Das Gemälde. Susan Hill

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Das Gemälde - Susan Hill Geisterhand

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seltsam erschüttert, vor Erleichterung und auch von einem anderen Gefühl erfüllt, das ich nicht benennen konnte. Warum war ich so versessen auf dieses Bild? Welche Macht besaß es über mich?

      Als ich den Verkaufsraum in Richtung Kasse verließ, um meine Erwerbung zu bezahlen, tippte mir jemand auf die Schulter. Ich drehte mich um und sah einen untersetzten, schwitzenden Mann mit einer großen ledernen Künstlermappe.

      »Mr …?«, fragte er.

      Ich zögerte.

      »Ich muss dringend mit Ihnen sprechen.«

      »Wenn Sie mir verzeihen, ich möchte noch vor der üblichen Schlange zur Kasse …«

      »Nein. Bitte tun Sie es nicht.«

      »Wie bitte?«

      »Erst müssen Sie hören, was ich zu sagen habe. Können wir irgendwo hingehen, wo uns niemand belauschen kann?« Er blickte sich um, als erwartete er, dass sich ein halbes Dutzend Lauscher auf uns stürzen würde, und ich war verärgert. Ich kannte den Mann nicht und hatte nicht den Wunsch, mich mit ihm in irgendeine Ecke zu verkriechen.

      »Alles, was Sie mir zu sagen haben, kann sicherlich hier ausgesprochen werden. Alle sind mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt. Warum sollten sie an uns interessiert sein?« Ich wollte mir meine Erwerbungen sichern, die Anlieferung in Auftrag geben und gehen.

      »Mr …?« Wieder hielt er inne.

      »Parmitter«, erwiderte ich kurz angebunden.

      »Vielen Dank. Mein Name tut nichts zur Sache – ich handle im Auftrag eines Klienten. Ich hätte viel früher hier sein sollen, aber ich wurde in einen Autounfall verwickelt. Ein Unglücklicher, der von einem zu schnell fahrenden Auto gestreift und schwer verletzt wurde, und ich musste dort bleiben und mit der Polizei sprechen, daher meine Verspätung, ich …« Er zog ein sehr großes Taschentuch heraus und wischte sich über Stirn und Oberlippe, doch die Schweißtropfen traten sofort wieder hervor. »Ich habe einen Auftrag. Es gibt ein Bild … ich soll es kaufen. Es ist absolut lebenswichtig, dass ich es mit zurückbringe.«

      »Aber Sie sind zu spät gekommen. Ihr Pech. Was jedoch kaum Ihr Fehler war – Ihr Klient kann Ihnen keinen Vorwurf machen, dass Sie Zeuge eines Autounfalls wurden.«

      Er wirkte zunehmend unbehaglich und schwitzte sogar noch mehr. Ich wandte mich ab, doch er packte mich und hielt meinen Arm so fest, dass es schmerzte.

      »Das letzte Bild«, sagte er, sein Atem übel riechend in meinem Gesicht, »die venezianische Szenerie. Sie haben sie erworben, und ich muss sie haben. Ich zahle Ihnen, was Sie dafür verlangen, mit einem guten Gewinn, damit Sie keinen Verlust haben. Das ist schließlich in Ihrem Interesse, da Sie es sowieso später weiterverkaufen würden. Wie ist Ihr Preis?«

      Ich riss mich aus seinem Griff los. »Es gibt keinen. Das Bild ist nicht zu verkaufen.«

      »Seien Sie nicht albern, Mann, mein Klient ist wohlhabend, Sie können Ihren Preis nennen. Verstehen Sie denn nicht – ich muss das Bild haben.«

      Mir reichte es. Ohne mich um gute Manieren zu kümmern, machte ich auf dem Absatz kehrt und ging weg.

      Aber da war er schon wieder, tatschte mich an, blieb eng an meiner Seite. »Sie müssen mir das Bild verkaufen.«

      »Wenn Sie Ihre Hände nicht von mir nehmen, bleibt mir nichts anderes übrig, als die Träger zu rufen.«

      »Mein Klient hat mir Anweisungen gegeben … Ich kann auf keinen Fall ohne das Bild zurückkommen. Es hat Jahre gedauert, es aufzuspüren. Ich muss es haben.«

      Wir hatten die Kasse erreicht, wo sich jetzt natürlich eine beträchtliche Käuferschlange gebildet hatte, die bezahlen wollte. »Zum letzten Mal«, zischte ich ihn an, »lassen Sie mich in Ruhe. Ich habe es Ihnen gesagt. Ich will das Bild. Ich habe es gekauft und gedenke, es zu behalten.«

      Er trat einen Schritt zurück, und einen Moment lang dachte ich, damit wäre die Sache erledigt, doch dann beugte er sich dicht zu mir und sagte: »Sie werden es bereuen. Ich muss Sie warnen. Sie werden das Bild nicht behalten wollen.«

      Seine Augen traten hervor, und der Schweiß lief ihm jetzt über das Gesicht. »Verstehen Sie? Verkaufen Sie mir das Bild. Es ist zu Ihrem eigenen Besten.«

      Ich hätte ihm fast ins Gesicht gelacht, doch stattdessen schüttelte ich nur den Kopf und wandte mich von ihm ab, starrte auf den grauen Jackettstoff des Mannes vor mir, als sei es das Faszinierendste auf der Welt.

      Ich wagte nicht, mich noch einmal umzuschauen, doch als ich die Kasse endlich verließ, nachdem ich meine Erwerbungen bezahlt hatte, einschließlich des venezianischen Bildes, war der Mann nirgends mehr zu sehen.

      Ich war erleichtert, schlug mir den Vorfall aus dem Kopf und trat hinaus in den Sonnenschein von St. James.

      Erst später am Abend, als ich mich zum Arbeiten an meinen Schreibtisch setzte, spürte ich einen plötzlichen Schauer, ein Frösteln entlang der Wirbelsäule. Der Mann hatte mich nicht im Geringsten beunruhigt – er hatte offensichtlich versucht, mich mit einer erfundenen Geschichte zu überreden, ihm das Bild zu überlassen. Trotzdem fühlte ich mich unwohl.

      Alles, was ich bei der Auktion gekauft hatte, wurde am nächsten Tag geliefert, und als Erstes brachte ich das venezianische Gemälde zu einem Londoner Restaurator. Er würde es fachmännisch reinigen und den alten Rahmen entweder reparieren oder einen anderen finden. Ich nahm auch eines der anderen mit, um einen kleinen Kratzer ausbessern zu lassen, und da Restauratoren langsam arbeiten, wie sie es tun sollten, sah ich die Bilder erst nach mehreren Wochen wieder. Mittlerweile war ich nach Cambridge zurückgekehrt, und das Sommertrimester war in vollem Gange.

      Ich nahm alle neuen Bilder mit hierher. In meinen Londoner Räumen war ich zu selten, um dort etwas von Wert oder Interesse zurückzulassen. Für alle anderen fand ich mit Leichtigkeit einen Platz, aber wo auch immer ich das venezianische Bild aufhängte, sah es falsch aus. Nie hatte ich solche Schwierigkeiten gehabt, ein Bild zu hängen. Und in einem blieb ich eisern. Ich wollte es nicht in dem Zimmer haben, in dem ich schlief. Ich nahm es noch nicht mal ins Schlafzimmer mit. Ich bin jedoch kein abergläubischer Mensch und hatte bis dahin nur Albträume gehabt, wenn ich krank und fiebrig war. Da es mir so schwerfiel, den richtigen Platz zu finden, ließ ich das Bild schließlich hier stehen, angelehnt an das Bücherregal. Und ich konnte nicht aufhören, es zu betrachten. Jedes Mal, wenn ich in diese Räume zurückkam, zog es mich an. Ich verbrachte mehr Zeit damit, es anzuschauen – nein, in es hineinzuschauen –, als mit Bildern von viel größerer Schönheit und Vorzüglichkeit. Ich schien es zu brauchen, viel zu viel Zeit damit zu verbringen, in jede Ecke, jedes einzelne Gesicht zu blicken.

      Von dem ermüdenden Quälgeist aus den Auktionsräumen hörte ich nichts mehr und hatte ihn bald vollkommen vergessen.

      Nur eine befremdliche Sache geschah um diese Zeit. Es war im Herbst desselben Jahres, kurz nach dem Michaelitag und an einem Abend, an dem die erste Kühle des Herbstes mich veranlasste, nach einem Feuer im Kamin zu klingeln. Das Feuer prasselte gemütlich, und ich arbeitete an meinem Schreibtisch im Schein der Lampe, als ich zufällig kurz aufschaute. Das venezianische Bild stand direkt in meinem Blickfeld, und irgendetwas daran ließ mich genauer hinschauen. Das Säubern hatte dem Bild größere Tiefe verliehen, wodurch die Einzelheiten jetzt viel genauer zu erkennen waren. Auf dem Weg neben dem Wasser drängten sich mehr Leute als zuvor, stellenweise in mehreren Reihen hintereinander, und auch Gondeln und andere Boote voller Nachtschwärmer, manche maskiert, andere

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