Das Krimi All Star Jahrbuch 2020: 7 Romane. A. F. Morland

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Krimi All Star Jahrbuch 2020: 7 Romane - A. F. Morland страница 3

Das Krimi All Star Jahrbuch 2020: 7 Romane - A. F. Morland

Скачать книгу

blickte in ein fein geschnittenes, von dunkelbraunen Haaren umrahmtes Gesicht mit grüngrauen Augen. Ich schätzte sie auf Anfang zwanzig.

      Sie war hübsch, aber das war nicht der Hauptgrund, weshalb mein Blick an ihr haften blieb.

      Für einen kurzen Moment sahen wir uns an.

      Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Eine Sekunde lang blieb sie stehen und trat dann an mir vorbei. Sie wirkte irgendwie gehetzt, so als sei ihr jemand auf den Fersen. Aber ein kurzer Blick die Treppe hinauf sagte mir, dass dort niemand war.

      "Hey!", rief ich ihr hinterher.

      Sie blieb auf dem Absatz stehen, atmete tief durch und drehte sich dann zu mir herum. Es lag auf der Hand, dass sie nur aus der Wohnung jenes Mannes kommen konnte, dessen verfluchter Föhn vermutlich dafür verantwortlich war, dass ich jetzt hier im Treppenhaus stand, anstatt an den Tasten zu sitzen!

      "Was ist?", rief sie ziemlich außer Atem.

      Als sich unsere Blicke begegneten, wusste ich, dass sie Angst hatte. Schweiß stand ihr auf der Stirn, und ich konnte mir bei ihrer sportlichen Figur einfach nicht vorstellen, dass dieser durch die paar Stufen bis zum Absatz entstanden war.

      Und für eine Herzkranke hatte sie einfach noch nicht das richtige Alter.

      Ich deutete mit dem Daumen hinauf zur Wohnung meines Intimfeindes, der mit Vorliebe das Geld eines armen Romanschreibers vernichtete.

      "Hat er sich wieder die Haare gewaschen?"

      "Wer?"

      Sie schien wirklich nicht zu begreifen. Ihre Augen verengten sich ein wenig.

      "Na, der Kerl, der da oben wohnt. Ich weiß nicht, wie er heißt, aber sein Föhn ..."

      "Föhn?"

      Das Wort schien etwas in ihr auszulösen. Ich begriff noch nicht, was. Später sollte es mir klarer werden. "Was wollen Sie eigentlich?", meinte sie dann etwas unwirsch.

      "Ich wollte nur wissen, ob er zu Hause ist!", erwiderte ich dann. Wenn nicht, konnte er auch logischerweise nicht seinen Föhn eingeschaltet haben, und dann musste der Stromausfall durch etwas anderes verursacht worden sein.

      "Was weiß ich ..." murmelte sie, dann wandte sie sich um und rannte weiter. Sie hastete die Treppen hinunter, als ob buchstäblich der Teufel hinter ihr her sei.

      Ich verzog das Gesicht.

      Der Kerl mit dem Föhn − dessen Name mir nicht einmal mehr einfallen wollte − war sicher ein Ekel. Wen wunderte es schon, wenn jemand Reißaus vor ihm nahm? Mich jedenfalls nicht.

      Eine Viertelstunde später sollte mich überhaupt nichts mehr wundern!

      2

      Unterdessen kamen die Frauen von unten zu mir herauf. Der davoneilenden Schönen warfen sie einen kurzen, kritischen Blick hinterher.

      Dann waren sie bei mir angelangt.

      Ich kannte sie flüchtig und wusste, dass sie in der Wohnung unter mir wohnten. Sie hießen beide Meyer und waren Mutter und Tochter. Meyer mit Ypsilon, so stand es an ihrer Wohnungstür, an der ich zwangsläufig vorbeikam, wenn ich hinunter zur Straße wollte.

      Die Mutter war klein, gedrungen und ziemlich dick. Deshalb schnaufte sie jetzt auch gut hörbar. Sie pfiff wie eine Dampflok. Aber das war kein Wunder.

      Ich hätte auch so gepfiffen, hätte ich ihr Gewicht die vielen Stufen hinaufschleppen müssen.

      Die Tochter war schon fast dreißig und hatte immer noch Akne. Ihr selbst gemachter Kurzhaarschnitt stand ihr nicht besonders. Zudem waren ihre Haare eigentlich immer fettig und ungewaschen, wenn sie mir begegnete.

      Ich weiß nicht, ob meine Begegnungen mit ihr repräsentativ für ihr äußeres Erscheinungsbild waren, aber ich denke schon.

      Die beiden machten unzufriedene Gesichter. Bei der Tochter war das eigentlich immer so. Es war gewissermaßen ihr Markenzeichen.

      Aber die Mutter war sonst immer ganz fröhlich, besonders wenn sie in der Pizzeria gewesen war und man ihr dann auf der Treppe mit einem Turm von Schachteln vor der Brust begegnete. Irgendwoher mussten die Pfunde ja auch schließlich kommen, die sie sich angefressen hatte.

      "Es wird wieder der Kerl mit dem defekten Föhn sein!", meinte die Tochter, während sie auf ihrem Kaugummi kaute.

      Fehlte nur noch, dass sie eine Blase machte, aber dazu war sie dann doch vielleicht schon etwas zu erwachsen.

      Selbst sie.

      Trotzdem, wenn ich sie sah, fragte ich mich immer, ob es so etwas wie lebenslange Pubertät geben konnte.

      "Jedenfalls haben wir nichts gemacht, was den Kurzen verursacht haben könnte", fügte die Mutter hinzu. Sie setzte trotz ihres Ärgers jetzt ein überaus freundliches Gesicht auf und meinte dann: "Machen Sie das?"

      "Was?"

      "Dem Kerl Bescheid stoßen! Sie sind schließlich ein Mann!"

      "Was hat das damit zu tun?"

      "Naja, der da oben ist doch immer so unfreundlich. Und wenn man ihn mal trifft, dann grüßt er einen noch nicht einmal!"

      Ich vollführte eine hilflose Geste. Das war nun wirklich nicht das Schlimmste an ihm! Und wenn man es genau nahm, dann grüßte sich in diesem Haus ohnehin fast niemand. In dem Punkt unterschied er sich kaum von den anderen Bewohnern.

      "Wir hatten schon ein paar Begegnungen der unerfreulichen Art", meinte ich. "Ich fürchte, er reagiert auf mich allergisch ..."

      "Nicht allergischer als auf den ganzen Rest der Menschheit", murmelte die pickelige Tochter und drückte dabei völlig ungeniert an einer ihrer unappetitlichen Eiterbeulen herum.

      Wir gingen also die Treppe zu seiner Wohnung hinauf.

      Ich wusste, dass es darauf hinauslaufen würde, dass ich dem guten Mann klarmachen musste, sich endlich einen neuen Föhn zu kaufen. Die beiden Frauen trauten sich nicht, den Kotzbrocken anzusprechen.

      Bei der Mutter war mir das plausibel. Ihre ganze Art war eher zurückhaltend.

      Aber bei der Tochter verstand ich das nicht. Ich wusste nämlich zufällig, dass sie ziemlich laut schreien konnte, um ihre Interessen durchzusetzen. Doch das galt anscheinend nur im Umgang mit ihrer Mutter, die wirklich keinen einfachen Stand ihr gegenüber hatte. Ansonsten spielte sie den verschüchterten Hasen.

      Am liebsten hätte ich ihr in diesem Augenblick vorgeschlagen: › Schrei den Kerl von oben doch nur einmal so an, wie du das bei deiner Mutter schaffst − wahrscheinlich hätten wir dann für ein Jahr Ruhe!

      Aber ich verkniff es mir.

      Dann waren wir oben, vor seiner Tür.

      Ich warf erst einmal einen Blick auf das Namensschild an der Klingel. Er hieß Jürgen Lammers. Irgendwo in einem

Скачать книгу