Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz

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ihm zornig ins Wort: »Nicht das Kreuz bringt Euch Verderben,« sagte er, »denn auch wir verehren das Kreuz, sondern nur Eure eigene Lasterhaftigkeit … Und wenn Euch die Leute anderwärts besser aufnehmen, so kommt dies daher, daß sie Euch nicht so gut kennen.« Als er jedoch wahrnahm, daß der Ritter über diese Worte heftig erschrak, fragte er: »Bist Du in Szczytno gewesen, oder weißt Du, was sich dort zugetragen hat?«

      »Ich bin in Szczytno gewesen und weiß, was sich dort zugetragen hat,« antwortete Rotgier, »nicht als Gesandter bin ich hierher gekommen, sondern einzig aus dem Grunde, weil der erfahrene und gottesfürchtige Komtur aus Insburk zu mir sagte: Unser Meister liebt den frommen Fürsten und vertraut seiner Gerechtigkeit; während ich daher nach Marienburg eile, begieb Du Dich nach Masovien und verkünde, welche Beschimpfungen wir erdulden mußten, welches Unglück uns zugestoßen ist. Gewiß wird der gerechte Herrscher den Friedensstörer, den grimmigen Streiter nicht begünstigen, welcher soviel Christenblut vergoß, als ob er ein Werkzeug des Satans wäre!«

      Und nun erzählte er alles, was sich in Szczytno ereignet hatte: wie Jurand, welcher durch die Brüder berufen worden war, um zu sehen, ob das aus den Händen der Räuber befreite Mädchen seine Tochter sei, anstatt Dankbarkeit zu zeigen, im Wahnwitz über alle Mannen hergefallen sei, wie er Danveld, den Bruder Godfryd, den Engländer Hugues, von Bracht und zwei Knappen aus edlem Geschlechte erschlagen habe, von den Knechten gar nicht zu reden; wie die Brüder, welche kein Blut vergießen wollten, sich zuletzt gezwungen sahen, ein Netz über den Rasenden zu werfen, welcher dann die Waffe gegen sich selbst richtete und sich entsetzliche Wunden beibrachte, und wie man nicht nur in der Burg, sondern auch in der Stadt, in jener Nacht sofort nach dem Kampfe, inmitten des Wintersturmes in den Lüften lautes Gelächter und fürchterliche Stimmen gehört hatte, welche riefen: »Unser Jurand! Der Feind des Kreuzes! Der unschuldiges Blut vergossen hat! Unser Jurand!«

      Die ganze Erzählung und vornehmlich die letzten Worte des Kreuzritters machten tiefen Eindruck auf die Anwesenden. Angst und Schrecken überkam sie, während sie sich fragten, ob Jurand thatsächlich höllische Mächte zu Hilfe gerufen habe – und sie versanken in tiefes Schweigen. Aber die Fürstin, welche ebenfalls zugegen war und um ihrer geliebten Danusia willen schmerzliche Sorge im Herzen hegte, wendete sich ganz unvermutet mit der Frage an Rotgier: »Ihr sagtet, Ritter, als Ihr jenes verkümmerte Geschöpf aus den Händen der Räuber befreit hattet, wäret Ihr der Meinung gewesen, es sei Jurands Tochter, und deshalb hättet Ihr ihn nach Szczytno berufen?«

      »So ist es, allergnädigste Herrin!« erwiderte Rotgier.

      »Und wie konntet Ihr dies glauben, da Ihr Jurands wirkliche Tochter bei mir auf dem Jagdhofe gesehen habt?«

      Nun geriet Bruder Rotgier in Verwirrung, da er nicht auf diese Frage vorbereitet gewesen war. Der Fürst erhob sich und richtete einen strengen Blick auf ihn; auch Mikolaj aus Dlugolas, Mrokota aus Mocarzewo, Jasko aus Jagielnica und andere masovische Ritter sprangen sogleich auf den Mönch zu, indem einer nach dem andern in drohendem Tone fragte: »Wie konntet Ihr dies glauben? Sprich, Deutscher! Wie war dies möglich?«

      Doch Rotgier hatte sich wieder gefaßt und sagte: »Wir Ordensbrüder erheben unsere Augen nicht zu den Frauen. Auf dem Jagdhofe weilten gar viele Hoffräulein in der Umgebung der allergnädigsten Fürstin, aber welche unter ihnen Jurands Tochter war, wußte keiner der Unsrigen.«

      »Danveld wußte es,« ließ sich hier Mikolaj aus Dlugolas vernehmen, »er sprach mit ihr während der Jagd.«

      »Danveld steht nun vor Gott!« entgegnete Rotgier, »und von ihm will ich nur das eine sagen, daß am Morgen nach seinem Tode auf seinem Sarge blühende Rosen gefunden wurden. In dieser Winterszeit aber kann keine Menschenhand sie dort niedergelegt haben.«

      Abermals trat ein tiefes Schweigen ein.

      »Wieso erfuhrt Ihr, daß Jurands Tochter entführt worden war?« fragte der Fürst.

      »Gerade die Verwegenheit dieser That hat sie überall ruchbar gemacht.«

      »Aber ich bin höchst erstaunt darüber, daß Ihr eine Blödsinnige für Jurands Tochter halten konntet!« warf der Fürst mit Nachdruck ein.

      Darauf entgegnete Bruder Rotgier: »Danveld sagte: ›Gar häufig schon hat der Satan seine Knechte verraten, und so hat er vielleicht auch Jurands Tochter verwandelt!‹«

      »Die Räuber, als der Schrift unkundige Leute, konnten doch unmöglich Kalebs Schrift nachahmen und Jurands Siegel fälschen. Wer hat dies also gethan?«

      »Der böse Geist!«

      Und abermals schwiegen alle.

      Rotgier blickte dem Fürsten forschend in die Augen und sagte: »Fürwahr, gleich einem Schwerte durchbohren diese Fragen meine Brust, denn Argwohn und Zweifel sind darin enthalten. Doch im Vertrauen auf die Gerechtigkeit Gottes und auf die Macht der Wahrheit frage ich Euch, allergnädigster Fürst: hat Jurand selbst uns einer solchen That beschuldigt, und wenn er uns beschuldigte, weshalb hat er dann, bevor wir ihn nach Szczytno beriefen, die ganze Grenze nach den Räubern abgesucht, um die Tochter von ihnen loszukaufen?«

      »Nun … das ist wahr!« antwortete der Fürst. »Und wenn Ihr irgend etwas vor den Menschen verborgen hättet, vor Gott könnt Ihr es nicht verbergen. Er hatte wohl im ersten Augenblick Verdacht auf Euch, aber dann … dann ist er wohl anderen Sinnes geworden.«

      »Seht wie der Glanz der Wahrheit obsiegt über das Dunkel,« sagte Rotgier.

      Und er schaute mit Siegerblicken im Saale umher, denn ihn dünkte, die Kreuzritter seien klügere, verschlagenere Köpfe als die Polen, und dies Volk werde dem Orden immer zur Beute und Nahrung dienen, wie die Fliege der Spinne zur Beute und Nahrung dient.

      Seine frühere Geschmeidigkeit bei Seite lassend, näherte er sich nun dem Fürsten und begann in erhobenem, eindringlichem Tone: »Entschädige uns, Herr, für unsere Verluste, für das uns zugefügte Unrecht, für unsere Thränen und unser Blut! Dir war dieser Höllensohn unterthan, im Namen der Gerechtigkeit entschädige uns daher für das uns zugefügte Unrecht und für das vergossene Blut!«

      Und der Fürst schaute ihn voll Verwunderung an.

      »Beim allmächtigen Gott!« sagte er, »was verlangst Du? Wenn Jurand sich im Wahnsinn in Euerem Blute wälzte, habe ich dann die Verantwortung für seinen Wahnsinn?«

      »Dir war er unterthan, Herr,« versetzte der Kreuzritter, »und in Deinem Fürstentum liegen seine Besitzungen, seine Dörfer und seine Burg, worin er Diener des Ordens gefangen hielt; möge daher wenigstens seine Habe, möge sein Gut und jene verruchte Burg von nun an Eigentum der Geschädigten werden. Zwar wird dies kein würdiger Ersatz für das edle Blut sein, das von ihm vergossen ward, zwar werden die Toten dadurch nicht ins Leben zurückgerufen, aber vielleicht wird es einigermaßen Gottes Zorn besänftigen und die Schmach vertilgen, welche sonst das ganze Fürstentum treffen würde. O Herr! Allüberall besitzt der Orden Länder und Burgen, welche ihm durch die Gunst und Frömmigkeit christlicher Fürsten überwiesen worden sind, nur hier, in Deinem Staate hat er keine Spanne Landes. Mögen wir für das uns zugefügte Unrecht, welches zu Gott nach Rache schreit, wenigstens dadurch entschädigt werden, damit wir sagen können, daß auch hier Leute leben, welche gottesfürchtigen Herzens sind.«

      Durch all diese Worte wurde der Fürst in noch größeres Staunen versetzt, und erst nach langem Schweigen antwortete er: »Bei den Wundmalen des Erlösers! … Wenn Euer Orden sich hier niederlassen durfte, wessen Gunst verdankte er dies, wenn nicht der Gunst meiner Vorfahren? Habt Ihr noch nicht genug an den Ländern, Gütern, Städten, welche einst uns und unserm Volke gehörten und nun Euer sind? Zudem

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