Das Wasserkomplott. Jürgen-Thomas Ernst

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Das Wasserkomplott - Jürgen-Thomas Ernst страница 7

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Das Wasserkomplott - Jürgen-Thomas Ernst

Скачать книгу

Metapher für uns alle werden. Nie aufgeben, immer weiter gehen, auch wenn die Schritte noch so klein sind. Und am Ende sieht man das Licht, den Gipfel, das Ziel, man muss nur beharrlich sein und mutig.«

      Auf einmal wurde sie still, blickte Fynn tief in seine braunen Augen und sagte: »Glücklicher, als ich jetzt bin, kann ich vermutlich gar nicht mehr sein.«

      5. Kapitel

      Um die Bekanntheit der Familie zu steigern, ließ der Verein von einer Werbeagentur ein Logo erstellen. Dieses Logo fand sich später überall auf den Broschüren, an Rednerpulten, wenn Vorträge gehalten wurden, als fixer Bestandteil von Werbungen in Zeitschriften und Magazinen. Es zeigte die Zeichnung einer Gelbbauchunke mit großen, lächelnden Augen, tastenden Schwimmfüßen und strahlendem Mund. Darunter konnte man lesen: »Schenk der Natur ein Lächeln«.

      Die Popularität der Familie und ihre Vorbildwirkung waren so groß, dass sich das Vermögen auf dem Vereinskonto bald verdoppelte. Noch im selben Jahr erwarben sie eine 117 Hektar große Feucht-, Streu- und Magerwiese, die sich im Hochgebirge befand. An einem wolkenlosen Oktobertag streiften Amanda, Fynn und einige Mitglieder der Familie durch dieses Gebiet und staunten über die Landschaft mit ihren Sträuchern und Gräsern, deren sommerliches Grün allmählich in ein dunkles Braun überging. Fynn stand mit seinen Gummistiefeln gerade am Rand eines wassergefüllten Moores, in dem sich das tiefe Blau des herbstlichen Himmels spiegelte. Und als er nicht weit entfernt die ockerbraunen Heidelbeerstauden sah, die wie ein riesiger Teppich das Gelände bedeckten, wusste er, dass er genau das immer gewollt hatte. So oft wie möglich in der Natur zu sein und den Rhythmus der Jahreszeiten zu spüren.

      Er jauchzte vor Freude. »Halleluja, ist das schön!«, rief Fynn seinen Freunden zu, die sich lachend über seinen Gefühlsausbruch zu ihm umdrehten.

      6. Kapitel

      Später würden alle, die dabei gewesen waren, darin übereinstimmen: Es waren diese Augenblicke, diese Minuten, die alles in wahrlich gigantische Sphären katapultiert hatten.

      Es geschah bei einem dieser Treffen, die von der Familie alle drei Monate abgehalten wurden. Dabei musste sie von Mal zu Mal in eine noch größere Halle wechseln, da die Familie inzwischen auf über 8.000 Mitglieder angewachsen war und über die Hälfte davon an diesem Abend dabei sein wollte. Sie hatten eine große Tennishalle gemietet, die 5.000 Menschen fasste. Eine Sitzreihe folgte auf die andere und vorn, auf dem Podest, stand ein langer Tisch, der mit einem weißen Tuch bedeckt war. Die Treffen dienten dazu, Projekte vorzustellen, Referenten erklärten Untersuchungen im Schutzgebiet, und es wurden Pläne für die Zukunft erörtert. Aber es gab auch Raum für Visionen, die jeder der Anwesenden vortragen konnte und die realisiert wurden, wenn sie die Zustimmung der Mehrheit fanden. Nach den Berichten wurde ein Scheinwerfer auf ein junges Mädchen mit langen blonden Haaren gerichtet, das eine Jeans und ein weißes T-Shirt trug. Es stand schüchtern am Rand des Podiums und hielt ein Mikrofon in der Hand, um es dem ersten Visionär zu bringen. Kurz war es still in der Halle. Das Mädchen blickte suchend in die Menge, als sich in der ersten Reihe ein großer, schlanker Mann erhob. Sein Haar war kurzgeschnitten und graumeliert. Er trug einen schlichten schwarzen Maßanzug, ein weißes Hemd und lächelte einnehmend. Er nahm das Mikrofon entgegen und räusperte sich kurz. »Vielen Dank für die Gelegenheit, hier sprechen zu dürfen.« Schon nach dem ersten Satz spürten es fast alle in der Halle. Dieser Mann war außergewöhnlich. »Ich heiße Max Bonnermann«, setzte er fort. »Ich habe lange für eine PR-Firma gearbeitet und dabei Privatpersonen, Firmen und sogar Staaten betreut, um sie in der Öffentlichkeit ins rechte Licht zu setzen. Ich war dabei so erfolgreich, dass ich bis an mein Lebensende nicht mehr arbeiten müsste. Nun, mit Anfang 50, habe ich mir gedacht, dass es an der Zeit ist, höhere Ziele in Angriff zu nehmen. Dass es Zeit ist, ohne finanzielle Gegenleistung zu arbeiten, sondern aus Überzeugung und Leidenschaft etwas Gutes für die Menschheit zu tun. Ich verfolge eure Arbeit schon lange und bin beeindruckt und berührt, wenn ich sehe, mit welchem Enthusiasmus von euch Projekte entwickelt und verwirklicht werden. Und ich spüre eines sofort: Ihr hört auf den Herzschlag der Natur und versucht diesem Herzschlag nachzuspüren. Und ganz ehrlich, das fasziniert mich.«

      Er machte eine kurze Pause und oben, irgendwo auf den Rängen, setzte plötzlich Applaus ein, der sich wie eine Welle über die gesamte Halle ausbreitete. Als er leiser wurde, rief eine Frauenstimme: »Max for president!«

      Kurz wurde Gelächter laut, und der Applaus schwoll abermals an. Es schien unglaublich. Ein Mann, der nur einige Sätze gesprochen hatte, schien 5.000 Menschen in nur wenigen Sekunden in seinen Bann gezogen zu haben. Max wartete und hob nach einer Weile behutsam die Hand. Der Beifall verebbte sofort. Es war vollkommen still, als Max erneut zu sprechen begann. »Vielen Dank«, sagte er. »Ja, Ich gebe es zu, ich habe etliche Angebote von Naturschutzorganisationen erhalten, aber als ich diese heutige Stimmung miterleben durfte, eure Leidenschaft und eure Hingabe, habe ich sofort gewusst, wenn es irgendwie möglich ist, möchte ich Teil dieser Familie werden.«

      Noch an jenem Abend wurde Max Bonnermann mit 98 Prozent Zustimmung in den Beirat der Familie gewählt.

      Nach dem Treffen saß ein Teil der Familie in einem Restaurant zusammen. Max sprach gewählt, sehr überlegt und überzeugend. Es ließ sich schwer beschreiben, aber fühlen. Da war etwas Väterliches an ihm, etwas Beschützendes und zugleich Respekteinflößendes. Niemand, der mit ihm sprach, wäre auf die Idee gekommen, ihn zu duzen, obwohl das Du in der Familie sonst üblich war. Und keiner stellte das in Frage oder erhob einen Zweifel.

      Als er sich kurz vor Mitternacht verabschiedete, blickten ihm die anderen ehrfürchtig hinterher.

      »So etwas habe ich noch nie erlebt«, schwärmte Mia, während sie die Ärmel ihres Pullovers zurückschob. Sie hatte längere Zeit neben Max gesessen und war sehr aufgeregt.

      »Schaut euch meine Arme an. Ich habe noch immer eine Gänsehaut. Ich schwöre euch: Als er neben mir saß, habe ich andauernd diese Gänsehaut gehabt.« Sie konnte sich vor Aufregung kaum beruhigen. »Das ist wie Zauberei, wie Magie! Sitzt einfach nur da, und ich bekomme eine Gänsehaut.«

      »Jetzt krieg dich wieder ein«, meinte Fynn freundlich.

      »Er ist eifersüchtig«, antwortete Mia und stieß Amanda mit den Fingerspitzen schmunzelnd in die Seite.

      »Kaum schwärmen wir ein bisschen, wird er eifersüchtig.«

      Alle lachten.

      »Übrigens«, setzte Mia fort, »findet ihr nicht auch, dass er beinahe so aussieht wie Patrick Dempsey?«

      Erneut brachen sie in Gelächter aus, während Fynn mit der Zunge schnalzte und ihr innerlich zustimmte, als er den Kopf schüttelte.

      »Was mir aufgefallen ist«, sagte er dann, »habt ihr die goldene Anstecknadel von Birdhelp am Revers seines Anzugs gesehen? Und das goldbestickte Emblem der WNO? Ich habe vorhin gegoogelt. Ich meine, die World Nature Organisation vergibt dieses Emblem nur an ausgewählte Naturschützer, und es gibt weltweit lediglich 21 Menschen, die diese Auszeichnung bis jetzt erhalten haben. Also, ich glaube, das ist kein großer Fisch, das ist ein Hai, der die einflussreichsten Menschen der Welt kennt.«

      »Ich spüre gerade, dass ich Teil von etwas Großem bin«, ergänzte Mia. »Dieser Mann wird unsere Familie berühmt machen. Bald wird sie jeder kennen. Davon bin ich überzeugt.«

      »Oh, nicht schon wieder«, unterbrach sie Fynn. Und noch im selben Augenblick dachte er: Verdammt, sie hat recht.

      Wie von selbst drang Max in das Zentrum der Familie vor. Manchmal war es beinahe unheimlich. Wenn er einen Raum betrat, der mit Menschen überfüllt war, wurde es plötzlich leise und die

Скачать книгу