Es werde dunkel - Ein Spaziergang durch die Geschichte der Filmbearbeitung. Günter Sack

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Es werde dunkel - Ein Spaziergang durch die Geschichte der Filmbearbeitung - Günter Sack страница 4

Es werde dunkel - Ein Spaziergang durch die Geschichte der Filmbearbeitung - Günter Sack

Скачать книгу

Sekunde vorbeigeführt werden müssen. Zur Zeit des Stummfilms waren 16 Bilder pro Sekunde die gängige Bildfrequenz. Später, als der Film eine Tonspur bekam, einigte man sich beim 35-mm-Format weltweit auf 24 Bilder pro Sekunde.“

      „Die ersten Filme haben doch noch sehr geflimmert“, meinte Kalli. „Deshalb galt es noch einen anderen Umstand zu berücksichtigen“, sagte ich. „Die Flimmerfrequenzgrenze des Auges liegt bei ca. 48 Lichtwechseln. Es kam nun darauf an, aus den 24 Bildern pro Sekunde 48 Lichtwechsel zu machen. Somit wären wir schon bei der ersten Maschine und dem ersten Namen, der Filmprojektor und Alexander Ernemann.“

      „Wäre es nicht richtiger, mit einer Filmkamera zu beginnen?“, gab mein Freund zu bedenken. „Du hast nicht ganz unrecht“, meinte ich. „Zumal die ersten Geräte oftmals Kamera und Projektor in einem waren.“

      „Und es waren meist edle Holzkisten“, ergänzte Kalli lächelnd.

      „Das war kein Wunder“, sagte ich. „Bevor sich die Filmindustrie entwickelte, kamen die Leute aus allen möglichen Berufen und bis zuletzt gab es in der Branche viele ambitionierte Seiteneinsteiger. Das Wort Kino wurde übrigens erstmals im Zusammenhang mit der Filmkamera Ernemann-Kino verwendet. Aber lass uns ruhig mit dem Filmprojektor beginnen, denn er bringt den Film zum Leben.“

       1. Kapitel Der Filmprojektor

       „Frühes Kommen sichert gute Plätze! “ (Aber nur im Kino)

       Kalenderspruch

      „Um ein Filmbild über eine große Entfernung zu projizieren, benötigte man zunächst eine kräftige Lichtquelle. Die derzeit übliche Glühbirne war dafür zu schwach und wurde meist nur für Wanderkinos in Kofferprojektoren eingesetzt. In den ersten leistungsfähigen Filmprojektoren wurden deshalb sogenannte Kohlebogenlampen eingebaut. Diese beruhten auf dem Effekt eines Lichtbogens, der entsteht, wenn man zwei unter Gleichspannung und hoher Stromstärke stehende Kohlestäbe kurzschließt und sofort auseinanderzieht. Der dickere der beiden Stäbe, der Pluspol, war im Projektor nach hinten auf einen großen Hohlspiegel gerichtet, der wiederum den hell leuchtenden Krater des Stabes nach vorn, durch einen sogenannten Wabenkondensor, auf das Bildfenster lenkte. Man verwendete in kleinen Kinos die leicht gelblich leuchtende Reinkohle und in großen Sälen die kupferummantelte, weiß leuchtende Beckkohle. Ihre Lichtleistung war so enorm, dass selbst große Autokinos, wie sie schon bald in Amerika üblich wurden, damit ausgeleuchtet werden konnten.“

      „Brannten die Kohlestäbe nicht im Laufe der Zeit ab und war das nicht enorm heiß?“, fragte mein Freund Kalli.

      „Diese Probleme löste man im ersten Fall durch einen Nachschubmotor und im zweiten Fall durch eine Wasserkühlung am Bildfenster, denn die Wärmeentwicklung war wirklich enorm, zumal das damals übliche Filmmaterial auf Basis Nitrocellulose leicht entzündlich war“, erklärte ich.

      „Die Kohlenachschubmotoren waren leider oft nicht sehr präzise und wenn der Filmvorführer nicht aufpasste, riss der Lichtbogen ab und die Zuschauer saßen im Dunkeln. Zur Überwachung des Lichtbogens wurde das Bild des Kraters ausgespiegelt und auf eine Markierung an der Kabinenwand projiziert. Man hatte so einen Anhaltspunkt für die Lampenhelligkeit und den Elektrodenabstand.

      Alexander Ernemann war Maschineningenieur und konstruierte in der Firma seines Vaters Heinrich in Dresden 1909 den ersten alltagstauglichen, aus Stahl und Eisen konstruierten Projektor Imperator. Alexanders Vater, der ursprünglich Kurzwarenhändler war, erkannte schon 1889 die Zeichen der Zeit und beteiligte sich an einer Kameratischlerei für die aufkommende Fotografie. 1898 betrieb er bereits eine Fabrik mit eigener optischer Werkstatt. Er erkannte rechtzeitig die Bedeutung der aufkommenden Kinematographie und baute bereits 1903 seine erste Filmkamera Kino 1. Da das Filmmaterial noch nicht genormt war, benutzte er 17,5 mm breiten Film mit Mittelperforation auf dem Bildstrich. Als Sohn Alexander, nach Studium und mehrjährigem USA-Aufenthalt die kinotechnische Abteilung der väterlichen Firma übernahm, erkannte er sofort die zukünftige Bedeutung stabiler Metallkonstruktionen. Auf Grund der robusten Bauweise seines Imperators nannte man von nun an diese Projektoren Kino-Maschinen. Im Jahr zuvor brachten Heinrich und Alexander ihre erste 35-mm-Kamera Ernemann Modell A auf den Markt. 1923, nach vielen Weiterentwicklungen im Kamera- und Projektorbau, beschäftigte ihre Firma bereits 3500 Mitarbeiter. 1926 ging die Firma in der Zeiss Ikon AG auf, in der Alexander einer der Direktoren wurde. Die 1934 auf den Markt gekommene Ernemann VII, und als Tonfilm-Kinomaschine in der Variante VIIb bis 1951 gebaut, war wegen ihrer Zuverlässigkeit und Ästhetik sehr beliebt und wurde lange Zeit in Kinos und Filmbetrieben verwendet. In meiner ersten Firma waren 17 dieser Projektoren im Einsatz, bis man später einige durch moderne Prüftische der italienischen Firma Prevost ersetzte. Unsere älteren Mitarbeiter in den Vorführungen waren meist vor dem Krieg schon Filmvorführer im Kino und haben an diesen Maschinen noch gearbeitet.“

      „Wie genau entsteht denn nun eigentlich das bewegte Bild auf der Leinwand?“, wollte mein Freund wissen. „Weißt du“, sagte ich, „es kam zunächst darauf an, die Filmrolle auf ihrem Weg durch die Maschine schonend von der oberen Abwickeltrommel in die untere Aufwickeltrommel zu befördern, sie dabei auf halbem Wege am Bildfenster in eine intermittierende Bewegung zu überführen, um sie gleich darauf an der Stelle der Tonabtastung wieder im Gleichlauf zu beruhigen. Die schrittweise Bewegung des Filmes am Bildfenster wurde durch ein sogenanntes Schaltwerk ermöglicht. Bekannte Formen sind zum Beispiel das Greifer Schaltwerk und das Malteserkreuzgetriebe. Letzteres ist robust, filmschonend und wurde wegen seiner Wartungsarmut hauptsächlich in 35-mm-Projektoren eingebaut. Die erwähnte E VII b zum Beispiel hatte einen geschlossenen Getriebeblock, in dem eine Ölpumpe das Schmieröl im Kreislauf auf alle drehenden Wellen beförderte, wobei es ständig gefiltert wurde. Nach ca. 300 Betriebsstunden machte man dann einen kompletten Ölwechsel.

      Da der 35-mm-Film mit 4 Löchern pro Bild perforiert ist, bekam die unterhalb des Bildfensters angebrachte Zahnrolle 16 Zähne. Angetrieben vom Malteserkreuz, schaltete sie den Film jeweils mit einer Viertelumdrehung um ein Bild weiter. Man nannte diese Zahnrolle auch Schaltrolle. Da der Zuschauer auf der Leinwand nur das jeweils stehende Filmbild sehen sollte, musste man die Transportphase von einem zum nächsten Bild abdecken. Dies erreichte man mit einem rotierenden Flügel-Verschluss, auch Umlaufblende genannt, beim Imperator noch vor dem Objektiv, später dann, in Form einer Trommel- oder Kegelblende, eingebaut zwischen Lampenhaus und Bildfenster. Dieser Verschluss hatte neben der Abdeckung des Filmtransports noch eine zweite Aufgabe. Du erinnerst dich an die Flimmerfrequenzgrenze? Man sorgte dafür, dass die Umlaufblende das stehende Bild noch einmal zusätzlich abdeckte, wodurch sich eine Verdoppelung der Hell- /Dunkelphasen, also eine Frequenz von 48 Lichtwechseln ergab.“ „Soweit komme ich mit, Thomas“, sagte Kalli. „Aber du sprachst von der Tonabtastung, war das eine Magnettonspur auf dem Film?“

      „Die Magnettonspur gab es ab den 1950er Jahren, beim 35-mm-Film nur eine kurze Zwischenzeit“, sagte ich. „Obwohl damals die Qualität des Magnettons deutlich besser als die des Lichttons war, sprach vieles dagegen. Unabhängig davon, dass die Projektoren mit Magnettonteilen nachgerüstet werden mussten, die, zwischen oberer Filmtrommel und Laufwerk eingebaut, die Höhe der Maschine veränderten, was für kleine Vorführer problematisch war, waren die Filmrollen anfällig gegen unbeabsichtigtes Löschen durch Magnetfelder. Für das Kopierwerk bedeutete der Magnetton einen enormen Mehraufwand, da auf jede einzelne Filmrolle der entsprechende Ton aufgespielt und geprüft werden musste. Auch konnte die Magnetitschicht im Laufe der Zeit brüchig werden. Für das Filmpositiv ergab sich die Notwendigkeit eine sogenannte Kleinlochperforation herzustellen, denn man benötigte Platz für mehrkanalige Magnettonspuren. Die Lichttonspur war dagegen, wie das Bild, eine fotografische Aufzeichnung zwischen Filmbild und Perforation und wurde mit einem optischen System aus Tonlampe, Optik und Fotozelle unterhalb des Bildfensters

Скачать книгу