Perry Rhodan 3107: Vor Trojas Toren. Oliver Fröhlich

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Perry Rhodan 3107: Vor Trojas Toren - Oliver Fröhlich Perry Rhodan-Erstauflage

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wusste Overgaard nicht mehr. Falls er es je gewusst hatte. Vielleicht ließ sich der Kommandant von einem Wildfremden nicht gerne Befehle erteilen. Vielleicht hatte er gefürchtet, die Gharsen könnten das Trojanische Imperium finden und ihm schaden, wenn sie auf die ROMEO CHO aufmerksam wurden. Aus welchem Grund auch immer, LeCount hatte den Start angeordnet. Und die Gharsen damit erst recht auf das Schiff aufmerksam gemacht.

      Kurz nach der Flucht, da ...

      An dieser Stelle setzte der Nebel ein. Overgaard erinnerte sich nur noch an Schreie der Besatzung, Schmerzen, Verwirrung, Schmerzen, Chaos und Schmerzen. Als endlich die Ohnmacht ihre Finger nach ihm ausstreckte, ergab er sich dankbar in ihren Griff.

      Aufgewacht war er ohne Schmerzen, doch leider auch ohne Orientierung und Bewegungsfreiheit.

      Vier oder fünf Panikanfälle und genauso viele medikamentös induzierte Ruhephasen später wusste er nicht wesentlich mehr. Er starrte in einen weiten Raum oder eine Halle von unbestimmter Höhe. Die Decke lag oberhalb des Sichtbereichs, den er nur mit Augenbewegungen absuchen konnte. Gelegentlich schwebten Gegenstände verschiedenster Art an ihm vorbei: Hiebwaffen mit langen Dornen und knorrigen Griffen, reich verzierte Schalen, ein grün glänzender Raumanzug von fremdartiger Fertigung, aber auch nicht identifizierbare Dinge aus Metall, Holz, Stein und sonstigen Materialien, bei denen es sich genauso gut um Werkzeuge wie um Waffen oder Artefakte handeln konnte.

      Ein Museum!, wurde ihm zum ersten Mal klar. Du bist ein Ausstellungsstück in einer bizarren Art von Museum!

      In einigen Metern Entfernung stand die Skulptur eines humanoiden Wesens auf einem Sockel, die ihm zuvor nicht aufgefallen war, vermutlich weil er bisher vorwiegend mit seinen inneren Befindlichkeiten beschäftigt gewesen war und nicht über den Sagen vorlesenden Liputensier hinausgeblickt hatte. Die Statue war außerordentlich lebensecht geformt, von den Falten der Kleidung über die Struktur der Haut an den Händen bis hin zum Gesicht, das die Züge von ...

      Die Wahrheit sickerte nur langsam in sein Bewusstsein ein.

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      Illustration: Swen Papenbrock

      Die Skulptur trug nicht bloß die Züge von Shara Verner, einem Besatzungsmitglied der ROMEO CHO. Die Skulptur war Shara Verner, wie er gefangen in einer beinahe hautengen Hülle.

      Sie sah zu ihm herüber, blickte ihm direkt in die Augen, lächelte ein wenig. Doch das Lächeln wirkte traurig, verzweifelt und voller Schmerz. Ihre Lippen bewegten sich, als spräche sie, aber Overgaard hörte ihre Worte nicht.

      In diesem Augenblick trat jemand zwischen ihn und Shara, gut drei Meter groß mit für menschliche Begriffe überdimensioniert langen Beinen. In einer der sechsfingrigen Hände lag eine Apparatur, ein Kästchen, womöglich eine Steuerung. Ein Finger huschte darüber, und der Neuankömmling glitt in die Tiefe.

      Eine perspektivische Täuschung, begriff Thies Overgaard. Nicht der Neuankömmling sank herab, sondern er selbst stieg in die Höhe, bis er in das Gesicht des Wesens sehen konnte. Aus einem spitz nach hinten verlaufenden ovalen Kopf mit silbrig-blauem Fell starrten ihm zwei große, blaue Augen entgegen. Der Mund war nach vorne gestülpt und wies leichte Trichterform auf.

      Ein Gharse. Aber nicht irgendeiner, sondern der, der ihn ...

      Der Nebel in Overgaards Gedächtnis riss ein wenig auf. Er erinnerte sich, dass er zwischen dem Angriff auf die ROMEO CHO und dem ersten Erwachen in diesem Museum nicht ununterbrochen ohnmächtig gewesen war. Gelegentlich war er in einen Zustand schläfriger Benommenheit gewechselt, weiterhin gelähmt, aber mit schmerzenden Gliedern wie bei einem fürchterlichen Muskelkater.

      Bilder und Töne trudelten durch seinen Geist, fanden sich zusammen, formten sich zu einer Erinnerung: ein Gharse, der sich über ihn beugte, eine Hand nach ihm ausstreckte, ihm mit dem Finger über die Stirn strich, wie er fünf oder sechs Stunden – oder einen Tag? – später über die kästchenförmige Steuerung streichen würde, ihm in die Wange kniff und sagte: »Ich beanspruche dieses hier.«

      Vor Overgaard stand der Gharse, der ihn gefangen genommen hatte. Oder gejagt? Erbeutet?

      Er fühlte Hitze in sich aufkochen. Für einen Augenblick glaubte er, dass die Gefängnishaut unter seinem Atem und der Wut, die aus den Poren seines Körpers sickerte, beschlug und ihm die Sicht raubte, doch dann bemerkte er, dass es Tränen waren, die ihm den Blick verschleierten.

      Wie gerne hätte er dieser Kreatur seinen Hass entgegengeschleudert, sie beleidigt und beschimpft, einfach nur um Dampf abzulassen und dieses fürchterliche Gefühl loszuwerden, innerhalb der Kunsthaut vor Verzweiflung zu platzen.

      »Wo bin ich?«, fragte er stattdessen. Overgaard hatte einen langen, schmerzhaften Weg seit Troja-Stigma beschreiten müssen, aber wenn er auf diesem Weg eines gelernt hatte, dann, dass es nur selten half, seine Emotionen explosionsartig zu entladen. Egal, wie befreiend es sich anfühlen mochte. »Warum tut ihr uns das an?«

      Die Worte kamen nuschelig aus seinem Mund. Wie es sich eben anhörte, wenn man mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt war und beim Sprechen den Unterkiefer nur um einen Millimeter bewegen konnte, ehe er an die Grenze des Kerkers stieß.

      »Erspar dir die Mühe, mit mir reden zu wollen«, sagte der Gharse. »Das Dhosdru lässt keinen Laut von innen nach außen, solange ich es nicht gestatte. Und weshalb sollte ich mich mit den Nichtigkeiten befassen, die du von dir gibst?«

      Overgaard wusste nicht, ob der Gharse seine Sprache sprach, ob er einen Translator benutzte oder ob gar die ihn umgebende Hülle übersetzte. Das Dhosdru, wie sein Kerkermeister es genannt hatte.

      »Was willst du von mir?«, brachte er hervor. Sicher, der Gharse hörte ihn nicht, dennoch konnte er es sich nicht verkneifen.

      »Es dürfte für dich nicht von Bedeutung sein«, fuhr das Wesen jenseits des Dhosdru fort, »aber die Höflichkeit gebietet es, dass ich mich dir vorstelle. Mein Name lautet Mhassrod. Ich bin dein Besitzer.«

      Besitzer? Der Begriff hallte mit der Gewalt eines Glockenschlags durch Overgaards Bewusstsein. Seine Knie wurden weich, und vielleicht wäre er in sich zusammengesackt, hätte ihn die künstliche Haut nicht in seiner Position festgehalten.

      »Ich bin enttäuscht von dir«, sagte Mhassrod. »Selbstverständlich weiß ich, dass Exponate häufig eine gewisse Zeit der Eingewöhnung brauchen, ehe sie eine Zierde für die Galerie darstellen. Du jedoch bist eine Schande! Warum nur habe ich mir ausgerechnet dich ausgesucht?«

      Etwas zerbrach in Overgaard. Wut und Hass auf den Gharsen waren wie weggeblasen, stattdessen fühlte er sich ... schuldig? Plötzlich wünschte er sich nichts dringender, als seinem Besitzer zu gefallen. Dann käme der vielleicht gelegentlich vorbei, betrachtete ihn, spräche zu ihm und, ja, öffnete auf diese Art ein winziges Tor nach draußen.

      Als sich Overgaard dieser Gedanken bewusst wurde, kehrten Hass und Wut zurück, doch diesmal richteten sie sich gegen ihn selbst. Wie konnte er sich nur so erniedrigen?

      »Warum?«, flüsterte er. Die Tränen, die sich während der letzten Minuten in seinen Augen gesammelt hatten, liefen über und perlten ihm an den Wangen hinab. »Warum bin ich eine Schande?«

      »Die Medikamente, die das Dhosdru bisher auf dich verwenden musste«, sagte Mhassrod, als würde er Overgaards Frage beantworten, »haben meine letzten fünf lebenden Exponate zusammen nicht verbraucht. Die halbe Besatzung der KUPFER & GRANIT verspottet mich deswegen. Ich weiß nicht, welche Lebenserwartung Exponate deiner Spezies haben, aber

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