Auf zwei Planeten (Science-Fiction). Kurd Laßwitz

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Auf zwei Planeten (Science-Fiction) - Kurd Laßwitz

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verlieren!«

      »Wenn es nicht Menschen sind«, sagte Torm tonlos, »und ich weiß auch nicht, wie Menschen dergleichen machen sollten, und warum, und wo sie herkämen – das hätte man doch erfahren – so – eine Täuschung ist es doch nicht – so steht mir der Verstand still.«

      »Na«, sagte Saltner, »Eisbären werden's nicht gemacht haben, obgleich ich mich jetzt über nichts mehr wundern würde, und wenn gleich ein geflügelter Seehund käme und ›Station Nordpol‹ ausriefe. Aber es könnte doch vielleicht eine Naturerscheinung sein, ein merkwürdiger Kristallisationsprozeß – – Sakri! Jetzt hab ich's. Das ist ein Geysir! Ein riesiger Geysir!«

      »Nein, Saltner«, erwiderte Torm, »das habe ich auch schon gedacht – ein Schlammvulkan könnte etwa eine ähnliche Bildung zeigen. Aber – Sie haben wohl das Eigentliche, die Hauptsache, das – Unerklärliche noch nicht gesehen –«

      »Was meinen Sie?«

      »Ich hab' es gesehen«, sagte jetzt Grunthe. Er setzte das Fernrohr ab. Dann lehnte er sich zurück und runzelte die Stirn. Auch um die fest zusammengezogenen Lippen bildeten sich Falten, daß sein Mund aussah wie ein in Klammern gesetztes Minuszeichen. Er versank in tiefes, sorgenvolles Nachdenken.

      Saltner ergriff das Glas.

      »Achten Sie auf die Färbungen am Boden der ganzen Insel!« sagte Torm zu ihm.

      »Es sind Figuren!« rief Saltner.

      »Ja«, sagte Torm. »Und diese Figuren stellen nichts anderes dar als ein genaues Kartenbild eines großen Teils der nördlichen Halbkugel der Erde in perspektivischer Polarprojektion. Sie sehen deutlich den Verlauf der grönländischen Küste, Nordamerika, die Beringstraße, Sibirien, ganz Europa – mit seinen unverkennbaren Inseln und Halbinseln, das Mittelmeer bis zum Nordrand von Afrika, wenn auch stark verkürzt.«

      »Es ist kein Zweifel«, sagte Saltner. »Die ganze Umgebung des Pols ist in einem deutlichen Kartenbild in kolossalem Maßstab hier abgezeichnet, und zwar bis gegen den 30. Breitengrad.«

      »Und wie ist das möglich?«

      Die Frage fand keine Antwort. Alle schwiegen.

      Inzwischen hatte der Ballon eine fast vollständige Umkreisung der Insel vollzogen. Aber er hatte sich derselben auch noch um ein Stück genähert. Es war klar, daß er durch eine unbekannte Kraft, wohl durch eine wirbelförmige Bewegung der Luft, um die Insel herumgeführt und zugleich nach der Achse des Wirbels, die von der Mitte der Insel ausgehen mochte, zu ihr hingezogen wurde.

      Torm unterbrach das Schweigen. »Wir müssen einen Entschluß fassen«, sagte er. »Wollen die Herren sich äußern.«

      »Ich will zunächst einmal«, begann Saltner, »diese merkwürdige Erdkarte photographieren. Sie scheint ziemlich richtig selbst in Details zu sein. Daß sie nicht von Menschenhand herrühren kann, sehen wir daraus daß auch die noch unbekannten Gegenden des Polargebietes dargestellt sind. Die innere Öffnung, bei welcher die Karte abbricht, entspricht in ihrem Umfange etwa dem 86. Breitengrade; es fehlen also – für uns leider – die nächsten vier Grade um den Pol herum.«

      »Selbstverständlich«, sagte Torm, »müssen Sie die Karte photographieren. Wir dürfen nicht mehr zweifeln, ein Werk intelligenter Wesen vor uns zu haben, wenn ich mir auch nicht erklären kann, wer diese sein mögen. Aber wenn das richtig ist, was wir kontrollieren können, so müssen wir schließen, daß auch die Teile des Polargebietes nach den Nordküsten von Amerika und Sibirien hin zuverlässig dargestellt sind. Und dann hätten wir mit einem Schlage eine vollständige Karte dieses bisher unerforschten Polargebietes.«

      »Nun, ich denke, wir können mit diesem Erfolg schon zufrieden sein. Und bedenken Sie, wie nützlich die Karte für unsere Rückkehr werden kann. So –«, damit brachte Saltner die photographische Kammer wieder an ihren Platz, »ich habe drei sichere Aufnahmen. Aber der Ballon bewegt sich ja schneller?«

      »Ich glaube auch«, sagte Torm. »Ich bitte nun um die Meinung der Herren, sollen wir eine Landung auf der Insel wagen, um dieses Geheimnis zu erforschen?«

      »Ich meine«, äußerte sich Saltner, »wir müssen es versuchen. Wir müssen zusehen, mit wem wir es hier zu tun haben.«

      »Gewiß«, sagte Torm, »die Aufgabe ist verlockend. Aber es ist zu befürchten, daß wir zuviel Gas verlieren, daß wir vielleicht die Möglichkeit aufgeben, den Ballon weiter zu benutzen. Was meinen Sie, Dr. Grunthe?«

      Grunthe richtete sich aus seinem Nachsinnen auf. Er sprach sehr ernst: »Unter keinen Umständen dürfen wir landen. Ich bin sogar der Ansicht, daß wir alle Anstrengungen machen müssen, um uns so schnell wie möglich von diesem gefährlichen Punkt zu entfernen.«

      »Worin sehen Sie die Gefahr?«

      »Nachdem wir die eigentümliche Ausrüstung des Pols und die Abbildung der Erdoberfläche gesehen haben, ist doch kein Zweifel, daß wir einer gänzlich unbekannten Macht gegenüberstehen. Wir müssen annehmen, daß wir es mit Wesen zu tun bekommen, deren Fähigkeiten und Kräften wir nicht gewachsen sind. Wer diesen Riesenapparat hier in der unzugänglichen Eiswüste des Polargebiets aufstellen konnte, der würde ohne Zweifel über uns nach Gutdünken verfügen können.«

      »Nun, nun«, sagte Torm, »wir wollen uns darum nicht fürchten.«

      »Das nicht«, erwiderte Grunthe, »aber wir dürfen den Erfolg unserer Expedition nicht aufs Spiel setzen. Vielleicht liegt es im Interesse dieser Polbewohner, den Kulturländern keine Nachricht von ihrer Existenz zukommen zu lassen. Wir würden dann ohne Zweifel unsere Freiheit verlieren. Ich meine, wir müssen alles daransetzen, das, was wir beobachtet haben, der Wissenschaft zu übermitteln und es dann späteren Erwägungen überlassen, ob es geraten scheint und mit welchen Mitteln es möglich sei, das unerwartete Geheimnis des Pols aufzulösen. Wir dürfen uns nicht als Eroberer betrachten, sondern nur als Kundschafter.«

      Die andern schwiegen nachdenklich. Dann sagte Torm:

      »Ich muß Ihnen recht geben. Unsere Instruktion lautet allerdings dahin, eine Landung nach Möglichkeit zu vermeiden. Wir sollen mit möglichstes Eile in bewohnte Gegenden zu gelangen suchen, nachdem wir uns dem Pol soweit wie angänglich genähert und seine Lage festgestellt haben, und wir sollen versuchen, einen Überblick über die Verteilung von Land und Wasser vom Ballon aus zu gewinnen. Dieser Gesichtspunkt muß entscheidend sein. Wir wollen also versuchen, von hier fortzukommen.«

      »Aber nach welcher Richtung?« fragte Saltner. »Darüber könnte uns die Polarkarte der Insel Auskunft geben.«

      »Ich fürchte«, entgegnete Torm, »von unserm guten Willen wird dabei sehr wenig abhängen. Wir müssen abwarten, was der Wind über uns beschließen wird. Zunächst lassen Sie uns versuchen, diesem Wirbel zu entfliehen.«

      Inzwischen hatte sich der Ballon noch mehr der Insel genähert, und seine Geschwindigkeit begann zu wachsen. Zugleich aber erhob er sich weiter über den Erdboden.

      Die Luftschiffer spannten nun das Segel auf und gaben ihm eine solche Stellung, daß der Widerstand der Luft sie nach der Peripherie des Wirbels treiben mußte. Da aber der Ballon viel zu hoch schwebte, als daß das Schleppseil seine hemmende Wirkung hätte ausüben können, so mußte das Manöver zuerst versagen. In immer engeren Spirallinien aufsteigend näherte sich der Ballon dem Zentrum des Wirbels und vermehrte seine Geschwindigkeit. In großer Besorgnis verfolgten die Luftschiffer den Vorgang. Sie beeilten sich, die Länge des Schlepptaus zu vergrößern. Ihre vorzügliche Ausrüstung gestattete ihnen,

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