Das Wechselspiel von Köln. Franziska Franke

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Das Wechselspiel von Köln - Franziska Franke Krimi

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war. Doch nicht nur meine lädierte Schulter, das wechselhafte Wetter und der nicht vorhandene Komfort an Bord des Militärschiffs machten mir zu schaffen. Seit dem Überfall beschäftigte mich Tag und Nacht die Frage, ob ich den Wegelagerern zufällig in die Falle geritten war. Je mehr ich darüber nachdachte, umso mehr gelangte ich zu der Überzeugung, dass sie nicht wahllos irgendwelchen Reisenden aufgelauert hatten, sondern es auf mich abgesehen hatten. Sonst hätten sich die Schurken an der Landstraße postiert und nicht an der Abzweigung zu meinem Landgut. Ihr Anschlag war misslungen, aber ich musste wahrscheinlich mit einem zweiten Versuch rechnen. Wollte man meine Bemühungen, den Tod des Geldwechsler aufzuklären, durchkreuzen? Sicherlich war es kein Zufall, dass man mich nur einen Tag, nachdem ich mit dieser Aufgabe betraut worden war, überfallen hatte. Aber wie hatten die Halunken das erfahren? So wenig mir die Vorstellung behagte, musste ich wohl davon ausgehen, dass irgendjemand in der Militärverwaltung es ihnen mitgeteilt hatte.

      Während ich noch dumpf vor mich hingrübelte, bemerkte ich, dass der Kapitän, ein vierschrötiger alter Haudegen, uns anblickte.

      »Wir sind am Ziel«, informierte er uns knapp.

      Gedankenverloren wie ich war, hatte ich gar nicht bemerkt, dass wir gerade einen weißgetünchten Leuchtturm passierten, der auf einer Landzunge stand. Er bewachte den Eingang eines breiten Hafenbeckens, in das wir hineinsteuerten.

      Ich war auf das atemberaubende Panorama einer großen Stadt gefasst, aber hinter den Landestegen, die mit rechteckigen Eichenbohlen befestigt waren, zeichneten sich nur einfache Baracken vor dem trüben Himmel ab. Vergeblich blickte ich mich nach der Zivilsiedlung um. Auch Lucius reckte seinen Hals und schaute angestrengt in die Ferne. Einige Sekunden lang war ich wie vor den Kopf gestoßen, dann begriff ich, was geschehen war: Unsere Liburne lief gerade in den Militärhafen ein, der südlich der Veteranenkolonie lag. Hier befanden sich auch ein Hilfstruppenlager und das Hauptquartier der in Germanien operierenden Flotte.

      »Ich dachte eigentlich, dass sie uns in die Stadt befördern«, schimpfte ich laut vor mich hin.

      »Willst du nicht mit dem Kapitän sprechen?«

      Wie immer, wenn es Schwierigkeiten gab, fand es Lucius selbstverständlich, dass ich mich darum kümmerte.

      »Ich möchte die Marinesoldaten lieber nicht während des Landemanövers ablenken. Die Schifffahrt ist auch so ein gefährliches Geschäft«, brummte ich und beugte mich über die Reling.

      Das Schiff verlor an Fahrt und wir legten sanft am Kai an. Die Ruder wurden eingezogen und eine Leine an Land geworfen, mit der die Liburne an den Kai gezogen und vertäut wurde. Die Landebrücke – eigentlich nur eine Planke – wurde auf das Deck herabgelassen. Kaum hatte sie den Boden berührt, eilte der Kapitän schon mit langen Schritten an Land. Ihm folgte ein finster dreinblickender Mann von Mitte fünfzig, der es während der Fahrt nicht für nötig befunden hatte, unsere Existenz zur Kenntnis zu nehmen. Man hatte uns gesagt, er sei ein ehemaliger Römischer Beamter, sein genauer Rang war mir entfallen. Angeblich hatte er sich in Germanien niedergelassen, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass er das freiwillig getan hatte.

      »Wann kommt der Kapitän zurück?«, wandte ich mich an den Navigator, einen wettergegerbten Griechen.

      »Keine Ahnung! Wohl nicht vor morgen Früh.«

      Ich sah, wie die Männer auf dem Kai für den Kapitän und den Beamten auseinander traten.

      »Und wie sollen wir dann in die Veteranenkolonie gelangen?«, fuhr ich den Offizier an.

      »Man hat uns befohlen, euch mitzunehmen. Von einem Fuhrdienst war nicht die Rede.«

      Der Navigator drehte sich jäh um und ließ uns einfach stehen.

      »Ich finde, man hätte uns wenigstens Pferde zur Verfügung stellen sollen«, maulte Lucius, der bisher wie erstarrt neben mir gestanden hatte.

      »Wem sagst du das«, stimmte ich verärgert zu. »Offenbar hat der Legat versäumt das anzuordnen. Aber Jammern hilft nichts. Wenn wir hier nicht übernachten wollen, werden wir wohl in die Stadt laufen müssen.«

      Mein Bruder murmelte einige unverständliche Worte vor sich hin. Aber er folgte mir, als ich zum Deck hinunterstieg, um mein Gepäck zu holen. Als wir mit unseren Taschen und Ranzen an Land gingen, nieselte es. In Germanien war es nie sehr hell, aber diesen Tag empfand ich als besonders fahl und düster.

      Sobald ich meine Füße auf festen Boden gesetzt hatte, kehrte mein Appetit zurück, der mir unterwegs abhandengekommen war. Hilfe suchend blieb ich einen Augenblick stehen und schaute mich um. Am Nachbarkai wurde gerade ein Schiff mit Baumaterial beladen und es wimmelte nur so von Soldaten. Aber niemand nahm Notiz von uns.

      Wir verließen den Hafen und gelangten zu einer ausgebauten Straße, der wir folgten.

      »Ich hätte nicht gedacht, dass ich mein Gepäck durch die Gegend schleppen muss«, brummte ich vor mich hin.

      »Wenn dir dein leichter Seesack zu schwer ist, würdest du einen kläglichen Legionär abgeben«, kommentierte Lucius amüsiert. »Was meinst du, was wir außer unserer Rüstung während des Marsches herumschleppen müssen? Kleidung, Kochgeschirr und sogar unseren Proviant.«

      »Deshalb hätte ich auch im Traum nicht daran gedacht, mich anwerben zu lassen«, entgegnete ich und ließ meinen Blick schweifen. Breit wälzte sich der graue Strom durch die flache Landschaft, die dem Auge nichts bot, an dem es sich hätte festhalten können. Argwöhnisch beäugte ich die dichten Büsche am Wegrand, hinter denen sich eine Räuberbande hätte verbergen können. Wenn man hier mitten in der Einöde überfallen wird, gibt es keine Rettung mehr, durchfuhr es mich. Beunruhigt verlangsamte ich meine Schritte und blickte zurück.

      »Keine Sorge, du bist in Begleitung eines Soldaten«, meinte Lucius grinsend und ich schämte mich für meine Ängstlichkeit. Die Halunken, die mir aufgelauert hatten, waren wohl kaum unserem Schiff gefolgt.

      »Ein Soldat, der im Büro mit Papyrusrollen kämpft«, ergänzte ich finster.

      Einige Minuten später sah ich am Wegrand einen mit Moos überzogenen, verwitterten Meilenstein. Sein beklagenswerter Zustand erstaunte mich nicht. Auch meine Kleidung war inzwischen ganz klamm.

      »Ich kann nur den Namen Vespasian entziffern. Aber es interessiert mich nicht, wer den Stein hat setzen lassen, sondern wie weit es noch bis zur Veteranenkolonie ist!«, sagte ich mürrisch, nachdem ich die verwaschene Inschrift auf der Vorderseite zu lesen versucht hatte. »Hoffentlich sind es nicht mehr als zwei Meilen.« Anklagend zeigte ich auf meine feinen Sandalen, die von einer Lehmschicht bedeckt waren. »Für diesen Gewaltmarsch könnte ich auch Armeesandalen gebrauchen.«

      »Du kannst dich ja rekrutieren lassen«, brummte Lucius. Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu und wir setzten unseren Weg fort.

      Nach einer Weile säumten Gräber beide Seiten der Straße, was ein gutes Zeichen war, denn Grabanlagen befanden sich selten weit von den Ortschaften entfernt. Manche der Monumente waren mit steinernen Masken geschmückt und auch sonst waren viele aufwändiger als die Grabdenkmäler von Mogontiacum.

      Als sich die Veteranenkolonie endlich am Horizont abzeichnete, bestaunte ich ihre gewaltige Stadtmauer aus sorgfältig zugeschlagenen grauen Steinquadern. Sie war von einem Graben umgeben und besaß zahlreiche Tore und runde Wehrtürme. Ihre Aufgabe war nicht nur, die Barbaren abzuwehren, sondern die Mauer sollte auch die Macht und den Glanz des Römischen Reiches demonstrieren.

      Je näher die Stadt rückte, desto zahlreicher wurden die Töpfereien.

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