das zurück!“
„Ich wusste, dass du so reagieren würdest“, lachte der Dämon. „Natürlich meinte ich dein Kind. Und nun beruhige dich.“
„Danke“, flüsterte ich.
Shadow hatte recht. Gefühlsausbrüche halfen mir nicht weiter. Ich konnte nicht rückgängig machen, was geschehen war. Ich musste nach vorne schauen. Auch wenn es mir verdammt schwerfiel. Um nicht zu sagen: unmöglich erschien.
Schnell schüttelte ich den Kopf und begutachtete den Inhalt meines Rucksacks. Ich hatte alles, was ich brauchte. Geldbeutel, Klamotten, Kontaktlinsen, Zahnbürste und andere Hygieneartikel. Aber es blieben noch zwei Stunden, bis ich mich mit Lloyd treffen würde. Was sollte ich so lange tun?
„Mein Handy!“, fiel mir ein. Ich griff zur zusammengefalteten Hose meiner Uniform und zog es aus der Tasche. Handys waren teuer in Fioria. Ich hatte mich sehr über das silberne Arbeitsgerät gefreut. Doch nun musste ich es zurücklassen. Daher legte ich es auf den Schreibtisch, während mein Blick auf den Stapel Papier und die Kugelschreiber fiel, die darauf lagen. Kurz runzelte ich die Stirn. Ich hatte mich zwar von meinen Freunden verabschiedet, aber eigentlich hätte ich ihnen noch so viel zu sagen ...
Zögerlich nahm ich den Rucksack vom Stuhl und stellte ihn auf den Boden. Dann setzte ich mich hin und griff nach einem der Stifte sowie einem Blatt Papier. Doch schon nach der ersten Zeile geriet ich ins Stocken.
Ich stand wieder auf und holte meinen Schlüsselbund, den ich beim Eintreten schnell auf den Nachtschrank geworfen hatte. Es hingen nur drei Schlüssel daran – einer für die Zweigstelle, einer für dieses Zimmer und derjenige meines Elternhauses im kleinen Dörfchen Brislingen. Doch ich wollte nicht die Schlüssel anschauen, sondern den Anhänger, den mir meine Freundinnen Melodia und Haru zum Geburtstag geschenkt hatten. Er zeigte uns drei an unserem fünften Arbeitstag in der Zweigstelle. Das Foto war schon drei Jahre alt, wir waren gerade 15 gewesen. Damals hatte noch keiner davon gewusst, dass ich Mia Sato und nicht Takuto Matsui war. Ich stand in meiner Verkleidung als Mann in der Mitte, rechts und links von mir die Mädchen in ihren gelben Techniker-Uniformen. Die dunkelhaarige Haru lächelte in die Kamera, wirkte dabei geradezu schüchtern. Meine Grundschulfreundin Melodia grinste breit, ihre grünen Augen strahlten richtig und ihre blonden Locken waren wie immer perfekt gestylt. Sie war beliebt in der Zweigstelle, einige der Ranger waren sogar ein wenig in sie verschossen. Dabei hatte sie inzwischen einen Freund. Ich atmete tief durch, steckte den Schlüsselbund ein und setzte mich wieder hin. Nach und nach fiel mir ein, was ich meinen Freunden sagen wollte. Plötzlich war ich froh darüber, dass Lloyd so viel Zeit zum Packen eingerechnet hatte. Ich brauchte lange, um die richtigen Worte für diesen Brief zu finden. Und ich brauchte noch länger, um sie niederzuschreiben.
Lieber Ulrich, lieber Jakob, lieber Mark, liebe Melodia und liebe Haru,
ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich anfangen soll. Bitte entschuldigt, wenn dieser Brief ein wenig chaotisch wird.
Ich war kurz im Wohnhaus, um meine Sachen zu packen. Ich werde lange nicht zurückkommen. Und damit meine ich nicht nur, dass ich Windfeld verlasse, nein, ich werde weiter weggehen. Aber macht euch keine Sorgen um mich. Lloyd ist bei mir und auch die Fiorita lassen mich nie allein. Wir fangen neu an.
Bitte passt auf euch auf. Lasst euch nicht von den Schattenbringern erwischen, lasst meinen Vater nicht gewinnen. Würdet ihr bitte ein Auge auf meine Mutter haben? Ich kann sie nicht mehr beschützen ...
Ulrich, ich danke dir für alles. Du warst für mich der beste, zuverlässigste, klügste Vorgesetzte der Welt. Ohne dich wäre ich in Windfeld vor Heimweh gestorben. Ohne dich hätte ich nie so viel über das Dasein als Ranger gelernt. Ohne dich hätte ich nie als Takuto arbeiten können. Danke für deine Hilfe in allen Lagen, dein Vertrauen und deinen Rat. Du wirst immer wie ein Vater für mich sein.
Jakob, es tut mir schrecklich leid, dass ich dir so oft Sorgen bereitet habe. Dass ich dich zur Verzweiflung und zur Weißglut getrieben habe. Danke, dass du mir immer wieder verziehen und mich jederzeit beschützt hast. Danke, dass du mir trotz des Schocks darüber, wer ich wirklich bin, wieder vertraut hast. Du bist der liebe, clevere, aufrechte große Bruder, den ich mir immer gewünscht habe und der immer auf mich aufpasst.
Mark, ich hätte nie gedacht, dass ich das mal schreiben würde, nachdem du mich in der Grundschule immer so fertiggemacht hast, aber inzwischen bist du einer meiner liebsten Kollegen und einer meiner besten Freunde. Obwohl du nur zufällig und unfreiwillig erfahren hast, wer ich bin, hast du mich nicht verraten. Du bist stärker und vertrauenswürdiger, als ich gedacht habe. Du hast mir bewiesen, dass der erste Eindruck nicht immer der richtige ist. Danke für alles. Und sei Melodia ein guter Freund.
Womit ich auch gleich zu dir komme, Melodia. Du warst nicht nur in der Schulzeit meine beste Freundin. Selbst als ich dich als Takuto kennengelernt habe, bist du wieder zu meiner besten Freundin geworden. Was uns verbindet, ist unglaublich. Darum weiß ich, dass du verstehen wirst, was ich dir hier kurz und knapp sagen will: danke, dass ich immer auf dich zählen kann, danke, dass du mich immer aufheiterst, danke, dass ich immer so offen zu dir sein kann.
Haru, es ist kaum zu glauben, wie wichtig du mir in so kurzer Zeit geworden bist. Du bist einer der intelligentesten, besonnensten und liebenswertesten Menschen, die ich je getroffen habe. Du hast dich nicht mal davon erschüttern lassen, dass ich euch jahrelang belogen habe. Danke für unsere Gespräche, unsere Mädelsabende, unsere gemeinsame Zeit. Ich bin so froh, dass wir zusammen in Windfeld gelandet sind.
Danke, dass ich euch alle meine Freunde nennen darf. Und entschuldigt all die Probleme, die ich euch gemacht habe.
Ich werde einen Weg finden, mich bei euch zu melden. Ich weiß noch nicht, welchen, doch sobald sich die Aufregung gelegt hat, wird mir etwas einfallen.
Ich hab euch unendlich lieb.
Eure Mia
Stille Tränen rannen über meine Wangen. Es war mir nicht leichtgefallen, das zu schreiben. Aber vielleicht freuten sich der Stationsleiter, die beiden Ranger und die Technikerinnen über den Brief. Vielleicht erklärte er einiges oder ermutigte sie.
Ob ich meine Schwangerschaft erwähnen sollte? Außer Lloyd, den Fiorita und mir wusste niemand davon, nicht mal meine Eltern. Eigentlich hatte ich mit Melodia und Haru darüber reden wollen, aber nun erschien mir das Thema unpassend. Immerhin herrschte Krieg.
Nein, das reichte so. Ich legte den Kugelschreiber weg und erhob mich. Dann platzierte ich das Handy auf dem Zettel und überflog ein letztes Mal die Zeilen. Unkontrolliert schluchzte ich auf. Ich musste gehen, bevor es mir noch schwerer fiel, Windfeld hinter mir zu lassen.
Ich schniefte laut, schwang mir den Rucksack über die Schultern und blickte auf das Zimmer, in dem ich drei Jahre gewohnt hatte. Nur mühsam riss ich mich davon los. Und hinter mir fiel die Tür leise ins Schloss.
***
„Mauz, da bist du ja!“, freute sich Herr Tokano und nahm mir das