Reisen unter Osmanen und Griechen. David Urquhart

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Reisen unter Osmanen und Griechen - David Urquhart Edition Erdmann

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der Landenge und des durch dieselbe begonnenen Kanals zu sagen habe, soll in einem besonderen Anhang der Benutzung des wissbegierigen Geologen und Antiquars vorgelegt werden, wie nicht minder Bemerkungen über das intermittierende Fieber, welches die Küstenbewohner des Meerbusens plagt.

      Von Korinth wendeten wir unseren Weg nach Patras, längs der schönen Küste der Bucht von Korinth. Der Weg läuft fast immer dicht am Ufer mit der seegleichen Bucht zur Rechten. Ein schmaler, korinthenbüschetragender Küstenstrich vom allerergiebigsten Land auf Erden liegt zwischen dem Ufer und niedrigen Hügeln von fleischfarbenem Ton, die sich in langen, parallelen Zügen hinziehen und mit dunkelgrünem Gesträuch bewachsen sind.

      Dahinter erheben sich Berge, größtenteils Felsen, mit rechtwinkligen Umrissen, senkrechten Seiten und gleichlaufenden Gipfeln, mit Fichten gesäumt; ihre dunklen Farben und mächtigen Gestalten erscheinen noch um so düsterer und ernster bei den lebhaften Farben und den phantastischen Wellenlinien des Vordergrundes. Zuerst bemerkte ich diese Berggruppen vom Mittelpunkt des Golfs aus im dunklen Morgennebel. Sie sahen aus wie höchst fleißig und künstlich gearbeitete Riesenfestungen; die Hand der Natur hatte sie gebildet, um die Kinder ihres Bodens zu beschirmen. Noch ein Jahr vorher lagen die Gebeine feindlicher Tataren auf dem Rasen und bleichten am Gestade von Akrata; jetzt konnte ich keine Spur mehr davon entdecken.

      Der Golf wird an seinem schmalen Eingang durch die Festungen gedeckt, die man die kleinen Dardanellen nennt. Seit der Erfindung des Schießpulvers ist er für die militärische Behauptung Griechenlands von großer Bedeutung gewesen und wird es immer bleiben. Seine Wichtigkeit war den Osmanen selbst im Frieden nicht weniger fühlbar als sie es für andere Nationen im Krieg gewesen wäre, wenn man Rücksicht nimmt auf die diplomatische Beschaffenheit der Bande, welche ihre Herrschaft zusammenhalten und auf die abgesonderte und oft feindliche Bewegung, welche dieses Reich durch sein eigentümliches Gleichgewicht ohne Zersplitterung aushalten kann. Örtlich starke oder schwache Punkte, Gebirgspässe, Sümpfe geben oft den Maßstab ab für Bedingungen, die eine Partei vorschreiben kann, oder bestimmen die Privilegien, auf welche eine Gemeinde Anspruch erheben darf. Solche Umstände werden also täglich in Betracht gezogen, und in Dorf-Zusammenkünften werden oft allen ernstes Staatsgründe und strategische Kombinationen erwogen und beraten, die in Europa nur in ein Staatskabinett oder vor einen Generalstab gehört würden. Die Türkei hat in ihren europäischen Provinzen lange Zeit die Herren der Gebirge, die Arnauten (Albanesen) benutzt, bedroht und bestraft. Der Golf von Lepanto versperrt ihnen den Weg zu den fruchtbaren Tälern Griechenlands; dreimal sind sie hingezogen, um den Aufstand zu unterdrücken, und jedesmal haben sie sich der wildesten Ausschweifungen schuldig gemacht; ihr einziger Zaum war die Gewissheit, ein Rückzug sei ohne Einwilligung der Pforte untunlich, da die Türken die Schlösser besetzt hielten und eine griechische Miliz die Landenge von Korinth.5 Deshalb ist jedes Kind vertraut mit der politischen Wichtigkeit, den Golf besetzt zu halten.

      Man braucht nur einen Blick auf die Karte von Griechenland zu werfen, um den Wert dieses Seearmes zu würdigen. Die Gegend im Norden von Lepanto bis an die Grenze von Attika ist so durchschnitten von Bergen und eingezähnt von Meerbuchten, dass sie für einen Reisenden schwer zugänglich und für ein Heer ganz unzugänglich ist. Wer die Schlösser der kleinen Dardanellen im Besitz hat, beherrscht alle Verbindung zu Land und zur See zwischen dem westlichen Griechenland, Arta, Albanien und der Morea.6

      Es war also kein Wunder, dass die Osmanen diesen Grenzpass als die Fassung ansehen, womit sie den kostbarsten Edelstein des europäischen Turbans festhielten.7 Die drohenden Batterien der Doppelschlösser verschlossen den Ungläubigen den Zugang. Ein langes Jahrhundert hindurch hatten ihre Zinnen nicht im Grimm gelodert8, hatten die Gewässer des Golfs nie einen fremden Kiel getragen, hatte sich in seiner ruhigen Flut kein anderes Wimpel gespiegelt als die blutrote Türkenflagge.

      Während der ersten sechs Jahre des Befreiungskrieges unterhielt die Überlegenheit der Griechen zur See die Verbindung zwischen dem griechischen Festland und der moreotischen Halbinsel. Während dieser langen Zeit blieb der Golf im Besitz der Türken. Dadurch wurden die Teile eines und desselben Landes, die gegenseitiger Unterstützung bedurften, von einander getrennt, und eine Folge davon war, dass der westliche Teil des griechischen Festlandes, wenn auch nicht völlig unterjocht, doch der Macht zu einem weiteren Widerstand beraubt wurde.

      Im Herbst 1827, als die letzten Sandkörner in Hellas’ Stundenglase dem Verrinnen nahe schienen, erfüllte die Nachricht vom Juli-Traktat9 alle mit frischen Hoffnungen und rief die Söhne Griechenlands zu erneuter Kraftanstrengung. Die Kunde verbreitete sich im Norden und erweckte Akarnanien aus seinem Todesschlaf; die Armatolis von Baltos und Xeromeros forderten die Rückkehr ihrer in Morea dienenden Brüder und riefen die Peloponnesier zum Beistand, um die Albanesen wieder zu verjagen und die frühere, notwendige Grenze des Markronoros10 wieder zu gewinnen.

      Doch der Versuch schien hoffnungslos. Alle Verbindungslinien mit dem griechischen Festland waren in Händen der Feinde. Albanesen hielten Markronoros und die Distrikte und Festungen in Akarnanien, Türken hatten Lepanto und die Schlösser am Golf besetzt, Ägypter hatten Patras inne und Türken beherrschten das Ionische Meer und Messolonghi11 war in ihrer Gewalt. Die Griechen waren in einiger Stärke in Argolis und im Osten des Peloponnes versammelt, aber, hätten auch die Türken sich ihnen nicht widersetzen können, sobald sie einmal im westlichen Griechenland angelangt wären, wie sollten sie dahin kommen? Hätten sie auch durch die Hochgebirge auf dem Festlande dringen können, so würden die Türken sie bei Rachova und bei Thermopylä festgehalten haben. Hätten sie versucht durch Morea zu gehen, so wären sie auf die Ägypter gestossen; die vereinigten muselmanischen Flotten, die an den Küsten bei Navarino, Patras und Messolonghi ankerten, machten der Idee eines Transportes zur See ein Ende, und zwischen den Hörnern dieses unauflöslichen Dilemmas flutete die Bucht von Lepanto im Besitz eines türkischen Geschwaders. Was nützte aber der Juli-Traktat, wenn nicht das Festland von Griechenland wieder erobert wurde?

      Aus den Dispositionen der beiden englischen Befehlshaber der griechischen Land- und Seemacht wurde bald klar, dass es auf ein Unternehmen abgesehen war, bei dem alle Hilfsmittel beider Truppenteile zusammenwirken sollten, und obgleich alle die dringende Notwendigkeit fühlten, das griechische Festland in Aufstand zu bringen, so fühlten sie doch auch nicht weniger empfindlich die Schwierigkeit oder gar die Unmöglichkeit, Truppen aus Argos nach Akarnanien zu schicken. Die griechische Flotte konnte wohl von einem Platz zum anderen kommen, aber weder dem Heer Zufuhr bringen, noch von demselben unterstützt werden. Dennoch war es klar, dass eine Landung im westlichen Griechenland beabsichtigt wurde.

      General Church12 hatte Korinth als Sammelplatz bezeichnet, aber diese unerklärbare Versammlung erregte wenig Hoffnung, und die Kapitäne der Palikaren bezeigten keinen großen Eifer, sich zur Fahne zu scharen. Die, welche dem General folgten, waren daran gewöhnt, das Recht freier Beratung und freien Willens unbeschränkt zu üben; sie hatten also kein Herz für eine Unternehmung, in der ihnen weder das eine, noch das andere frei stand, und fragten, ob der Oberbefehlshaber etwa beabsichtige, sie in Walnussschalen nach Akarnanien zu bringen. Endlich war indes eine beträchtliche Truppenmacht beisammen, die am 22. September 1827 auf dem großen Amphitheater zerstreut war, welches vom Gipfel der Akropolis in Korinth bis an die Meeresküste den Golf beherrschte - als man ein vollbesegeltes Schiff gerade vor dem Wind bemerkte, das auf die Landenge lossegelte. Türkische Kriegsschiffe näherten sich niemals der Küste, und welches andere Schiff konnte sich durch die Meerenge gewagt haben? Tausend Hoffnungen und Besorgnisse entstanden und verbreiteten sich in den ängstlichen Haufen; die wenigen Ferngläser, deren man im Lager und auf der Zitadelle habhaft werden konnte, wurden umsonst in Anspruch genommen; die schwellenden Topsegel zeigten keine Flagge. Nun aber wendete sich das Schiff nach Lutráki, einem Hafen in der nördlichsten Ecke des Isthmus, die große Flagge wurde aufgezogen und da entfaltete sich das Silberkreuz im himmelblauen Felde. Ein Jubelschrei des Willkommens erscholl von der harrenden Menge und jubelnd verkündete der Donner aller Geschütze von der Zitadelle, dass nach zweitausendjähriger Knechtschaft Griechenlands Sinnbild wieder erschienen sei in den Gewässern von Lepanto.

      Man

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