Chefarzt Dr. Norden 1171 – Arztroman. Jenny Pergelt

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Chefarzt Dr. Norden 1171 – Arztroman - Jenny Pergelt Chefarzt Dr. Norden

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würde Erik Berger das niemals zugeben. Er kommandierte seine Assistenzärzte herum, verlangte ihnen alles ab, prüfte ihr Wissen ständig auf Herz und Nieren und behandelte sie, als wären sie nur dafür da, um ihm oder den Patienten gefällig zu sein. Und trotzdem verehrten sie ihn. Sie wussten, er stand zu ihnen und tat alles, damit aus ihnen hervorragende Fachärzte wurden.

      Als Anita Weber in der Notaufnahme ankam, war Dr. Berger nicht da. Zusammen mit den anderen Abteilungsleitern und Oberärzten der Behnisch-Klinik war er in einem Meeting bei Dr. Daniel Norden. Selbstverständlich könnte Martin jederzeit Unterstützung anfordern, falls es nötig sein sollte. Dr. Berger wäre in wenigen Minuten bei ihm. Aber in diesem Fall war das nicht erforderlich. Die junge Frau, die die Rettungswache angekündigt hatte, war in einer Einkaufspassage ausgerutscht und sollte hier durchgecheckt werden. Für den jungen Arzt stellte das keine große Herausforderung dar. Damit würde er auch gut allein fertig werden.

      »Ist sie noch nicht da?« Dr. Jakob Janssen schaute zu ihm rein. »Ich habe gerade gehört, dass die Rettungswache einen Neuzugang angekündigt hat.«

      Jakob war für Martin nicht nur ein Kollege. Die beiden hatten im selben Jahr ihren Abschluss gemacht und dann gemeinsam in der Behnisch-Klinik angefangen. Seitdem verband sie eine enge Freundschaft, obwohl sie sich nicht nur äußerlich voneinander unterschieden. Der dunkelblonde Martin war der besonnene, ruhige Typ, während Jakob als forsch und ungestüm galt und für jeden Spaß zu haben war.

      Jakob grinste. »Wie sieht’s aus? Brauchst du dabei meine Hilfe?«

      »Glaub ich nicht. Was ist los? Langweilst du dich?«

      »Mein Patient ist gerade in der Radiologie. Eine schnöde Sprunggelenksfraktur. Dein Fall klingt viel interessanter. Wir können ja tauschen.«

      »Du weißt, dass uns das eine Menge Ärger einbringen würde. Wenn Berger wieder hier ist, wird er sich ganz genau die Patientenakten ansehen. Stellt er fest, dass du die Behandlung eines Patienten an mich abgegeben hast, weil er dir nicht spannend genug war, springt er aus dem Anzug.«

      Jakob verzog das Gesicht. »Ja, stimmt. Aber es spricht ja wohl nichts dagegen, wenn ich dir ein wenig über die Schulter schaue, während ich auf die Befunde aus der Radiologie warte.« Er setzte sich auf den Drehstuhl, verschränkte die Hände hinterm Kopf und lehnte sich entspannt zurück. »Ist das nicht ein tolles Gefühl, endlich mal Herr der Aufnahme zu sein, ohne dass uns der Chef ständig im Nacken sitzt?«

      Sofort warf Martin einen hektischen Blick zur Tür. »Pass aus, was du sagst. Immer wenn du so eine Bemerkung machst, steht Berger plötzlich hinter dir und macht dich zur Schnecke. Ich wäre dann sehr ungern in deiner Nähe.«

      Jakob winkte lässig ab. Demonstrativ legte er seine Füße auf einem kleinen Rollcontainer ab und setzte zu einer seiner lockeren Bemerkungen an, als die Tür aufgerissen wurde. Sofort sprang er wie ertappt auf und sah Schwester Anna schreckensbleich an. Martin gelang es nur mühsam, nicht lauthals loszulachen.

      Leicht irritiert blickte Anna von ihm zu Jakob Janssen. »Habe ich Sie bei irgendetwas gestört?«

      »Nein, Schwester Anna«, griente Martin. »Sie kommen gerade richtig.«

      Mit einem leichten Stirnrunzeln und nicht restlos überzeugt, zuckte Anna die Schultern. »Ich wollte nur Bescheid sagen, dass der Rettungswagen da ist. Falls Sie also nichts Besseres zu tun haben …«

      »Natürlich nicht.« Auch Martin war nun aufgesprungen. Zusammen mit Anna eilte er hinaus. Die Flachserei mit dem Freund war vergessen, jetzt zählte für ihn nur der neue Fall. Noch wusste er nicht, was ihn erwarten würde. Wahrscheinlich war die angekündigte Sturzverletzung so harmlos, wie er vermutete. Eine kleine Beule, ein paar blaue Flecken, die kaum der Rede wert waren und in wenigen Tagen verschwanden. Aber auch das extreme Gegenteil wäre möglich. Manchmal konnte ein kleiner Unfall dramatische Folgen haben und sogar ein Menschenleben beenden.

      Glücklicherweise deutete auf den ersten Blick nichts darauf hin, dass Martins neuer Patientin dieses schwere Schicksal drohte. Sie war bei Bewusstsein und erwiderte Martins Begrüßung mit klaren Worten.

      »Wir bringen Ihnen Frau Weber mit Verdacht auf Commotio cerebri«, sagte Fred Steinbach. »Sie ist gestürzt und auf den Hinterkopf gefallen. Laut Aussagen von Zeugen war sie ungefähr drei Minuten bewusstlos. Als wir eintrafen, war sie wach, aber leicht desorientiert zu Raum, Zeit, Situation und Person. Sie hat Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und eine retrograde Amnesie. Keine Pupillendifferenz, keine Spasmen, keine Paresen. Alle Vitalwerte sind im Normbereich. Sie erreicht vierzehn Punkte auf der Glasgow Skala.«

      Martin nickte. So wie es aussah, lag der Rettungsarzt mit seiner vorläufigen Diagnose richtig: Anita Weber hatte sich bei dem Sturz eine Commotio cerebri, also ein leichtes Schädelhirntrauma, zugezogen. »Frau Weber, wir werden Sie hier gründlich untersuchen, aber momentan besteht kein Grund zur Sorge. Wahrscheinlich haben Sie nur eine Gehirnerschütterung, die sich mit viel Ruhe gut behandeln lässt.«

      »Dann kann ich jetzt wieder nach Hause?«, fragte Anita ängstlich. »Ich muss nicht hierbleiben?«

      »Das kann ich Ihnen erst sagen, wenn wir alle Untersuchungen abgeschlossen haben. Wir werden zuerst eine Computertomografie machen, um uns Ihren Kopf ein wenig genauer anzusehen.«

      Jens Wiener, der Rettungssanitäter, meldete sich zu Wort: »Frau Weber, Ihr Verlobter weiß Bescheid. Ich habe ihn vorhin von Ihrem Handy aus angerufen. Er kommt so schnell wie möglich her.«

      »Danke! Vielen Dank! Das ist sehr nett von Ihnen.«

      Für die Männer vom Rettungswagen war es nun an der Zeit, sich zu verabschieden und zu ihrem nächsten Einsatz aufzubrechen. Auch Jakob Janssen musste gehen. Sein Patient war aus der Radiologie zurück und brauchte eine Gipsschiene.

      Martin Ganschow untersuchte Anita gründlich, bevor er sie zusammen mit Anna in die Radiologie brachte. Hier wurden sie bereits von Dr. Nils Heinrich, dem leitenden Radiologen, erwartet.

      »Ist Ihr Meeting mit dem Chefarzt schon vorbei?«, wunderte sich Martin.

      »I wo! Die tagen immer noch. Aber ich hatte einen wunderbaren Grund, um mich davonzumachen.« Zufrieden rieb sich der schwergewichtige Oberarzt die Hände und strahlte Anita glücklich an. »Und das verdanke ich nur Ihnen. Sie haben mir heute wirklich den Tag versüßt. Es gibt doch nichts Schöneres, als sich ein ramponiertes Hirn im Computertomograph anzusehen.«

      Entsetzt riss Anita die Augen auf, und Martin griff schnell ein: »Das war nur ein Scherz, Frau Weber.« Er sah den Oberarzt fast beschwörend an, als er sagte: »Nicht wahr, Dr. Heinrich?«

      »Klar!«, erwiderte Heinrich laut lachend. »Aber wer weiß! Wer kann schon sagen, was wir gleich zu sehen bekommen? So ein Gehirn ist immer wieder für eine Überraschung gut. Besonders, wenn es mit voller Wucht auf den Boden geknallt ist. Also, junge Dame, vielleicht habe ich ja Glück, und Sie liefern mir heute einen besonders interessanten Fall.«

      »Ich hoffe nicht«, murmelte Anita bedrückt.

      Schwester Anna strich ihr aufmunternd über den Arm. Als Nils Heinrich immer noch lachend in den Nebenraum ging, um alles für die Untersuchung vorzubereiten, sagte sie zu Anita: »Bitte nehmen Sie das, was Dr. Heinrich sagt, nicht zu wörtlich. Er ist wirklich ein genialer Röntgenarzt, aber mit seinem schrägen Humor stößt er die Menschen immer wieder vor den Kopf, ohne es zu bemerken. Ich bin mir sicher, dass Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen.«

      Anita nickte nur stumm. Sie sollte sich keine Sorgen machen? Sie machte sich Sorgen,

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