Adel verpflichtet. Anatol Preissler
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VICTOR
Das tut mir aufrichtig leid, William.
HENKER
Mächtig fein von Ihnen, das zu sagen, Sir, mächtig fein. –
(Der Henker erinnert sich. Dezente Untermalung „Motiv Henker“.)
Es war einfach eine üble Pechsträhne damals. Meine Frau Tilda, Gott hab sie selig, hatte von ihrem Bruder eine Kuh geschenkt bekommen.
VICTOR
Was Sie nicht sagen.
HENKER
Ja. Und ich hatte damals etwas Geld gespart.
VICTOR
Das ist doch gut.
HENKER
Ja. Herrliche Zeiten damals. Da gab es noch richtige Verbrecher. Raubmörder, Brandstifter, Erpresser … Ich kam mit dem Schleifen kaum nach. Es war prächtig.
VICTOR
Das ist doch gut.
HENKER
Ja! Das Geschäft blühte, und ich dachte mir, William, dachte ich mir, bevor du das gute Geld ins Pub trägst, leg es klug an. Und so habe ich selbst ein Pub aufgemacht.
VICTOR
Das ist doch gut.
HENKER
Ja! Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte ich. Wo ich doch so gern im Pub bin. Aber dann war da noch diese Kuh und ich dachte, William, dachte ich, wenn du schon ein ganzes Pub baust, dann kannst du auch einen kleinen Stall dran bauen.
VICTOR
Das ist doch sehr gut.
HENKER
Im Grunde ja, Sir, aber beim Bau hat sich mein ältester Sohn Abel einen rostigen Nagel eingetreten und ist an Blutvergiftung gestorben.
VICTOR
Das tut mir leid zu hören. Mein Beileid.
HENKER
Das ist mächtig fein von Ihnen, Sir, mächtig fein. Doch ich hatte ja noch meinen zweiten Sohn, Phillip, und der half mir weiter zu bauen.
VICTOR
Das ist doch gut.
HENKER
Ja. Aber als wir das Dach beinahe fertig hatten, fiel Philipp hinunter und landete auf einem Heuwagen.
VICTOR
Das ist doch gut.
HENKER
Leider nein, Sir. Unter dem Heu lag eine Heugabel. Mächtig spitze Zacken, so ein Ding. Und gleich drei …
VICTOR
Das tut mir leid zu hören. Mein Beileid.
HENKER
Das ist mächtig fein von ihnen, Sir, mächtig fein.
VICTOR
Und haben sie das Pub je eröffnet?
HENKER
Natürlich Sir. Und es war ein mächtig feines Pub, das kann ich ihnen sagen.
VICTOR
Das ist doch gut.
HENKER
Leider war Roswitha krank.
VICTOR
Ihre Tochter?
Die Musik stoppt.
HENKER
(zögert kurz) Nein, die Kuh. Die Tochter heißt Margaret.
VICTOR
(zögert kurz) Ein schöner Name.
HENKER
(argwöhnisch) Welcher?
VICTOR
Beide.
HENKER
Aye.
(Der Henker erinnert sich. Die Musik setzt wieder ein.)
Roswitha war so krank, dass die Minced Meat Pies, die wir aus ihr gemacht haben, leider unbekömmlich waren. Wir hatten noch keine drei Tage geöffnet, da waren schon zwei Gäste tot.
VICTOR
Durch Minced Meat Pies? Sie sind ein Meister ihres Fachs.
HENKER
Zu liebenswürdig, Sir!
VICTOR
Keine Ursache.
HENKER
Jedenfalls haben die Angehörigen der beiden Verstorbenen mir in der Nacht das Pub angezündet.
VICTOR
Wie schrecklich.
HENKER
In der Tat. Meine Frau Tilda, Gott hab sie selig, ist in den Flammen umgekommen. Das war ein großer Verlust für uns.
VICTOR
Verstehe. Sie haben Ihre Frau wohl sehr geliebt.
HENKER
Das weniger, Sir. Aber sie trug immer die Tageseinnahmen bei sich.
Das Henkermotiv wird ausgeblendet.
VICTOR
Nun, ein Glück, dass Ihnen ihre Tochter …
HENKER
Margaret.
VICTOR
Richtig. Gut, dass Ihnen Margaret noch geblieben ist.
HENKER
Da können Sie drauf wetten, Sir. Ohne Margaret wäre ich längst ruiniert.
VICTOR
Ihre Tochter unterstützt Sie finanziell? Was für ein gutes, treues Kind!
HENKER
Aye