VIREN. Traian Suttles

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VIREN - Traian Suttles

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charakteristisch.

      Kommen wir nun zu den besagten Normalviren, von denen einige tausend Arten bekannt sind (bei hoher anzunehmender Dunkelziffer). Da diese im Gegensatz zum ganz nackt daherkommenden Erbgut der Viroide mit einem Capsid, also einem Proteinmantel, ausgestattet sind, kann dessen Ausformung die äußere Gestalt bestimmen. Zwei Grundformen des Capsids treten häufig auf; sie wirken entweder wie bestimmte vielflächige Körper – vornehmlich wie Ikosaeder, also Zwanzigflächner – oder aber helikal, d. h. spiralförmig. Doch auch quaderförmige Capside sind bekannt, wie etwa bei Myxomatoseviren (Kaninchenpestviren). Mit den helikalen Capsiden geht passenderweise eine spiralig aufgewundene Erbsubstanz einher; oft werden sie sehr lang, was dem Virus eine entsprechend stäbchen- oder fadenartige Form verleiht. Solche elongierten Capside können auch in sich ringförmig geschlossen sein, wie bei den Arenaviren (bekanntester Vertreter ist das Lassavirus, welches das gleichnamige Fieber verursacht) – diese gehören jedoch zu den Hüllviren. Da bei Hüllviren das Capsid noch einmal von einer Lipid-Membranschicht umgeben ist, weisen sie bisweilen ein kugeliges Erscheinungsbild auf. Hüllviren müssen aber nicht exakt sphärisch sein, was man etwa bei den

      unregelmäßig-rundlichen Masern- oder Mumpsviren sieht. Einige können ihre Form stark verändern, wie etwa Influenzaviren, andere können aber auch dauerhaft fadenartig langgezogen sein, wie etwa Ebolaviren und Marburgvirus. Die Hüllmembran liegt in den beiden letztgenannten Fällen eng an

      einem entsprechend länglich geformten Capsid an. Im letzten Kapitel bereits erwähnt wurden die langen Spike-Proteine, wie man sie von Hüllviren kennt. Doch auch bei unbehüllten Viren können solche Strukturen vorkommen: Adenoviren, die uns Menschen mit Erkrankungen der Atemwege plagen, werden von einem ikosaedrischen Capsid umfasst, aus dessen zwölf Ecken jeweils ein langer Proteinfortsatz herausragt.

      Bei kompakten Capsidformen sind die Proteinbestandteile häufig nach dem Vorbild des Ikosaeders (Zwanzigflächners) angeordnet. Gezeigt ist ein Adenovirus, das zwar zu den hüllfreien Viren gehört (also keine Lipidmembran hat), trotzdem aber lange Protein-„Spikes“ an den zwölf Eckpunkten des Ikosaeders trägt.

      Am deutlichsten weichen von den genannten äußeren Grundgestalten die Bakteriophagen ab. Sie sind hüllfrei, und ihr Proteingerüst zeigt eine eigentümlich differenzierte, zuweilen geradezu «technoide» Organisation, da manche Vertreter sowohl unter gestaltlichen als auch funktionellen Aspekten an die Mondlandefähren des Apollo-Programms erinnern. Ihr «Kopf» entspricht den regelmäßigen Polyederformen, wie man sie von anderen polyedrischen Capsiden kennt, und dazu passend beherbergt dieser auch die virale Erbsubstanz. Darunter jedoch befindet sich bei einigen Formen eine Art «Hals», und in jedem Fall ein längeres Mittelstück, das wiederum an

      einer Grundplatte endet. Von dieser Grundplatte gehen bei

      einigen Bakteriophagen – etwa den ikonischen T-Bakteriophagen – mehrere lange, spinnenbeinähnliche Fortsätze sowie kürzere Grundplattenspikes ab, die das Analogon zu den Spikes der «Normalviren» sind. Mit besagten Pseudobeinen und der Grundplatte «landet» dieser aufgrund vieler Abbildungen populärste Bakteriophagentyp auf seiner Wirtszelle. Bakterien weisen im Gegensatz zu anderen Zelltypen eine feste Zellwand auf, so dass der angedockte Bakteriophage sich auf

      dieser Oberfläche stabilisieren kann, um sein Erbgut durch die Wandstruktur hindurch in das Zellinnere zu injizieren (Penetration). Bei diesem Vorgang werden mechanische Kräfte genutzt; das Mittelstück enthält ein inneres Führungsrohr, das durch Zusammenschieben der äußeren Proteinröhre nach unten gedrückt wird und die virale Erbsubstanz losschickt.

      Die Bakteriophagen dringen also niemals als Ganzes in die Bakterienzelle vor. Bei den anderen «echten» Viren gibt es in dieser Hinsicht deutliche Unterschiede; membranumgrenzte Hüllviren etwa können sich an der Wirtsmembran quasi auflösen, unter Abbau des Capsids ins Zellinnere sinken und auf diese Weise ihr Erbgut einschleusen. Wenn sie die Zelle wieder verlassen, nehmen sie beim Austritt ein Stück der Zellmembran des Wirtes mit, genauer gesagt: Sie machen eine mit Spikeproteinen besetzte Eigenhülle daraus. Dies also ist der Grund, warum die nomenklatorisch «echten» Hüllviren nicht nur ein Proteincapsid aufweisen, sondern zusätzlich die namensgebende Hüllschicht aus Fettsäuren, die so auffällig dem bimolekularen (doppelschichtigen) Aufbau einer normalen Zellmembran – eben der Wirtsmembran – entspricht (mehr hierzu im nächsten Kapitel).

      Das Erbgut im Inneren des Capsids kann noch einmal auf eigene Weise in Proteine verpackt sein. Typisch ist dies z. B. für Influenzaviren, bei denen der Erbgutstrang zudem nicht einheitlich ist, sondern in mehrere Untereinheiten separiert. Man spricht hier von einem «geteilten» oder segmentierten Genom. Die Austauschbarkeit solcher Untereinheiten ist der Grund für die gefürchtete «sprunghafte» Mutationsfähigkeit der Influenzaviren, mit der sie prophylaktische Impfschutzbemühungen komplett unterlaufen und weltweite Ansteckungswellen (Pandemien) auslösen können (mehr hierzu im achten Kapitel).

      Anhand der Kriterien Membranhülle, Form und Bau des Capsids, DNA- versus RNA-Erbgut sowie Erbgutorganisation (Einzelstrang versus Doppelstrang, einheitlich versus segmentiert sowie weiteren speziellen Merkmalen der Erbgut­sequenz) kann man Viren provisorisch einteilen: So repräsentieren etwa Flaviviren (Verursacher von Dengue-Fieber) und Coronaviren Hüllviren mit einsträngigem RNA-Genom, während die Erkältungen auslösenden Rhinoviren hüllfreie Viren mit einsträngigem RNA-Genom, Adenoviren hingegen hüll­freie Viren mit doppelsträngigem DNA-Genom sind. Ebola- und Marburg­virus wiederum sind Beispiele für behüllte RNA-Viren mit

      helikalem Capsid und langgezogener Form. Doch weder das Hüllkriterium noch die Capsidform oder Erbgutsorte / Erbgut­organisation reichen aus, um ein verwandtschaftsbezogenes System der Viren zu erstellen, geschweige denn einen ihre Evolutionsgeschichte verbildlichenden Stammbaum. An einer übergreifenden Stammbaumdarstellung muss man bei Viren schon deshalb zweifeln, da viraler Zellparasitismus nach heutiger Einschätzung mehrfach unabhängig entstand: Könnte man dies für einzelne Virengruppen klar nachweisen, wäre erst innerhalb dieser unabhängig voneinander evolvierten Teilgruppen eine Stammbaumrekonstruktion sinnvoll.

      Zwar hat man ausgehend von den ersten, provisorischen Klassifikationsversuchen schon immer eine feinere Systematisierung von Viren oder deren einzelnen Teilgruppen angestrebt, aber ans Ziel gelangt ist man bisher nicht. Das Ausmaß der genetischen Ähnlichkeit ist heutzutage der übliche Gradmesser für evolutive Verwandtschaft, doch die geringe Größe der viralen Genome, ihre hohe Mutabilität sowie ihre Fähigkeit, sich bei gleichzeitigem Eindringen in eine Wirtszelle gegenseitig zu überschreiben und durch solche «Pannen» sprunghaft neue Varianten hervorzubringen, verunklaren das Bild. Ein Gremium namens ICTV (International Committee on Taxonomy of Viruses) erarbeitete 1982 einen ersten Vorschlag für ein international verbindliches Klassifikationssystem der Viren. Dieser Versuch, für Verwandtschafts- und Klassifikationsfragen eine gemeinsame Basis herzustellen, wurde in der Zeitschrift Intervirology abgedruckt, hielt aber der anschließenden Diskussion nicht stand. Bis heute ist «das System» beziehungsweise sind die einzelnen Teilsysteme in Arbeit, vor allem, da ständig neue Viren entdeckt werden und die Aufgabe im Laufe der Jahre eher schwieriger als einfacher geworden ist. Ein Beispiel hierfür ist die Entdeckung mehrerer Arten von Riesenviren, beginnend im Jahr 2003 mit Acanthamoeba polyphaga mimivirus (APM-Virus). Dieses in Amöben lebende Virus wurde aufgrund seiner stolzen Größe von 400 nm zuerst für ein Bakterium gehalten (daher mimivirus, für mimicking virus, soll heißen: ein Bakterium nachahmend). Mit der Beschreibung von Riesenviren kamen bald weitere neue Typen hinzu, etwa kleinere «Satellitenviren», die sich nur in der Nähe der Riesenviren vermehren können, da sie auf deren Repli­kationsmaschinerie angewiesen sind. Es gibt also nicht nur

      Viren, die Wirtszellen für ihre Zwecke nutzen, sondern auch Viren, die sich wiederum auf das Ausnutzen anderer Viren spezialisierten. Dies bedeutet, dass sich in der Virosphäre ein Phänomen realisiert hat, das Biologen bis dahin nur aus der Bio­sphäre kannten: das Phänomen des

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