Führen ohne Psychotricks. Frank Hagenow

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Führen ohne Psychotricks - Frank Hagenow Dein Business

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es dann doch einmal zu einem solch seltenen Ereignis gekommen ist. Ein Flugzeugabsturz erhält in der medialen Berichterstattung eine übermäßige Präsenz und Bedeutung, während die vielen unauffälligen, planmäßigen und sicheren Flüge vorher keine einzige Meldung wert sind. Da, wo nichts passiert, gibt es halt auch nichts zu berichten.

      In einem ähnlichen Zusammenhang können Sie die psychologischen Tricks und Manipulationen in unserem Alltag sehen, denn sie begegnen uns an allen Ecken und Enden. Genau genommen arbeitet jeder Supermarkt mit Psychotricks, um mehr Umsatz zu machen. Das Ziel ist, Sie als Kunden möglichst lange im Laden zu halten, in eine angenehme Gefühlslage zu versetzen und Ihnen dann auch noch ein besonderes Kauferlebnis zu verschaffen.

      Es wird viel dafür getan, damit Sie sich wohlfühlen und bereit sind, Ihr Geld auszugeben. Der übergroße Einkaufswagen suggeriert Ihnen: »Hier ist noch fast gar nichts drin. Bist du sicher, dass du schon alles hast?« Großpackungen sind günstiger als kleinere Mengen und laden Sie zum Vorratskauf ein. Beschwingte Musik schafft positive Emotionen. Selbst die Bodenfliesen sind in einigen Märkten so ausgewählt, dass sie aufgrund ihrer Beschaffenheit den Eindruck eines nassen Bodens vermitteln. Warum das? Ganz einfach. Die Hoffnung ist, dass Sie sich über einen vermeintlich nassen Boden vorsichtiger bewegen, weil Sie die Sorge haben, auszurutschen. Sie gehen also langsamer und halten sich dadurch länger im Supermarkt auf. Das bedeutet mehr Zeit, die zum Einkaufen und zum Geldausgeben zur Verfügung steht. Jetzt sagen Sie vermutlich: »Auf diese Bauernfängertricks falle ich doch nicht herein. Ich habe eine Einkaufsliste und kaufe auch nicht spontan ein, wenn ich Hunger habe.« Darum: Prüfen Sie doch einmal nach Ihrem nächsten Einkauf kritisch, ob Sie wirklich ausschließlich die Dinge gekauft haben, die Sie vorher auch einkaufen wollten.

      Vielleicht haben Sie ja schon gelegentlich das eine oder andere Schnäppchen mitgenommen, von dem Sie vorher noch gar nicht gewusst haben, dass Sie es überhaupt brauchen könnten. Oder vielleicht haben Sie nur in einer größeren Menge als ursprünglich beabsichtigt eingekauft, weil die viel günstigere Vorratspackung oder der reduzierte Preis bei Sonderangeboten (»Nimm drei, bezahle zwei«) Sie doch noch überzeugt hat.

      Viele solcher Schummeleien sind inzwischen weit verbreitet und zu einer gesellschaftlichen Normalität geworden. Hinter vielen Anfragen und Angeboten vermuten, ja erwarten wir schon gar nichts anderes als eine Mogelpackung. So wie bei den allseits beliebten, aber oftmals illegalen Werbeanrufen von Marketingfirmen. Da lassen uns doch die honigsüße Säuselstimme und der aufgekratzte Überschwang der Anruferin allein schon in die innere Habachtstellung gehen. Sofort liegen wir auf der Lauer und warten auf den großen Moment, in dem sie die Katze aus dem Sack lässt und uns endlich verrät, was sie uns denn nun eigentlich wirklich verkaufen will.

      Oder denken Sie einmal an die vielen Versprechen, die Politiker vor einer Wahl abgeben. Kaum jemand von uns glaubt doch wirklich, dass diese vollmundigen Verheißungen später tatsächlich 1:1 in der Realität umgesetzt werden können oder umgesetzt werden sollen. Und jeder kennt das Ritual, wenn dann am Wahlabend das Ergebnis vorliegt und sich die Spitzenpolitiker der beteiligten Parteien nach den ersten Hochrechnungen im Fernsehstudio zusammenfinden, um das voraussichtliche Wahlergebnis zu interpretieren. Da gibt es eigentlich immer nur Gewinner. Und selbst der Kandidat mit den höchsten Verlusten holt aus dem letzten Winkel seines Argumentationsarchivs immer noch irgendeinen fadenscheinigen Vergleich hervor, mit dem er der peinlichen Schlappe etwas Positives abgewinnen kann.

      Und da liegt der Trick: Sie müssen nur ein noch schlechteres Ergebnis finden, das Sie dann für den Vergleich bemühen. Voilà! So ähnlich verhält es sich auch in anderen Bereichen, etwa wenn sich das im Makler-Exposé hochtrabend angepriesene »charmante Single-Appartement für unkonventionellen Start-up« als Wohnklo mit Kochgelegenheit oder als Besenkammer mit Hofblick entpuppt.

      »Das tun doch alle!« ist dabei ein gern angeführtes Argument für die zahlreichen Beispiele unethischen Handelns in Wirtschaft, Sport und Politik. Manchmal rechtfertigen wir damit auch unser eigenes Handeln vor uns selbst oder anderen, weil es für uns offenbar nicht so moralisch und ethisch verwerflich ist, wenn wir etwas tun, was andere ebenfalls praktizieren.

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       Diese Macht der Gewohnheit sorgt allerdings dann auch dafür, dass die kleineren und größeren Betrügereien in unserem Alltagsleben und unseren Werthaltungen eine bedauerliche Salonfähigkeit bekommen.

       2.Alle Mann an Deck: Der Wunsch nach schnellen Lösungen ohne Widerstand

       Darum geht es jetzt!

      In welchen Zusammenhängen Psychotricks in Unternehmen zum Einsatz kommen und welche geheimen Hoffnungen wir damit verbinden. Was Sie als Chef beim Umgang mit Konflikten bedenken sollten.

       Die Bedürfnisse hinter dem (versteckten) Wunsch nach psychologischen Tricks

      Oft erreichen mich Anfragen von Menschen in Unternehmen, die sich Unterstützung für schwierige Situationen wünschen. Dabei geht es häufig um Konflikte, die Führungskräfte mit sich selbst oder anderen Personen haben. Es geht in diesen Anfragen jedoch kaum um Sachfragen oder die Organisation von Vertriebswegen, sondern meistens um menschliche und zwischenmenschliche Themen. Kein Wunder, denn schließlich bin ich ja Psychologe. Bei der Feuerwehr ruft man ja auch nur an, wenn’s brennt, und nicht, wenn der Kopierer defekt ist. Bei diesen Anfragen werde ich dann manchmal ganz offen – und manchmal auch ein bisschen hinten herum durch die Blume – nach psychologischen Tricks gefragt (»Können Sie uns mit Ihrem Hintergrundwissen und Ihrer Erfahrung vielleicht ein paar ›hilfreiche Werkzeuge‹ an die Hand geben, mit denen wir das Problem schnell wieder in den Griff bekommen?«). So, als gäbe es ein geheimes, psychologisches Wundermittel, das man sich nur verschaffen und anwenden müsste, um die aktuellen Konflikte fortzuzaubern. Ich kann diesen Wunsch sehr gut nachvollziehen. Da gibt es ein Problem, das einen zur Verzweiflung treibt, das man mit den eigenen Bordmitteln nicht so richtig in den Griff bekommt und das jetzt einfach mal verschwinden soll.

      Am Ende kommt dann allerdings meistens etwas ganz anderes zustande als das, was sich der Anfragende ursprünglich vorgestellt hat. Aus der Anfrage nach einem Kommunikationstraining wird dann vielleicht eine Konfliktklärung mit der gesamten Abteilung oder ein Einzelcoaching für die Führungskraft. Was es tatsächlich braucht, um das Problem zu lösen, stellt sich nämlich erst im Prozess des gemeinsamen genaueren Hinsehens heraus.

      Was mögen die Bedürfnisse und geheimen Hoffnungen sein, die sich mit dem (versteckten) Wunsch nach Psychotricks verbinden? Und warum wird überhaupt nach Psychotricks gesucht? Die erste Antwort auf diese Frage ist verhältnismäßig banal: weil Psychotricks oftmals funktionieren. Zumindest einmal oder kurzfristig. Damit ist in vielen Situationen das Ziel schon erreicht, denn es geht vielfach nur darum, einen schnellen Erfolg einzufahren. Den nächsten Monatsabschluss positiv hinzubekommen. Die aktuelle Jahresbilanz erfolgreich zu präsentieren. Den Vorstand schnell mal zufriedenzustellen. Den anstrengenden Mitarbeiter erst einmal ruhig zu stellen. Die nächste Wahl zu gewinnen. Den besseren Job zu bekommen. Das drohende Fiasko erst einmal abzuwenden. Und vieles andere mehr. Und somit wäre mit einem psychologischen Trick schon einmal viel gewonnen; später können wir dann ja immer noch weitersehen. Hauptsache, die Kuh ist erst einmal vom Eis.

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       Die Grundmotivation für den Einsatz von Psychotricks kann allerdings sehr unterschiedlich sein.

      Da gibt es Chefs, die ihre manipulativen Winkelzüge ganz bewusst einsetzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen.

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