Honoré de Balzac – Gesammelte Werke. Honore de Balzac

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Honoré de Balzac – Gesammelte Werke - Honore de Balzac Gesammelte Werke bei Null Papier

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die­se Fra­ge stel­le? Um zu er­fah­ren, ob Ihre zwei­hun­dert­vier­zig­tau­send Fran­ken noch in Ro­gu­ins Hän­den sind. Ro­guin war seit so lan­ger Zeit mit Ih­nen in­tim be­freun­det, er hät­te so an­stän­dig sein kön­nen, sie Cla­paron zu über­ge­ben, dann wä­ren Sie noch gut da­von­ge­kom­men! Aber ich bin ja dumm! … Er hat sie na­tür­lich zu­sam­men mit Cla­parons Geld mit­ge­nom­men, der, zu sei­nem Glück, ihm nur hun­dert­tau­send Fran­ken für mich über­sandt hat, wor­über ich kei­ne Quit­tung be­sit­ze; ich habe sie ihm so an­stands­los ge­ge­ben, wie ich Ih­nen mei­ne Bör­se an­ver­trau­en wür­de. Ihre Ter­rain­ver­käu­fer ha­ben nicht einen Hel­ler er­hal­ten, sie sind eben bei mir ge­we­sen. Die Va­lu­ta für Ihre Hy­po­thek auf die Ter­rains ist we­der für Sie noch für Ihren Hy­po­the­kengläu­bi­ger vor­han­den, Ro­guin hat das eben­so ver­un­treut wie Ihre hun­dert­tau­send Fran­ken … die er … schon längst nicht mehr hat­te … Eben­so sind Ihre letz­ten hun­dert­tau­send Fran­ken ver­lo­ren, ich er­in­ne­re mich, daß ich auf der Bank war, sie ab­zu­he­ben.«

      Cäsars Pu­pil­len er­wei­ter­ten sich der­ma­ßen, daß er nur noch eine rote Flam­me sah.

      »Ihre hun­dert­tau­send Fran­ken von der Bank, mei­ne hun­dert­tau­send Fran­ken für sein No­ta­ri­at, Cla­parons hun­dert­tau­send Fran­ken, das macht drei­hun­dert­tau­send Fran­ken Un­ter­schla­gun­gen, ohne die, die noch nicht be­kannt sind«, fuhr der jun­ge No­tar fort. »Man ist in großer Sor­ge we­gen Frau Ro­guin. Herr du Til­let ist noch gut da­von­ge­kom­men! Ro­guin hat ihm einen Mo­nat lang zu­ge­setzt, um ihn mit in das Ter­rain­ge­schäft zu ver­wi­ckeln, aber zum Glück für ihn war sein gan­zes Geld in ei­ner Spe­ku­la­ti­on, die er mit der Fir­ma Nu­cin­gen macht, fest­ge­legt. Ro­guin hat sei­ner Frau einen ent­setz­li­chen Brief hin­ter­las­sen, ich habe ihn eben ge­le­sen. Seit fünf Jah­ren ver­un­treu­te er das Ver­mö­gen sei­ner Kli­en­ten, und für wen? Für eine Mätres­se, für die schö­ne Hol­län­de­rin; erst vier­zehn Tage, be­vor es zum Klap­pen kam, hat er sie ver­las­sen. Die­se Ver­schwen­de­rin saß da ohne einen Hel­ler, ihre Mö­bel sind ver­kauft wor­den, weil sie Wech­sel aus­ge­stellt hat­te. Um sich der Ver­fol­gung zu ent­zie­hen, war sie in eine Woh­nung im Palais Roy­al ge­flüch­tet, und hier ist sie ges­tern abend von ei­nem Ka­pi­tän er­mor­det wor­den. Sie, die si­cher­lich Ro­gu­ins Ver­mö­gen ver­schlun­gen hat, hat schnell ihre Stra­fe vom Him­mel emp­fan­gen. Wei­ber gibt es, de­nen gar nichts hei­lig ist; die ein gan­zes No­ta­ri­at ver­schlin­gen! Frau Ro­guin ist auf ihre ge­setz­li­che Hy­po­thek an­ge­wie­sen, sein üb­ri­ges Ver­mö­gen ist über sei­nen Wert be­las­tet. Das No­ta­ri­at hat er für drei­hun­dert­tau­send Fran­ken ver­kauft! Ich glaub­te, ich hät­te ein gu­tes Ge­schäft ge­macht, und der An­fang ist, daß ich da­für noch hun­dert­tau­send Fran­ken mehr be­zah­len muß; eine Quit­tung habe ich nicht: es kön­nen Um­stän­de hier­bei ein­tre­ten, die mich das No­ta­ri­at und die Kau­ti­on kos­ten kön­nen, denn die Gläu­bi­ger wer­den den­ken, daß ich mit ihm un­ter ei­ner De­cke ste­cke, wenn ich von mei­nen hun­dert­tau­send Fran­ken rede, und wenn man ein An­fän­ger ist, muß man um sei­ne Re­pu­ta­ti­on be­sorgt sein. Es wer­den kaum drei­ßig Pro­zent her­aus­kom­men. Das ist eine bit­te­re Pil­le für einen Mann in mei­nen Jah­ren! Ein Mensch von neun­und­fünf­zig Jah­ren, und gibt das Geld für ein Frau­en­zim­mer aus! … Die­ser alte Narr! Schon vor drei Wo­chen hat er zu mir ge­sagt, ich sol­le Cäsa­ri­ne nicht hei­ra­ten, denn Sie wür­den nichts mehr zu es­sen ha­ben; solch ein Scheu­sal!«

      Alex­an­der hät­te noch lan­ge so re­den kön­nen, Bi­rot­teau war wie ver­stei­nert. So vie­le Wor­te, so vie­le Keu­len­schlä­ge. Er hör­te nur den Klang der Ster­be­glo­cke, wie er zu An­fang nur die Brand­flam­men sei­ner Ver­nich­tung ge­se­hen hat­te. Alex­an­der Crot­tat, der den wür­di­gen Par­füm­händ­ler für stark und ver­mö­gend ge­hal­ten hat­te, war ent­setzt über sei­ne Bläs­se und sei­ne Starr­heit. Ro­gu­ins Nach­fol­ger ahn­te nicht, daß der No­tar Cäsar mehr als das Ver­mö­gen ge­raubt hat­te. Dem tief re­li­gi­ösen Kauf­mann schoß der Ge­dan­ke an Selbst­mord durch den Kopf. In ei­nem Fal­le, wie die­ser, ist Selbst­mord das Mit­tel, um tau­send To­den zu ent­ge­hen, es ist lo­gisch, daß man den einen vor­zieht. Alex­an­der Crot­tat faß­te Cäsar un­ter den Arm und woll­te ihn mit fort­zie­hen, aber das war un­mög­lich: sei­ne Bei­ne ge­horch­ten ihm nicht, wie wenn er be­trun­ken wäre.

      »Was ist Ih­nen denn?« sag­te Crot­tat. »Ein biß­chen Mut, mein gu­ter Herr Cäsar! So et­was bringt einen Men­schen noch nicht um. Vier­zig­tau­send Fran­ken wer­den Sie üb­ri­gens wie­der­be­kom­men, der Dar­lehns­ge­ber hat­te den Be­trag nicht flüs­sig, er ist Ih­nen nicht aus­ge­hän­digt wor­den, Sie kön­nen auf Un­gül­tig­keits­er­klä­rung des Ver­tra­ges kla­gen.«

      »Der Ball, der Or­den, zwei­hun­dert­tau­send Fran­ken Platz­wech­sel und nichts in der Kas­se. Die Ra­g­ons – Pil­ler­ault … Und mei­ne Frau, die das ge­ahnt hat!«

      Ein Strom un­zu­sam­men­hän­gen­der Wor­te, die die Fül­le nie­der­schmet­tern­der Ge­dan­ken und fürch­ter­li­cher Schmer­zen ver­rie­ten, er­goß sich wie ein Ha­gel­schau­er, der alle Blü­ten dar Ro­sen­kö­ni­gin ver­nich­te­te.

      »Ich woll­te, man schlü­ge mir den Kopf ab,« sag­te Bi­rot­teau end­lich, »er ist mir so schwer und zu nichts mehr nüt­ze …«

      »Ar­mer Va­ter Bi­rot­teau,« sag­te Alex­an­der, »steht es denn so ge­fähr­lich um Sie?«

      »Ge­fähr­lich!«

      »Fas­sen Sie nur Mut und neh­men Sie den Kampf auf.«

      »Kampf!«

      »Du Til­let ist doch Ihr An­ge­stell­ter ge­we­sen, das ist ein klu­ger Kopf, er wird Ih­nen hel­fen.«

      »Du Til­let?«

      »Vor­wärts, kom­men Sie nur!«

      »Ach Gott, in die­sem Zu­stand kann ich nicht nach Hau­se ge­hen«, sag­te Bi­rot­teau. »Sie sind doch mein Freund, wenn es über­haupt noch Freun­de gibt, ich habe mich für Sie in­ter­es­siert, und Sie ha­ben an mei­nem Ti­sche ge­ges­sen – Xan­d­rot, im Na­men mei­ner Frau bit­te ich Sie, neh­men Sie einen Wa­gen und brin­gen Sie mich nach Hau­se!« Der jun­ge No­tar setz­te eine fast leb­lo­se Mas­se, die den Na­men Cäsar führ­te, mit großer Mühe in den Wa­gen. »Xan­d­rot,« sag­te der Par­füm­händ­ler mit trä­nen­er­stick­ter Stim­me, denn jetzt end­lich flos­sen ihm die Trä­nen und lo­cker­ten ein we­nig das ei­ser­ne Band, das ihm den Kopf zu­sam­men­preß­te, »las­sen Sie bei mir hal­ten und spre­chen Sie statt mei­ner mit Cöles­tin. Sa­gen Sie ihm, lie­ber Freund, daß es sich um mein und mei­ner Frau Le­ben han­delt. Un­ter kei­ner Be­din­gung darf je­mand über Ro­gu­ins Ver­schwin­den ein Wort fal­len las­sen. Ru­fen Sie Cäsa­ri­ne her­un­ter und bit­ten Sie sie, auf­zu­pas­sen, daß ihre Mut­ter nichts von der Sa­che er­fährt. Sie soll auf uns­re bes­ten Freun­de, Pil­ler­ault, die Ra­g­ons, auf je­den ein­zi­gen acht­ge­ben.«

      Die Ver­än­de­rung in Bi­rot­te­aus Stim­me ging Grot­tat nahe, der die Wich­tig­keit die­ses Auf­trags ein­sah. Die

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