Kieler Courage. Kay Jacobs

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Kieler Courage - Kay Jacobs

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      Kay Jacobs

      Kieler Courage

      Kriminalroman

      Zum Buch

      März 1920 Kiel im Frühjahr 1920. Der Weltkrieg ist seit eineinhalb Jahren vorüber, doch der Geist, der zu ihm geführt hatte, dauert an. In Berlin planen nationalistische Kreise, die junge Weimarer Republik in eine Militärdiktatur zu wandeln. Es kommt zum Kapp-Putsch. Währenddessen wird in Kiel Katharina von Lettow-Vorbeck, die Tochter eines berühmten Weltkriegsgenerals, tot aufgefunden. Sie war Schülerin des Oberlyzeums und hatte kurz vor ihrem Tod erbittert mit ihrer Zimmergenossin Mona Fährbach gestritten. Mona und ihr Verlobter Valentin geraten in Verdacht. Doch für Kommissar Rosenbaum und seine Assistentin Hedi zeichnet sich kein klares Bild ab. Missverständnisse, Intrigen und der Putschversuch behindern ihre Arbeit. Zu den bisherigen Verdächtigen gesellt sich ein ehemaliger Askari, ein Krieger, der in der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika gekämpft hat. Und im Hintergrund zieht Katharinas Vater an unsichtbaren Fäden. Auf Rosenbaum und Hedi wartet ein unübersichtlicher Fall.

      Kay Jacobs, Jahrgang 1961, studierte Jura, Philosophie und Volkswirtschaft in Tübingen und Kiel. Er promovierte über Unternehmensmitbestimmung und war anschließend viele Jahre in unterschiedlichen Kanzleien als Rechtsanwalt tätig. Heute lebt er mit seiner Familie in Norddeutschland und schreibt über all das, was er als Anwalt erlebt hat oder hätte erlebt haben können. Für »Kieler Helden« wurde er mit dem Silbernen Homer ausgezeichnet. Näheres unter: www.kayjacobs.de

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Sven Lang

      Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © ullstein bild

      ISBN 978-3-8392-6758-5

      Zitate

      Arbeiter, Arbeiter,

      Wie mag es dir ergehn,

      Wenn die Brigade Erhardt

      Wird einst in Waffen stehn.

      aus dem Kampflied der Brigade Ehrhardt

      *

      Die werden uns alle umbringen! (…)

      Wir müssen uns bewaffnen!

      Gudrun Ensslin

      nach dem Tod von Benno Ohnesorg

      I

      Die Buddenbrooks flogen von links nach rechts und Effi Briest kam ihnen entgegen. Auf halbem Weg trafen sie sich, nicht zu einer gesitteten Kaffeerunde, eher wie Manfred von Richthofen und kanadische Jagdflieger einander getroffen hatten. Jetzt lagen die Bücher deutlich lädiert auf dem Dielenboden von Katharinas und Monas Zimmer, das eine direkt unter der Deckenlampe, das andere unmittelbar vor Monas Bett. Die Bücher stammten aus der Schulbibliothek des Kieler Oberlyzeums am Blocksberg und gehörten im Jahr 1920 zur Pflichtlektüre des dreizehnten Jahrgangs. Nun würden die beiden Fräuleins die lädierten Bücher bezahlen müssen.

      Nach einer kurzen Schrecksekunde brüllte Mona Katharina an: »Hure!«

      Und Katharina brüllte zurück: »Trampel!«

      Dann folgte: »Asoziales Biest!«

      Und: »Mauerblümchen!«

      Wären ihnen schlimmere Worte eingefallen, sie hätten sie benutzt. Mona warf mit ihrem Schönschreibheft, das wie ein getroffenes Moorhuhn flatternd auf halbem Weg abstürzte und neben den Buddenbrooks liegen blieb. Katharina kramte ihre Handtasche hinterm Bett hervor und schleuderte sie auf Mona, die zur Abwehr ihren Arm hob. Die Tasche hätte sie am Kopf getroffen, wären ihre Reflexe nur ein wenig langsamer gewesen.

      Der Grund für alles: eigentlich eine Lappalie. Für Katharina. Für Mona nicht. Ein Riss, kaum fünf Zentimeter lang, in Monas blauem Ausgehkleid.

      Es war ihr einziges Ausgehkleid. Für das Lyzeum hatte sie eine Schuluniform, für den Alltag mehrere Straßenkleider in sittsamem Schwarz, Dunkelgrau oder Braun, aber sie besaß nur ein fröhliches Ausgehkleid. Sie hatte in den letzten Sommerferien lange bei der Ernte helfen müssen, bevor sie es sich hatte leisten können.

      Ihre Familie war alles andere als wohlhabend. Dass Mona überhaupt hier am Oberlyzeum aufgenommen worden war und im Pensionat wohnen durfte, verdankte sie allein der Fürsprache des Dorfschulmeisters von Passade, einem alten Mann mit weißem Schnurrbart und traurigen Augen, der in den Kriegsjahren besonders schwere Klassenarbeiten ausgegeben hatte und, wenn er es irgendwie vertreten konnte, den Jungen eine sechs gab und sie sitzen bleiben ließ, damit sie nicht in den Krieg zögen. Den Mädchen hatte er gute Noten gegeben, damit sie nach der Dorfschule aufs Lyzeum und dann vielleicht sogar aufs Oberlyzeum würden gehen können und nicht in die Munitionsfabriken müssten. Wirklich erfolgreich war seine Strategie nicht gewesen. Die Mädchen waren mit guten Noten in die Fabriken und die Jungen ohne Schulabschluss an die Front gegangen. Und seine Augen waren immer trauriger geworden.

      Monas Vater war ohne Beine aus dem Krieg zurückgekehrt, und jetzt lebte die Familie von einer schmalen Versehrtenrente und von dem, was die Mutter mit Putzen hinzuverdiente. An die Unterkunftskosten vom Pensionat oder auch nur an das Schulgeld wäre nicht zu denken gewesen, wenn der Dorfschulmeister nicht den Direktor des Oberlyzeums gut gekannt und Monas Talente nicht bis zur Grenze der Unanständigkeit übertrieben gelobt hätte. So aber waren ihr das Schulgeld erlassen und die Pensionskosten von der Gesellschaft freiwilliger Armenfreunde übernommen worden.

      Katharinas

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