Finnische Träume - Teil 5 | Roman. Joona Lund
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»Sonst gibt es kein Gespräch!«
Stumm nickte er.
»Du hattest in der Stadt eine Freundin. Hast du mit ihr geschlafen?« Ein Blick und sie kannte die Antwort. »Dann habe ich dir nichts mehr zu sagen.«
»Aber ...«
Müde hatte sie abgewinkt. Sie hatte es ernst und endgültig gesagt, er hätte erklären können, was er wollte, alles hätte hohl geklungen. Mehrere Male hatte er mit ihr zu sprechen versucht, sie hatte ihn nur ausdruckslos angeguckt und sich abgewandt. Waren die Eltern dabei, hatte sie auf Fragen reagiert, aber abweisend. Mutter hatte gefragt, was sie hätte, sie ginge mit Jan um, als wäre er ein Fremder.
Inku antwortete, als hätte sie diesen Einwand erwartet: »Das ist er auch: Er ist mir fremd geworden.« Und war aus der Küche gelaufen.
Auf Mutters Nachfrage hatte Jan den Kopf geschüttelt. Was hätte er ihr denn erzählen sollen?
Kaari hatte ihm das prophezeit, als er vor dem Bahnhof Rucksack und Tasche aus dem Auto gewuchtet hatte. Sie war nicht ausgestiegen, hatte das Fenster heruntergekurbelt. »Also dann, mach’s gut. Ich bin mir sicher, du wirst mich nicht vergessen.«
Er hatte das Gepäck abgestellt, um ihr die Hand zu geben.
»Übrigens, das Mädchen weiß von uns, aber nicht von mir. Keine Ahnung, wer es ihr gesteckt hat. Vermutlich hat sie die Nase voll von dir ...«
Dann war sie davongebraust, hatte seine ausgestreckte Hand übersehen.
Für ihn war das Kapitel Kaari abgeschlossen, nicht aber für Inku. Sie war mit fünfzehn seelisch reifer als manche Erwachsene. Wohl hatte sie verstanden, dass es für sie beide keine Zukunft gab, doch Gefühle sind allemal stärker als Verstandesgründe – sie verhielt sich ihm gegenüber weiterhin schroff und abweisend. Sein Verrat hatte sie tief verletzt, wollte ihm zeigen, dass sie sich das nicht bieten ließ. Kam er nach Hause, rannte sie ihm nicht mehr wie früher entgegen und umarmte ihn, sondern reichte ihm höflich die Hand, war schweigsam, ging ihm aus dem Weg, hatte seine Briefe ungeöffnet zurückgeschickt. Sein Hinweis, er habe erklären wollen, wie alles gekommen war, hatte sie mit einem Achselzucken abgetan.
Es hatte sie Mühe gekostet, sich so kalt und unnahbar zu geben, sie sehnte sich nach ihm, aber ihr Stolz ließ nicht zu, so zu tun, als wäre nichts gewesen. Es war ihr schwergefallen, seine Briefe zurückzusenden. Da die Briefträgerin immer Inku die Post mitgab – so ersparte sie sich den Weg –, hatte Mutter erst nach Wochen gefragt, ob Jan nicht mehr schrieb, hatte nichts als ein Kopfschütteln geerntet. Inku wollte Jan mit der Nase darauf stoßen, dass sie sich zu wehren wusste, hatte aus Romanen gelernt, Eifersucht sei ein altbewährtes Mittel, wenn es darum ging, die Gefühle eines Mannes zu testen.
Der blonde sommersprossige Martti wunderte sich, als ihn Inku einlud, am Samstag zu kommen, sie wollte wandern, der Bruder lebte in der Stadt, sie hätte sonst niemanden, der mitging und allein dürfte sie nicht. Martti war zwei Jahre älter, nicht gerade ein Idol, aber er schien gutmütig zu sein, hatte öfter versucht, mit ihr anzubandeln und jedes Mal hatte sie ihn abblitzen lassen. Pünktlich traf er mit dem Mountainbike ein, war erstaunt, Jan anzutreffen, der seine Enttäuschung über Inkus Entschluss, mit Martti auf den Berg zu steigen, nicht verbarg, hatte er doch selbst beabsichtigt, ihr das vorzuschlagen.
Mutter merkte ihm seinen Missmut an. »Inku wird flügge, wird auch Zeit.« Dann murmelte sie: »Dass sie die Wanderung aber ausgerechnet heute unternimmt, da du gekommen bist und sie es wusste, wundert mich schon sehr.«
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