Die Blumen des Bösen. Charles Baudelaire
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Die Irres träufeln in der Tänze wilde Wirren;
Goya, ein Alptraum nie gesehener Gestalten,
Föten sieden mitten in dem Hexensabbat,
Nackte Kinder vor dem Spiegel und die Alten,
Dämonen zu verlocken, ziehn die Strümpfe glatt.
Delacroix, am Blutsee böser Engel Scharen,
Im schattigen Tannenwald von immer frischem Grün,
Wo unter trübem Himmel seltsame Fanfaren,
Wie dumpfe Seufzerklänge Webers, weiterziehn;
All diese Flüche, Lästerungen, Klagen, Lallen,
Diese Ekstasen, Tränen, Schreie, dies Te Deum:
Sind Echos, die durch tausend Labyrinthe hallen,
Für todgeweihte Herzen göttliches Opium!
Ein Wächterruf, der laut ertönt aus tausend Kehlen,
Ein Losungswort, das ringsum tausendfach erschallt,
Leuchtfeuer, angefacht auf tausend Zitadellen,
Ein Hornsignal verirrter Jäger tief im Wald!
Denn wahrlich, Herr, das beste Zeugnis, das wir fanden,
Von unserer Würde, um es dir zu unterbreiten,
Sind diese Schluchzer, die durch alle Zeiten branden
Und sterben an dem Ufer deiner Ewigkeiten!
VII
Die kranke Muse
Du meine arme Muse! Was fehlt dir heute morgen?
In deinem hohlen Blick gehn Nachtgesichte um,
Ich seh, es huschen über dein Gesicht die Sorgen,
Bald das Entsetzen, bald der Wahnsinn, kalt und stumm.
Hat dir der grüne Sukkubus, der rosarote Nöck
Aus seinem Kruge Angst und Liebe eingeschenkt?
Hat dich die Faust des Alps, gewalttätig und keck,
Im sagenhaften Sumpf Minturnaes tief ertränkt?
Ein Hauch von Frische soll um deinen Busen schweben,
Dass stärkende Gedanken immer ihn beleben;
Dein christlich Blut, es fließe hin in steten Wellen,
Wie Laute, die aus alten Sprachen zahllos quellen,
Wo, Vater aller Lieder, Phoebus, noch zu hören,
Und die den großen Pan, der Ernte Herr, beschwören.
VIII
Die käufliche Muse
O Muse meines Herzens, die Paläste liebt,
Ob es, wenn Januar den Nordwind weckt,
Und Schnee die öden Abende bedeckt,
Für deine blauen Füße warmes Feuer gibt?
Belebst die Marmorschultern du verstohlen
Am Strahl, der nachts durch deine Läden fällt?
Mit trockener Kehle und im Sack kein Geld
Willst du dir Gold vom Sternenhimmel holen?
Du musst, um jeden Abend Brot zu haben,
Das Rauchfass schwingen wie die Sängerknaben
Und ohne Glauben das Te Deum singen,
Musst gaukelnd hungrig auf dem Seile schweben,
Mit deinem Lächeln, darin Tränen beben,
Und deinem Reiz das Volk zum Johlen bringen.
IX
Der schlechte Mönch
Die alten Klöster stellten an den Wänden
Die heilige Wahrheit so in Bildern dar,
Dass dort die frommen Herzen Wärme fänden
In all der Strenge, die voll Kälte war.
Damals, als Christi Acker reich bestellt,
Wählt’ manch berühmter Mönch, der heut verschollen,
Als Wirkungsstätte sich das Gräberfeld,
Um so dem Tod in Einfalt Lob zu zollen.
Mir ist die eigene Seele Grab und Klause,
Wo ich, ein schlechter Klosterbruder, hause;
Und nichts verschönt mir die verhassten Wände.
O saumseliger Mönch! Ach wann denn bloß
Mach ich das Bild von meinem trüben Los
Zu meiner Augen Lust, zur Arbeit meiner Hände?
X
Der Feind
Die Jugend lag gewitterschwer im Dunkeln,
Nur hie und da war Sonne mir beschert;
In meinem Garten wenig Früchte funkeln,
Donner und Regen haben ihn verheert.
Nun fühl ich der Gedanken Herbst beginnen,
Muss mit der Hacke und der Schaufel graben,
Um aus den Fluten Neuland zu gewinnen,
Die grabestiefe Löcher ausgewaschen haben.
Wer weiß, ob für die Blumen, die ich träume,
Im Grund, der unterspült wie Meeressäume,
Zur Stärkung die verborgene Nahrung ist?
– O Jammer! Jammer! Zeit verschlingt das Leben,
Der finstere Feind, der uns das Herz zerfrisst,
Wächst und gedeiht vom Blut, das wir ihm geben!
XI